Auf den Spuren ehemaliger Dresdner Straßenbahnstrecken

  • Der 26er Ring (Teil VIII)

    ^Genau das meinte ich. Man hätte doch durchaus die Erdgeschosszone als Geschäftsbereich ausbauen und den Platz entsprechend gestalten können. Dieses widerliche SP1 braucht der Fuchs...




    Achtes Kapitel: Von der Sachsenallee zum Staudengarten



    Geschichtliche Vorbetrachtungen


    Chapitre numéro huit eröffnet mit einer Auswahl an Fahrplänen der Linie 26 aus der jüngeren Geschichte.
    In froher Erwartung der Inbetriebnahme der Zschertnitzer Strecke war schon im 1975er Fahrplanheft ein Plan für die Linie 26 abgedruckt, der aber nie in Kraft trat. Der folgende von 1976 war somit der erste reguläre der neugeborenen Fast-Ringlinie.




    Fahrplan der zum Fetscherplatz verlegten 26 von 1989.




    Fahrpläne der Ringlinie von 1992, Außen- und Innenring.





    Der letzte Fahrplan der Linie 26 von 1999 zeigt sie in der seit 1995 bestehenden Kombination mit der Linie 6. Diese erforderte den ausschließlichen Einsatz modernisierter Tatra-Züge, da logischerweise in fliegender Fahrt eine manuelle Umschilderung nicht möglich war. In der Praxis zeigten die Züge in Richtung Bahnhof Neustadt ab Anton-/Leipziger Straße die 6, in der Gegenrichtung wurde zwischen Albertplatz und Bahnhof Neustadt „umgeschildert“. Mit den elektronischen Anzeigen war dies natürlich kein Problem. Für die Inneninformation standen hier neben den Haltestellendurchsagen auch an den Seitenanzeigen innen angebrachte sogenannte „Schwuppen“ zur Verfügung, lange, aus dünnem Plastik gefertigte Linienverlaufspläne, auf denen bequem sowohl die „6“ als auch die „26“ Platz fanden.



    Einen regulären Einsatz von Niederflurwagen hat es auf der 6/26 nie gegeben, denn zu keiner Zeit waren alle zu befahrenden Streckenabschnitte entsprechend ausgebaut. Nur in Ausnahmefällen, wie bei Umleitungen oder der bereits angesprochenen Verkürzung nach Friedrichstadt während des Marienbrücke-Baus, konnte es ausnahmsweise zu einem Niederflureinsatz kommen.


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    Aber zurück zur Route und damit zur Sachsenallee.




    Heute zeigt sie sich als durchgrünte Parkanlage. Dieser freie Blick auf das Gerichtsgebäude an der Lothringer Straße wäre früher nicht möglich gewesen.




    Besonders prachtvolle Gründerzeitler säumten die repräsentative Allee und trennten sie östlich von der Elsässer Straße, westlich der Lothringer Straße. Alle Straßenzüge sind noch original vorhanden, nur eben ohne die Inselbebauung und daher kaum noch als solche wahrnehmbar.







    Nahtlos geht heute die Sachsenallee in den Sachsenplatz über, der den Altstädter Brückenkopf der Albertbrücke bildet. Nur das Straßenschild gibt Aufschluss.




    Kopfbau des Sachsenplatzes zwischen Elsässer Straße links und Sachsenallee rechts.




    Sachsenplatz, Blick von der Ecke Lothringer Straße nach Osten mit der hochrepräsentativen Bebauungskante, die einst von der Brücke kommend den Eintritt in das enge städtebauliche Gefüge an der Nahtstelle von Johannstadt und Pirnaischer Vorstadt ankündigte. Links angeschnitten die Jägerkaserne.




    Die Jägerkaserne nahm die gesamte Ostfront des Sachsenplatzes ein, der Komplex erstreckte sich zwischen Johannstädter Ufer (Käthe-Kollwitz-Ufer) und Feldherrenstraße (Florian-Geyer-Straße). Zukünftig ist hier wieder eine Bebauung vorgesehen.




    Zurück ins Hier und Heute. Das Palaverhaus (Karl-Georg Pfähler) ziert seit 1997 die Grünanlage vor der Jägerkaserne. Der Anstrich bedürfte einer Erneuerung.




    Der Standort des Palaverhauses im historischen Kontext, mit der Jägerkaserne zur Linken und dem schon gezeigten Kopfbau zwischen Elsässer Straße und Sachsenallee.




    Wir verlassen die Altstädter Elbseite und wechseln wieder die Elbseite. Blick von der Albertbrücke auf die historische Ufermauer am Käthe-Kollwitz-Ufer. Bis Anfang der 1990er Jahre befand sich hier, auf dem heutigen Trödelmarktgelände, übrigens ein Busabstellplatz der Dresdner Verkehrsbetriebe, der „Kojo“, KOM-Hof Johannstadt. Bei Hochwasser mussten die wertvollen Ikarus-Busse jedesmal in einer großangelegten Rettungsaktion evakuiert werden…




    Historisches Vergleichsmotiv mit der Jägerkaserne im Hintergrund.




    Blick hinüber zum „Atrium am Rosengarten“, das seit Mitte der 1990er Jahre wenigstens für das Neustädter Elbufer wieder einen repräsentativen Brückenkopf bildet.




    Gegenrichtung. Es bedarf unbedingt einer städtebaulichen Herausarbeitung des Sachsenplatzes, wie die Vergleichsansicht verdeutlicht. Alle historischen Straßenstrukturen sind hier noch intakt, nur bar der originalen Bebauung.





    Die Altstadtsilhouette diesmal von Osten.




    Unterhalb der Albertbrücke sonnen sich die beiden kleinen Glattdeckdampfer der hiesigen Elbflottille, die „Krippen“ und die „Diesbar“.




    Blick auf die Loschwitzer Elbhänge mit Erst- und Zweitgeländer im Vordergrund.




    Wir dokumentieren den heutigen Straßenbahnverkehr auf der Brücke in Form je einer 6 und einer 13. Die Albertbrücke war übrigens neben dem Blauen Wunder die einzige Elbquerung, die von beiden Privatbahngesellschaften gemeinschaftlich genutzt wurde. Die Augustusbrücke war naturgemäß dem „gelben“ Platzhirsch vorbehalten, Carola- und Marienbrücke waren in ausschließlichem Beschlag der „Roten“.





    Die vorbildlich restaurierte Treppenanlage am Neustädter Staudengarten nehmen wir etwas näher in Beschau.




    Man darf sich schon fragen, warum man hier den durchaus begrüßenswerten Aufwand betreibt und die historischen Kandelaber rekonstruiert, die ehrwürdige Brücke selbst aber mit hässlichem Nullachtfuffzehn-Material bestückt.




    Laternisierter Blick zum Elbufer der Pirnaischen Vorstadt. man kann nur hoffen, dass hier eines Tages wieder eine Randbebauung erfolgt, die dem Flussverlauf optischen Halt und Struktur verleiht.




    Besagtes Lampenmaterial auf der Brücke. Gemessen daran ist das Zweitgeländer ein Kinkerlitzchen.




    Und wieder einmal ein themenfremder Ausflug in die Stadtgeschichte, genauer die unmittelbare Nachkriegszeit. Zur Beseitigung der immensen Trümmermassen wurde ein dichtes Netz an Trümmerbahnen aufgebaut, mit denen der Schutt zu den teilweise weit vor der Stadt gelegenen Kippen gefahren wurde. Auch die Elbwiesen wurden mit Trümmerschutt aufgefüllt, so dass deren Niveau heute in Teilen deutlich über dem historischen liegt. Auf Neustädter Seite führte eine Hauptroute aus der Inneren Neustadt die Elbwiesen entlang bis zum Linckeschen Bad in Höhe des Diakonissenweges, von dort weiter zum Jägerpark, wo man den Schutt zum Verfüllen von Bodensenken und Schießständen der Wehrmacht nutzte.


    Noch immer sind im alten Asphalt unterhalb der Albertbrücke deutlich die Schwellenabdrücke der Auflegegleise erkennbar. Bis zur Sanierung des Uferweges vor einigen Jahren konnte man diese noch fast bis zur Augustusbrücke verfolgen. Geschichtsspuren im Sinne des Wortes…





    Ein letzter Blick auf die Albertbrücke.




    Neu errichtete Brücke am Staudengarten. Die Gestaltung des Elbufers stammt von den Umbauten anlässlich der Reichsgartenschau 1936.




    Rampe zum Rosa-Luxemburg-Platz. Wir machen noch einmal Rast, bevor wir das letzte Stück der Strecke angehen.


  • Der 26er Ring (Teil IX und Schluss)

    Neuntes Kapitel: Vom Rosa-Luxemburg-Platz zurück zum Albertplatz



    Geschichtliche Vorbetrachtungen


    Den linienhistorischen Teil beende ich mit zwei weiteren Schildern der 26. Im letzten Beitrag habe ich die „Schwuppen“ angesprochen, die in den modernisierten Tatra-Straßenbahnen, aber auch in den ersten Niederflurbussen bis zur Einführung elektronischer Anzeigesysteme Verwendung fanden. Diese sind nicht mein prioritäres Sammelgebiet, aber ich habe trotzdem das einschlägige Exemplar der Ring-26 von 1992 anzubieten. Die Gestaltung erinnert sehr an die Fensterschilder, später wurde nur eine Liniennummer vorn aufgedruckt, gefolgt von einer Perlenschnur mit schräg liegenden Haltestellen, wie es in vielen Städten üblich ist.




    1991 wurde die Hoyerswerdaer Straße grundsaniert. Damit war der Straßenbahnverkehr zwischen Neustadt und Johannstadt für lange Zeit unterbrochen, so dass die Linie 6 nicht mehr zum Wilden Mann fahren konnte. Die 26 übernahm dort für jene Zeit deren Aufgaben. Eine gewisse Berühmtheit erlangte die Wilder-Mann-26 unter Verkehrsfreunden: Da wegen des angelaufenen Tatra-Modernisierungsprogramms nicht genügend Fahrzeuge zur Verfügung standen, wurden bis zu zwei Gotha-Züge aus der eisernen Reserve reaktiviert und kamen hier, oft besetzt mit begeisterten Straßenbahnfreunden aus halb Europa, zu sehr außergewöhnlichen Einsatzehren. Bei den meisten Dresdnern selbst stießen die alten Wagen auf völlig ungewohnter Linie auf weniger Begeisterung. Mittlerweile gibt es im Fuhrpark der DVB Tatra-Wagen, die deutlich älter sind als die ET damals…




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    Zurück zum Rosa-Luxemburg-Platz, der schon einige Umbenennungen über sich ergehen lassen musste. Ursprünglich hieß er Kurfürstenplatz, im Mai 1936 wurde er zum Skagerrakplatz und 1945 zum Köbisplatz. 1991 erhielt er schließlich seinen heutigen Namen.




    Kurfürstenplatz nach der Jahrhundertwende. Rechts ist das Brückenzoll-Einnehmerhäuschen erkennbar, dahinter ganz links die Königliche Intendantur in der Wasserstraße (Carusufer). Letztere ist zum Teil noch baulich erhalten.




    Heute dominiert das „Atrium am Rosengarten“ den Neustädter Brückenkopf.




    Bis zur Zerstörung standen hier repräsentative Gründerzeitler. Rechts die heute Hoyerswerdaer Straße genannte Kurfürstenstraße, links die Glacisstraße.




    Wir verlassen den Rosa-Luxemburg-Platz…




    …und setzen unseren Weg durch die Glacisstraße fort, den 1949 eingestellten Teil des Ringes. Von 1965 bis 1990 hieß sie Togliattistraße.




    Glacisstraße von Süden, rechts das „Atrium“.




    Glaspassage im „Atrium“, durch sie ist die Straßenbahnhaltestelle Rosa-Luxemburg-Platz in der Hoyerswerdaer Straße schnell zu erreichen.




    Kurz darauf endet das Totalzerstörungsgebiet und die Glacisstraße zeigt sich weitgehend in ihrem Vorkriegsgewand.




    Eingefrorene städtebauliche Konflikte: Verschämt duckt sich das einst von Gärten umgebene Häuschen aus dem frühen 19. Jahrhundert zwischen den gründerzeitlichen Nachbarn, deren Brandwände sein eigentlich vorgesehenes Schicksal verraten. Aus irgendwelchen Gründen unterblieb der Abriss und die blockrandige Neubebauung des Grundstücks.




    Ecke Tieckstraße. Bis 1949 gab es hier eine Straßenbahnhaltestelle, die wahlweise Tieckstraße, Melanchthonstraße oder Tieck- und Melanchthonstraße hieß.




    Den nördlichen Teil der Glacisstraße prägt geschlossene klassizistische Wohnbebauung.




    Die Tonhalle, heute „Kleines Haus“ des Staatsschauspiels. Sie hat in ihrem über zweihundertjährigen Leben so mancherlei Nutzung erlebt: Gasthof, Konzertetablissement, Tanzpalast, Nachtklub, Kirche, schließlich Theater.




    Ausblicke vom Vorplatz des Kleinen Hauses. Ruhig und beschaulich geht es zu in der Glacisstraße. Es dürfte der wohl friedlichste Abschnitt des 26er Ringes sein.





    Wir nähern uns dem Albertplatz.




    Glacisstraße 36/38 von 1840/42. Derartige klassizistische Wohnbebauung ist charakteristisch für das Gelände der Anfang des 19. Jahrhunderts niedergelegten Neustädter Festungswälle. Wir bewegen uns auf dem Environweg.




    Annäherung an die Bautzner Straße.




    Die „kleine Bautzner“, Abschnitt der ursprünglichen Straßenführung. Später wurde die Straße an die Nordseite des Albertplatzes verlegt und mit repräsentativen Gebäuden bebaut.




    Die 26 passierte nun die Rückfront des Albert-Theaters.





    Barocke Schmuckvase in den Grünanlagen zwischen alter und neuer Bautzner Straße, ursprünglich vom Platz vor dem Bautner Thor stammend.




    Da schließt sich der Kreis… Wir sind wieder an der Ringhaltestelle des Albertplatzes, von wo wir vier Stunden vorher aufgebrochen sind.




    Noch einmal einige Fakten zum Albert-Theater: Es wurde 1871 bis 1873 erbaut und bis 1913 als Königliches Schauspielhaus genutzt. Trotz großer Proteste wurde die gut erhaltene Ruine 1950 abgebrochen. Seitdem gähnt eine empfindliche Lücke an der Ostseite des Albertplatzes, deren Schließung in angemessener Form eine weitere Herausforderung für den Dresdner Städtebau darstellen dürfte. Glücklicherweise gibt es vis-à-vis bereits ein Einkaufszentrum, so dass uns ein AP1 hoffentlich erspart bleiben wird…


    Auf der um 1890 entstandenen Postkarte herrscht noch reger Pferdebahnverkehr am Albertplatz.



    Heute herrscht hier, wie so oft in Dresden, begrünte Leere. Der üppige Bewuchs kann die Abwesenheit von Stadt in der Stadt nur schlecht kaschieren.




    Wir verabschieden uns mit diesem Blick über den Albertplatz mit Artesischem Brunnen, Albert-Theater und Villa Eschebach und beenden die bisher mit Abstand umfangreichste Beitragsreihe in diesem Strang. Für die Zukunft muss ich mir überlegen, ob sich der Aufwand in Anbetracht der geringen Resonanz noch lohnt.


  • ... Für die Zukunft muss ich mir überlegen, ob sich der Aufwand in Anbetracht der geringen Resonanz noch lohnt.


    Das scheint nur so, in Wirklichkeit gibt es viele stille Leser, die jeden neuen Beitrag hier mit Freude "verschlingen".
    Deshalb hiermit einen herzlichen Dank für Deine Mühen!

  • Auch ich gehöre zu den stillen Genießern - vielen vielen Dank, werter Antonstädter. Deine Beiträge sind einsame Spitze!!!

  • Ach, einige unter uns können sicher zu fast jedem Bild irgendwas anmerken, ich habs mir ob der Fülle verkniffen. Wo anfangen, wo aufhören? Ist doch auch ganz schön, wenn es eine kompakte Sache ist, die eine wunderbare Dokumentation darstellt, auf die man hoffentlich noch lange zurückgreifen kann. Hier gucken auch später immer wieder Leute rein.
    Also alle Hochachtung, und Nachsicht gegenüber manch Eigenart der Webkommunikation. :)

  • ^^^^ Auch ich oute mich als stiller Genießer und sage DANKE für die interessanten Rundgänge mit den umwerfenden historischen Bezügen

  • 26er Ring - Ergänzung

    Ich danke zunächst einmal für die positiven Rückmeldungen - ich hatte tatsächlich angenommen, dass ein derartiges "Nischenthema" als Aufhänger in einem Architekturforum vielleicht doch nicht am richtigen Ort ist. Offensichtlich habe ich mich getäuscht.


    Zur Verdeutlichung und besseren Illustration der Situation am 26er Ring Anfang der 1990er Jahre möchte ich noch einige Fotografien ergänzen, die mir der Urheber hierfür dankenswerterweise überlassen hat. Sie entstanden alle um 1992/93, eine genaue Datierung ist jedoch schwierig, da die zugehörigen Aufzeichnungen verloren gegangen sind. Es handelt sich um klassische "Straßenbahnbilder", dennoch ist natürlich auch das Umfeld nicht uninteressant...


    Beginnen wir am Bahnhof Mitte. Neben der 26 befuhr um 1992 auch die Linie 9 (damals Friedrichstadt - Kleinzschachwitz) den Westring. Hier sehen wir den 1973 gebauten und ganz frisch in den neuen Stadtfarben lackierten Triebwagen 222 331 an der heute aufgelassenen Haltestelle "Maxstraße". Hinter dem Bahndamm reckt sich noch das Kühlhaus in die Höh`...




    Der 1970 gebaute 222 037 war der erste Staatsoperetten-Wagen. Als er um 1992 die Ringlinie in Richtung Marienbrücke befuhr stand noch das Eckhaus Schweriner/Könneritzstraße im Hintergrund, und statt des heutigen großen gelbverklinkerten Bürohauses zierten Gewerbeflachbauten die Könneritzstraße. Rechts die aufgelassene Ringhaltestelle Könneritzstraße Richtung Hauptbahnhof. Nur der Bahndamm lässt die Szenerie noch wiedererkennen.




    Der Fahrer hatte wohl vergessen, nach dem Neustädter Bahnhof das Schild "Zuerst über Bf. Neustadt" auf "Johannstadt" zu tauschen! Ein weiterer enormer Verlust für das Stadtbild, neben den Tatra-Wagen auf der Linie 26, sind die nicht lange nach den Aufnahmen abgebrochenen Kohleförderbrücken des Kraftwerks. Das graue Gebäude hinter der Bahn fiel erst kürzlich.




    Das große Haus fast an der Einmündung Ehrlichstraße ist ebenso verschwunden. Mir ist nicht mehr geläufig, ob der Abriss nach 2000 mit der Ehrlichstraßen-Zeile oder bereits eher erfolgte. Die 26 befährt die in den Beiträgen angesprochene Umleitung zum Wilden Mann, erkennbar an der Beschilderung, und hat soeben die Könneritzstraße verlassen, um den seit 1990 bestehenden Bahnkörper längs der Ammonstraße zu befahren. 222 424 war übrigens 1988 der Musterwagen für die neue schwarz-gelbe Lackierung.




    Linie 26 auf dem noch fast neuen Bahnkörper auf der Fahrt zum Wilden Mann, denn die Hoyerswerdaer wird gebaut und der Ring ist somit unterbrochen. Dahinter das Elsa-Fenske-Heim, ex Maternihospital, im DDR-Gammelzustand und vor allem: noch ohne rekonstruiertes Eckgebäude!




    Der angesprochene sensationelle Gothawagen-Einsatz auf der 26 anlässlich der Umleitung zum Wilden Mann, hier kurz hinter der Ringhaltestelle Ammon-/Freiberger Straße. Im Hintergrund ist gerade die Ecke des Elsa-Fenske-Heims im Bau, "Elbflorenz" ist abgerissen, aber das WTC existiert noch nicht.




    Eine weitere 26 noch im klassischen Tatra-Rot auf dem Weg zum Wilden Mann, diesmal vor der gerade sanierten Reichsbahndirektion, die damals auch tatsächlich noch selbige beherbergte.




    In recht desolatem Zustand ist eine 26 auf der Gellertstraße unterwegs. Solowageneinsätze waren zwar für die reguläre Ringlinie normal, doch gab es sie auf der Wilder-Mann-26 normalerweise nicht. Vermutlich ist das Bild an einem Wochenend-Vormittag entstanden. Man beachte den desolaten Zustand von Wagen, Gleisen und Straße, und natürlich die "Giraffen" des alten Dynamo-Stadions, das 1992 bereits wieder nach Rudolf-Harbig benannt war.




    Ich hoffe, die Impressionen waren von Interesse. Es ist schon bemerkenswert, wie sich die Stadt in den letzten 25 Jahren gewandelt hat...

  • Von Löbtau nach Coschütz (Teil I)

    Großes bahnte sich an nach der Jahrhundertwende im Dresdner Süden. Das vormalige Dorf Plauen, das sich ob seiner netten Lage am Eingang des Plauenschen Grundes und der bereits seit 1873 bestehenden Anbindung an die Pferdebahn zu einem beliebten Wohnort stadtflüchtiger Residenzbewohner gemausert hatte, war per 1. Januar 1903 zwangseinverleibt worden, und die abseits des Dorfkerns gelegenen Felder, besonders im auf dem Hang gelegenen Ortsteil Hohenplauen, harrten nur darauf, parzelliert und an weitere bauwütige betuchte Städter auf der Suche nach dem persönlichen Vorstadtidyll vergeben zu werden. Dass hierzu auch eine anständige Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr gehörte verstand sich dabei wohl von selbst.


    So verlängerte man bereits 1909 die Linie 1 durch die Nöthnitzer Straße bis zum Rathaus. Der seit 1896 bestehende Endpunkt der Linie 15 war zudem bereits strategisch günstig auf der Ringstraße (heute Plauenscher Ring) so platziert, dass eine Verlängerung den Hang hinauf auf der geplanten großen Ringallee kein Problem dargestellt hätte.



    Stadtplanausschnitt mit Hohenplauen von 1911. Gut erkennbar die eingezeichneten Planstraßen, von denen tatsächlich nur die Halbkreisstraße entsprechend den ursprünglichen Planungen ausgeführt wurde. Die gestrichelte rote Linie markiert den Verlauf des Westendrings und zeigt, wie stark die ursprünglichen Planungen in den 1920er Jahren zusammengestrichen wurden.



    Doch der Erste Weltkrieg machte all die schönen Konzepte zunichte, und in der anschließenden Nachkriegsnot nebst Hyperinflation war an eine Umsetzung der Stadterweiterungspläne nicht zu denken. Erst Mitte der Zwanziger konnte die Verwirklichung der Projekte in erheblich bescheidenerem Umfang als ursprünglich geplant angegangen werden.


    Beschleunigt wurde die Angelegenheit durch die Eingemeindung des südlich an Plauen grenzenden Coschütz im Jahre 1921, denn auf Hohenplauener Gebiet selbst standen bislang kaum Gebäude. Zunächst gönnte man den Coschützer Neubürgern ab 1925 eine Kraftomnibuslinie, die über die Karlsruher Straße, Bernhardstraße, Kaitzer Straße und den fertiggestellten Abschnitt des Plauenschen Rings die Chemnitzer Straße erreichte und parallel zur Straßenbahn weiter in das Stadtzentrum fuhr. Man mag sich heute kaum ausmalen, mit welch ohrenbetäubendem Gedröhn die schweren Büssing-Hochrahmenbusse die steile Kaitzer Straße erklommen…


    Für die Straßenbahn waren solche Kletteraktionen ausgeschlossen. Erst die Fertigstellung des Westendringes, der aus Kostengründen wesentlich keiner und geradliniger ausgeführt wurde als vorgesehen, bot durch die Serpentinführung an der sogenannten „Westendkurve“ für Straßenbahnen geeignete Steigungsverhältnisse. Am 18. Oktober 1927 konnte die parallel mit der Straße gebaute Verlängerung der Straßenbahnlinie 15 vom Plauenschen Ring nach Coschütz an der Flurgrenze zu Gittersee feierlich eröffnet werden. Die mittlerweile bis Gittersee (eigentlich Freital-Burgk) verlängerte Buslinie B wurde nach Coschütz zurückgezogen und bot hier Anschluss an die Straßenbahn.


    Die Spartrassierung des Westendringes mit einer wahrhaft alpinen Haarnadelkurve sollte sich aber schon recht schnell rächen. Bereits zwei Wochen nach Streckeneröffnung kam es zu einem folgenschweren Unfall an dieser Stelle, die sich als einer der problematischsten Punkte des Dresdner Straßenbahnnetzes überhaupt entpuppen sollte: Wegen überhöhter Geschwindigkeit aufgrund Bremsversagens entgleiste der Beiwagen eines talwärts fahrenden Anhängerzuges der Linie 15 vor der Liepsch-Bank in der Westendkurve und stürzte um. 18 Fahrgäste wurden verletzt, einige darunter schwer. Ein ähnlicher Unfall 32 Jahre später sollte erheblich schwerwiegendere Konsequenzen haben…


    Ansonsten verlief der Betrieb auf der ruhigen Vorortstrecke zunächst ohne größere Probleme. 1931 löste die Linie 6 die 15 ab und blieb hier bis 1945 heimisch. Eine wirkliche Zäsur gab es erst mit den Bombenangriffen des 13. Februar 1945. Durch die völlige Zerstörung der Südvorstadt und der Seevorstadt war der Straßenbahnverkehr über die Chemnitzer Straße und Falkenbrücke unterbrochen. Rasch nahm man einen Notbetrieb mit in Coschütz verbliebenen Fahrzeugen auf, wobei zunächst zwischen dem Plauenschen Ring und Coschütz gependelt wurde. Da eine Wiederinbetriebnahme der Chemnitzer Straße zunächst illusorisch schien, begann man recht bald mit dem Bau einer provisorischen eingleisigen Verbindungsstrecke zur Tharandter Straße über die Reckestraße, wobei in Altplauen die Gleisanlage der ebenfalls mit den Angriffen eingestellten Strecke Nöthnitzer Straße – Planettastraße verwendet wurde. Provisorien währen oft am längsten, und so bestand die aufgrund der Enge der Straße und der erheblichen Steigung nicht unproblematische Notverbindung bis zur Einstellung des Straßenbahnverkehrs auf der Tharandter Straße 1998. Der Verkehr über die Chemnitzer Straße indes wurde nie wieder aufgenommen, und erst seit 1998 existiert hier wenigstens eine Buslinie (heute 62)!



    Genese des Straßenbahnnetzes in Plauen. Erstaunlich, dass trotz der weitgehend intakten städtebaulichen Struktur des Gebietes von der einstigen hiesigen Straßenbahnherrlichkeit nur ein kläglicher Rest geblieben ist. Besonders die Chemnitzer Straße schreit förmlich nach einer Reaktivierung des Schienenverkehrs.


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    Wir folgen der alten Coschützer Strecke in ihrer letzten Form, wie sie von 1946 bis 1998 Bestand hatte. Ausgangspunkt ist der Dreikaiserhof in Löbtau, denn ab hier ist der Straßenbahnverkehr auf der Tharandter Straße seit 1998 eingestellt. Der Abschnitt bis Altplauen war ursprünglich Teil der ab 1898 schrittweise eröffneten Plauenschen Grundbahn, später Linie 22, der „roten“ Gesellschaft.




    Heute ist der Blick in die Kesselsdorfer Straße durch die unsägliche „Löbtauer Brücke“ verbaut. Die Umgebung des „Dreikaiserhofes“, trotz Kriegszerstörungen bis Mitte der 1980er Jahre noch durchaus wiederzuerkennen, bildet heute eine der gruseligsten städtebaulichen Fehlleistungen der letzten Jahrzehnte, die Dresden aufzubieten hat.




    Die Bismarckbrücke über die Weißeritz Ende der 1920er Jahre. Hinter Straßenbahn und Kraftomnibus der Städtischen Straßenbahn erhebt sich das Rathaus Löbtau.




    Heute ist die mittlerweile namenlose Bismarckbrücke durch einen Neubau aus den 1990er Jahren verstellt, der zusätzliche Fahrspuren aufnimmt.




    Das Rathaus wurde 1945 zerstört, die Ruine später beseitigt. Es stand in etwa anstelle der hohen Bäume der Grünanlage.




    Vergleichsbild.




    Hier blicken wir am ebenfalls als Kriegsverlust abgängigen „Dreikaiserhof“ vorbei in die Kesselsdorfer und die Tharandter Straße. Es kreuzten sich Strecken beider Gesellschaften, wie an den unterschiedlich gefärbten Straßenbahnwagen deutlich erkennbar ist. Die Städtische Straßenbahn behielt die farbliche Trennung bis gegen Ende des 1. Weltkrieges übrigens strikt bei.




    Dessen wahrhaft unwürdiger Nachfolger in Form der „Löbtau Passagen“. Was für ein Euphemismus für dieses Stück in Beton gegossener abgrundtiefer Hässlichkeit. Die leeren Fensterhöhlen des Parkdecks wirken wie eine unfreiwillige Reminiszenz an die 1945er Kriegsruinen an gleicher Stelle. Man muss fast hoffen, dass die Qualität der Bauausführung der Ästhetik des Machwerkes in nichts nachsteht und es infolgedessen eine überschaubare Halbwertszeit haben wird…




    Davor liegt seit nunmehr 19 Jahren ohne Funktion noch immer die Gleiskreuzung der Strecke in der Tharandter Straße mit der aus der Freiberger Straße kommenden Wölfnitzer Strecke.




    Blick in die von Nachwende-Neubauten geprägte untere Kesselsdorfer Straße.




    Ungleich mehr Flair bot die Kesseldorfer Straße in der Vorkriegszeit. Das Bild dürfte aus den 1930er Jahren stammen.




    Blick in die Tharandter Straße um die Jahrhundertwende.




    Wenig erinnert an den einstigen städtebaulichen Reiz der Ecke. Das Rathaus fehlt, und zur „Passage“ rechterhand, eigentlich ein Supermarkt-Flachbau mit aufgestapelten Parkdecks und Pseudo-„Fassade“, wurde eigentlich schon alles Notwendige ausgeführt.




    Das Löbtauer Rathaus entstand ab 1895 unmittelbar am Weißeritzufer. Beim Weißeritzhochwasser am 31. Juli 1897 wurde das noch unfertige Gebäude schwer in Mitleidenschaft gezogen und konnte so erst verspätet übergeben werden. Gerade einmal fünf Jahre diente es der Gemeinde Löbtau als repräsentativer Sitz, dann wurde diese nach Dresden zwangseinverleibt.




    Heute präsentiert sich die Stelle dergestalt, nur der Dokumentation wegen…




    Die „Huschhalle“ ist eine stadtbekannte Löbtauer Institution, wobei der Normalbürger das zwielichtige Etablissement doch eher meidet. Bis Anfang der 1990er Jahre diente es den Fahrgästen der Linie 12 als repräsentative Wartehalle mit Fahrscheinverkauf.




    Bevor wir die Tharandter Straße erkunden noch einmal ein Gesamtblick des heute völlig entstellten Kreuzungsbereichs.




    Ehemaliger Haltestellenbereich „Kesselsdorfer/Tharandter Straße“ der Linie 12, bzw. zuletzt der 8. Im Vordergrund rechts eine leider verunzierte Informationstafel zum Rathaus Löbtau.




    Besagte Infotafel in voller Schönheit, ohne störende Verunzierungen.




    Historische rückseitige Ansicht des Rathauses mit dem Kreuzungsbereich und der Weißeritzbrücke im Hintergrund.




    Vom Rathaus besteht noch ein als Jugendclub genutztes Nebengebäude und dieses schöne Portal mit Jugendstilanklängen.




    Tharandter Straße, Ecke zur Schillingstraße. In letzterer befand sich in den 1990er Jahren der Busendpunkt der Linien 61 und 93.




    An der seit eh und je gewerblich geprägten Tharandter Straße haben sich dennoch einige ansehnliche Gründerzeithäuser erhalten.




    Ecke Anton-Weck-/Tharandter Straße, ehemalige Leder- und Treibriemenfabrik der Gebrüder Klinge.




    Eckhaus Oederaner Straße (Hohenzollernstraße)/Tharandter Straße 15.




    Blick in die Oederaner Straße. Unmittelbar hinter dem Haus fließt die Weißeritz.




    Diese hinterließ 1897 auch an jenem Haus ihre Spuren, wie die zeitgenössische Postkarte belegt. 2002 sahen die Bilder der Zerstörung auch in Plauen und Löbtau ähnlich aus.




    An der Haltestelle „Clara-Viebig-Straße“ hält seit 1998 nur noch der Bus. Zunächst wurde die Linie 89 als „Ersatzverkehr“ für die Linie 8 bis zur Cottaer Straße verlängert, heute ist es die 63, die die stillgelegte Straßenbahnrelation fast auch ganzer Länge befährt.




    Dekonstruktivistische Architektur bei der Sächsischen Druck- und Verlagshaus GmbH.




    Reste alter Fabriken prägen noch heute die Tharandter Straße. Meist werden diese zweckentfremdet genutzt, wie das „KIF“, Kino in der Fabrik, das die Anlagen der Strickmaschinenfabrik von Irmscher und Co. nachnutzt, nach dem Krieg Teil des VEB Kupplungs- und Triebwerksbau.




    Schräg gegenüber die letzten Reste der Konservenfabrik Bernhard Richter „Rotsiegel“, die als Betriebsteil „Rotsiegel“ des VEB Kofa Dresden mit Stammsitz auf der Kötzschenbroder Straße in Mickten nach 1990 abgewickelt wurde.




    Einmündung Frankenbergstraße. Die 1928 errichtete Omnibus-Großgarage der KVG Sachsen wurde bis Anfang der 1990er Jahre vom rechtsnachfolgenden Kraftverkehr Dresden nachgenutzt. Heute werden hier Fahrräder verklingelt, wofür die Einfahrten des schönen expressionistischen Baus durch einen hässlichen Glasvorbau entstellt wurden.




    Haltestelle Würzburger Straße an der Einmündung der Mohorner und Hainsberger Straße.




    Ein historischer Vergleichsblick.




    Tharandter Straße, Blick nach Süden. Vor uns liegt die letzte Haltestelle auf der „Plauenschen Grundbahn“ vor dem Abzweig der Coschützer Strecke.


  • Von Löbtau nach Coschütz (Teil II)

    Zu Beginn des zweiten Teils wie gewohnt etwas „Streckenkunde“.


    Ab 1947 übernahm die Linie 11 mit ihren „Großen Hecht“-Zügen die Bedienung der von Löbtau aus neu angebundenen Coschützer Strecke. Die Verbindung der beiden Steilstrecken nach Bühlau und Coschütz ermöglichte den ökonomischen Einsatz der verbliebenen legendären Hechtwagen, die den ganzen Stolz der Dresdner Straßenbahn verkörperten. Sie blieben hier auf der 11 bis 1969 heimisch und bestückten danach noch für wenige Jahre die neue Linie 1.




    Schild der Linie 11 von 1965, aus dem Archiv des Straßenbahnmuseums. Dieses baumelte ausschließlich in einem Hechtwagenzug.



    Die Linie 1 Coschütz – Johannstadt übernahm ab 1969 den Coschützer Ast. Zunächst wurden auch hier die „Hecht“-Züge eingesetzt, die aber durch den anforderungsreichen Steilstreckenbetrieb am Ende ihrer Lebensdauer angelangt waren. Um sie zu ersetzen wurde in Coschütz eine neue Gleisschleife angelegt, was eine Streckenverkürzung um einige 100 Meter zur Folge hatte. Auf der 1 kamen nun ab Ende 1971 auch Tatra-Züge zum Zuge.



    Fahrplan der Linie 1 von 1969.



    Um die Tatra-Fahrzeuge effektiver einsetzen zu können, wurden 1972 die Endpunkte der Linien 12 und 1 getauscht, da die sehr lange 12 Cossebaude – Niedersedlitz noch mit Vorkriegsmaterial betrieben werden musste. Nunmehr fuhr diese von Niedersedlitz nach Coschütz mit Tatra-Großzügen, die wesentlich kürzere Linie 1 mit Altmaterial von Cossebaude nach Johannstadt. Bis 1995 blieb die 12 in Coschütz heimisch.




    Schild der Linie 12, Anfang 1980er Jahre.


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    An der Reisewitzer Straße, die korrekterweise Reisewitzerstraße heißen müsste, lag die gleichnamige Brauerei, von der so gut wie nichts mehr zu sehen ist. Heute prägen Autohäuser das Bild.





    Die gegenüberliegende Straßenseite der Tharandter gehört schon zu Plauen. Wir schauen in die Bienertstraße, in die bis 1998 die Gleise der Schleife Altplauen führten.




    Haltestelle Altplauen, vordem Fritz-Schulze-Straße, Planettastraße und Habsburgerstraße. Die erst dieses Jahr eingeführte Neubenennung nimmt die Bezeichnung auf, unter der die Haltestelle im Volksmund seit eh und je bekannt ist. Ende der zwanziger Jahre wurde sie von nicht weniger als vier Straßenbahnlinien angedient: den aus Plauen kommenden 1 und 16, der nach Freital durchführenden 22 und der kurzlebigen 21 Gruna (Grüne Wiese) – Habsburgerstraße. Bis Anfang der 1980er Jahre endeten hier die Verstärkerzüge der Linie E12, bevor diese zur besseren Versorgung des Neubaugebiets Kohlenstraße nach Coschütz verlängert wurden.




    Zur Illustration ein Schild der Linie E12 im Archiv des Straßenbahnmuseums Dresden, Ende der 1970er Jahre. Später wurde diese nach Leuben verlängert.





    Das markante Kopfhaus zwischen Tharandter und Agnes-Smedley-Straße. Davor lag die Schleifenausfahrt Richtung Prager Straße.



    Postkarte aus den 1950er Jahren. Zu sehen ist ein „Hecht“-Zug der Linie 11.




    Der Kreisverkehr entstand mit dem Brückenneubau nach dem 2002er Hochwasser, dem der Vorgängerbau zum Opfer fiel. Rechts ging es bis 1974 weiter in den Plauenschen Grund, über die Weißeritz bis 1998 nach Coschütz.




    Der Schnappschuss vereint beide „Ersatzverkehre“: Der aus Freital kommende Bus der Linie A ersetzt die 1974 eingestellte 3, die 63 die zuletzt nach Coschütz verkehrende 8.




    Abstecher in die Agnes-Smedley-Straße, wo Oberleitungsrosetten und Gleisreste vom alten Straßenbahn-Endpunkt künden.





    Die Schleifenausfahrt in Richtung Tharandter Straße.




    Am Fotostandpunkt befand sich bis 1891 direkt an der Flussmauer der Weißeritz das Wohnhaus der Gräfin Kielmannsegg im Reisewitzschen Garten.




    Noch der Sanierung harrt der verklinkerte Gründerzeitler zwischen Fritz-Schulze- und Tharandter Straße. Gespickt ist er mit allerlei Oberleitungsrosetten, die von der Straßenbahnvergangenheit an dieser Stelle zeugen.




    Bienertmühle mit neuer Weißeritzbrücke.




    Weißeritz mit alter Staatsstraße links. Bis 1921 fuhr dort auch die Straßenbahn in den Plauenschen Grund.




    Näheres zur Geschichte der Bienertmühle findet man auf der Informationstafel.




    Postkarte mit dem alten Gleisverlauf vor der Bienertmühle. Auch die Eisenbahn quert noch ebenerdig Altplauen. Die Hochgleisanlage mit neuem Haltepunkt entstand erst 1926, gleichzeitig ging auch die neue Verbindung Habsburgerstraße – Nöthnitzer Straße und die Güterstraßenbahn der Bienertmühle in Betrieb.




    Deren Gleisreste im Hof habe ich hier ja schon einmal umfassend dokumentiert. Mit eigens dafür gebauten Wagen wurde der Verkehr zwischen Hafenmühle und Stammhaus in Plauen abgewickelt.




    Die Linie 62 erreicht Plauen aus dem Stadtzentrum im Zuge der Chemnitzer Straße und bedient damit die gleiche Relation wie bis 1945 die Straßenbahnlinie 6. Der Ersatz (und damit die Wiederinbetriebnahme) durch einen neue Straßenbahnlinie 5 steht immer noch auf der Agenda der Dresdner Verkehrsbetriebe.




    Haltepunkt Plauen von 1926. Die Straßenbahn hielt hier nach dem Krieg nicht mehr, obwohl eine Haltestelle unter der Brücke trotz Eingleisigkeit leicht anzulegen gewesen wäre.




    Altplauen, Blick durch die Brücke den Hang hinauf.




    Ehemaliges Empfangsgebäude des Haltepunkt Plauen, heute Jugendtreff.




    Blick auf den Haltepunkt Plauen aus der Gegenrichtung. Die Strecke war hier stets eingleisig, auch wenn die Postkartenaufnahme täuscht: Im rechten Brückenfeld liegt das Gleis der „Bienert-Bahn“, das bald scharf in den zweiten Hof abbog, das Streckengleis liegt links.





    Steil bergan ging es direkt an der Mauer des Fußwegs entlang. Es war schon ein spektakulärer Anblick, wenn einem hier auf der 12 ein Tatra-Großzug entgegenkam…




    Historische Ladeninschrift in Altplauen.




    Altplauen. Ursprünglich ging es links weiter zum Chemnitzer Platz (F.-C.-Weiskopf-Platz), ab 1945 durch die enge und steile Reckestraße zum Plauenschen Ring, um die Coschützer Strecke „provisorisch“ neu anzubinden.




    Reckestraße heute. Kaum vorstellbar, dass sich hier noch vor zwanzig Jahren bis zu 45 Meter lange Straßenbahnzüge um die Ecke quälten…





    Am Plauenschen Ring blicken wir die Coschützer Straße talwärts. Hier kam die Linie 15 bis 1945 aus der Stadt, um dann rechts auf den Plauenschen Ring abzubiegen.




    Dann kam die Straßenbahn nach Coschütz von links aus der Reckestraße. Das Eckhaus ziert noch immer eine Oberleitungsrosette.




    Haltestelle Coschützer Straße, bis 1927 Endpunktbereich der Linie 15 in Plauen. Die Verlängerung den Hang hinauf war bereits von vornherein angedacht.




    Endpunkt Plauen um 1900. Noch wurden keine Liniennummern eingeführt. Die Linie Plauen – Postplatz erhielt 1905 die Nummer 15.


  • Von Löbtau nach Coschütz (Teil III)

    Zu Beginn des dritten Teils und Ergänzung des zweiten zwei Fahrpläne, die die Vor- und Nachkriegssituation der Coschützer Strecke illustrieren. Fahrplan der Linie 15 von 1929 und der Linie 11 von 1965.





    Weiter in der Streckenkunde. Die Linie 12 blieb in Coschütz bis 1995 heimisch, aber ab 1992 mit leicht geänderter Streckenführung in der Friedrichstadt, wo sie nunmehr erstmals seit Jahrzehnten die Weißeritzstraße linienmäßig befuhr und den Postplatz nicht mehr über die Schweriner Straße, sondern die Ostra-Allee erreichte. Die Linie 8 behielt dies bis 1998 bei.



    “Schwuppe“ der Linie 12 für die modernisierten Tatra-Wagen, 1992.





    Das letzte Linienschild der „Coschützer“ 12 vor 1995. Dann verschwand sia als reine Berufsverkehrslinie für einige Jahre völlig in der Versenkung, um 2000 in ihrer heutigen Form zu neuen Ehren zu gelangen.



    1995 übernahm für die letzten drei Jahre die 8 von Hellerau kommend. Zum Einsatz kamen ausschließlich Tatra-Traktionen in modernisierter oder nichtmodernisierter Ausführung. Im letzten Betriebsjahr wurde die Linie 8 wegen der Baumaßnahmen an der Hellerauer Autobahnbrücke bis zum Abzweig Hellerau verkürzt. Das entsprechende Linienschild in Bau-Orange ist damit das letzte überhaupt der alten Coschützer Strecke…





    Linienschild und Fahrplanauszug der 8 von 1995.





    Umleitungsschild von 1998, letztes offizielles Linienschild des Abschnitts Löbtau – Coschütz. Nach der Stilllegung übernahm eine kurzlebige Linie 86 den Coschützer Streckenast. Dazu später mehr im „Busteil“ des letzten Beitrags.



    Eine nachgerade erstaunliche Konstanz weist die 1999 nach Coschütz umverlegte 3 auf. Seit nunmehr 18 Jahren ist sie auf konstantem Linienweg zwischen dem Wilden Mann und Coschütz unterwegs. Es wurden sogar noch einmal neue Seitenschilder aufgelegt, das hiesige Exemplar zeigt die Anschlüsse Stand 1999, vor der 2000er Linienreform.




    Seitenschild der Linie 3 von 1999.


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    Im dritten Teil begeben wir uns auf die 1998 eingestellte erste Coschützer Strecke, die im Jahre 1927 in Betrieb ging. Ursprünglich handelte es sich um eine simple Verlängerung der bestehenden Plauener Strecke über die Chemnitzer Straße. Die etwas eigenartige Betriebssituation der Nachkriegszeit mit dem Umweg über Löbtau resultierte aus der bereits weidlich dargelegten provisorischen Neuanbindung an die Plauensche Grundbahn in Altplauen. Blick zurück zum bis 1927 bestehenden Endpunktbereich auf der Plauener Ringstraße, später Plauenscher Ring.




    Üppiges Grün, Mietvillen und Eigenheime verschiedenster Austattungsvarianten prägen den gutbürgerlichen Stadtteil Plauen. Die Gleise auf dem Plauenschen Ring wurden entfernt, die baumstammdicken DDR-Oberleitungsmasten zeugen aber noch immer von der Straßenbahn.




    Ein talwärts fahrender „Ersatzverkehr“. Die 63 folgt auf dem Plauenschen und Westendring exakt der Linienführung der Straßenbahn. Bis zur Verlängerung der 3 machten ihre verdieselten Vorgänger einen Abstecher über Plauen, um Anschluss an die Straßenbahn zu gewährleisten.




    Typisches Bild im Plauener Orterweiterungsgebiet vor der Eingemeindung 1903: Kreuzung Plauenscher Ring/Hohe Straße. Es geht wie eh und je beschaulich zu.




    Kreuzung mit der Kaitzer Straße. Hier bog die Vorgängerbuslinie B nach rechts, um über die steil ansteigende Kaitzer Straße Hohenplauen und Coschütz zu erreichen: Der Westendring war 1925 noch nicht angelegt. Die Haltestelle „Kaitzer Straße“ gabe es hier zu Straßenbahnzeiten nicht.




    Für Plauen eher ungewöhnlich sind Genossenschafts-Wohnanlagen, wie hier an der Ecke Kaitzer Straße.




    Typisch dagegen die Mietvillen der Jahrhundertwende, die sich bis in Höhe Westendstraße hinziehen. Bemerkenswert ist der konstante steile Anstieg der Straße, der den bergwärts fahrenden Straßenbahnwagen alles abverlangte und ähnlich wie auf der Bühlauer Außenbahn besonders stark motorisierte Fahrzeuge erforderte.




    Das „Paul Rackwitz“ war jahrelang eine kulinarische Institution im Dresdner Süden. Leider wurde es Opfer des um sich greifenden Mietspekulantentums, nur der Schriftzug über dem Eingang erinnert an eine der besten Lokalitäten der Stadt.




    Plauenscher Ring in Höhe Westendstraße, Blick talwärts.




    Von der Haltestelle „Westendstraße“ ließ sich der Endpunkt Plauen der Linien 5 und 11 schnell erreichen und wurde mitunter sogar als offizieller Anschluss angegeben.




    Kreuzung Westendstraße mit der „Froschvilla“ Westendstraße 21.




    Die 1904 errichtete Villa ist ein fast musterreines Beispiel für den für Dresden eher untypischen Jugendstil. Preisfrage: Wer findet den Frosch?




    Wesentlich klassischer präsentiert sich die gegenüber liegende Mietvilla.




    Als 1927 die Straßenbahn nach Coschütz verlängert wurde, war der obere Teil des Plauenschen Ringes gerade angelegt und noch völlig unbebaut. Entsprechend dominiert hier Bebauung aus den Endzwanzigern und den dreißiger Jahren.




    Von der Straßenbahn aus genoss man einen fantastischen Blick über die Stadt, der heute weitgehend verbaut ist.




    Wir nähern uns der berühmt-berüchtigten „Westendkurve“.




    Scheitelpunkt der spitzen und steilen Serpentine, hier geht der Plauensche in den Westendring über.





    Seit 1999 erklimmt die Linie 3 den Plauener Hang von der Nöthnitzer Straße kommend in einer weiten Kurve. Im Hintergrund die Liepsch-Bank.




    Früher kam die Bahn von rechts, heute sticht sie gerade aus dem Hang in den Haltestellenbereich der Cämmerswalder Straße, ehedem „Fußweg nach Kaitz“.




    Blick von der Liepsch-Bank. Die scharfe Haarnadelkurve war wie eingangs beschrieben bereits 1927 zwei Wochen nach Streckeneröffnung Schauplatz eines schweren Unfalls. Die gleiche Stelle erlebte am 9.12.1959 die wohl folgenschwerste Katastrophe in der Dresdner Straßenbahngeschichte. Diesmal erwischte es den schweren Beiwagen eines „Hecht“-Zuges der Linie 11, wobei überhöhte Geschwindigkeit der jungen Fahrerin auf vereister Strecke als Ursache ausgemacht wurde. Wieder kippte der Beiwagen in der Kurve um, diesmal aber gab es 11 Todesopfer und über 70 Verletzte zu beklagen.


  • Nach der Rast auf der Liepsch-Bank widmen wir uns dem letzten Streckenabschnitt nach Coschütz hinein. Der Geschichtsteil folgt diesmal am Schluss.(/i]



    1999 erlebte die ein Jahr zuvor eingestellte Coschützer Strecke ihre dritte Auferstehung. Für die Weiterführung der neuen Westendkurve von der Nöthnitzer Straße aus wurde die vorausschauend unangetastete Reststrecke nachgenutzt, deren Sanierung erfolgte abschnittsweise erst in den Folgejahren. Der eigene Bahnkörper entlang des Westendrings bestand von Beginn an und besitzt heute ein Rasengleis.




    Vom Grün verdeckt zeigt sich der Fichteturm, ehemals Bismarckturm, im Plauener Westendpark, heute Fichtepark.




    Der 30 Meter hohe Turm entstand 1896.




    An der Haltestelle „Kotteweg“ hält eine Straßenbahn der Linie 3. Der Weg ins Stadtzentrum hat sich durch die Neuanbindung im Vergleich zur 8 oder 12 nahezu halbiert.




    Typische 30er-Jahre-Bebauung des Westendrings.




    Genossenschaftliche Wohnbebauung an der Einmündung der Bernhardstraße in Hohenplauen.




    Haltestelle Saarstraße. Wir befinden uns unmittelbar an der Coschütz-Plauener Flurgrenze, von 1903 bis 1921 gleichzeitig Stadtgrenze.




    Der Äußere Plauener Friedhof in Hohenplauen liegt direkt an der Flurgrenze, der Coschützer Friedhof schließt südlich unmittelbar an. Angelegt wurde er bereits 1882.





    Blick in die Karlsruher Straße, bis zur Coschützer Eingemeindung 1921 Dresdner Straße.




    Zwei historische Postkartenvergleiche. Einer noch ohne, einer mit Straßenbahn. Links die Cunnersdorfer Straße, die ihren Namen nach der Eingemeindung behielt.





    Stadtwärtige Haltestelle Saarstraße heute.




    Coschütz, Kreuzung Karlsruher Straße/Windbergstraße/Kohlenstraße, bis zur Eingemeindung Dresdner Straße/Körnerstraße/Strehlener Straße.





    Landwärtige Haltestelle „Achtbeeteweg“.




    Einfahrt in die Ende 1971 eröffnete Gleisschleife Coschütz. Früher zog sich das Doppelgleis weiter die Karlsruher Straße hinauf.




    Straßenschild der Karlsruher Straße, 1920er Jahre, in Kombination mit Zusatzschildern. Zahlreiche Coschützer Straßen wurden nach der Eingemeindung nach Orten in Südwestdeutschland benannt und setzten somit das „Süddeutschland“-Cluster aus Plauen fort. In jüngster Zeit hat man das System für neu entstehende Straßen aufgegriffen.




    Karlsruher Straße, Ausfahrt aus der Gleisschleife.




    Endpunkt Coschütz in Höhe Mannheimer Straße. Früher war er ausschließlich der Straßenbahn vorbehalten, der Ausbau für den Bus erfolgte vor etwa zehn Jahren. Die Busse wendeten vorher auf dem heutigen Supermarkt-Grundstück bergan.




    Blick die Karlsruher Straße hinab mit einer 3, die sich gerade anschickt, in die Schleife einzufahren.




    Bis 1971 zog sich die Coschützer Strecke weiter den Hang hinauf und endete an der Kleinnaundorfer Straße unmittelbar an der Flurgrenze zu Gittersee. Dabei passierte sie dieses hübsche Eckhaus an der Gebauerstraße.




    Endpunktbereich an der Kleinnaundorfer Straße. Bis 1971 musste hier mitten auf der Straße umgesetzt werden, so dass der Einsatz von Zweirichtungsfahrzeugen notwendig war, insbesondere der „Großen Hecht“-Wagen, die die neue Linie 1 1969 von der 11 übernahm. Die Gleise lagen noch bis zur Sanierung der Karlsruher Straße vor einigen Jahren.




    In Ermangelung einer geeigneten Fläche für die dringend nötige Gleisschleife wurde die Strecke bis zur Mannheimer Straße verkürzt. Seitdem wird die Haltestelle „Kleinnaundorfer Straße“ ausschließlich vom Bus angedient, ehemals der Linien 89, heute der 66.



    ---


    Dies bringt uns zum abschließenden Geschichtsteil, den wir diesmal dem gummibereiften Ergänzungsverkehr widmen.


    Lange Tradition hat die Busverbindung von Coschütz nach Gittersee. Zunächst war es die „B“, die 1927 als Straßenbahn-Zubringer auf der Relation verkehrte, später vereinigte man die Linie tariflich mit der 6, von der sie die Nummer übernahm. Zu Kriegsbeginn wurde der KOM-Verkehr eingestellt.


    Ihre Wiedergeburt erlebte die ab 1965 als 89 bezeichnete Linie 1964. Bis 1975 war es eine reine Vorstadtlinie, die als Straßenbahn-Zubringer fungierte. Dann wurde sie zur besseren Erschließung der auf der Südhöhe entstehenden Wohngebiete als Querspange nach Strehlen verlängert. 1984 wurde der Endpunkt von Freital-Burgk nach Kleinnaundorf verlegt.




    [i]Linienschild der verlängerten 89, 1975.



    Nachdem die 89 zwischenzeitlich bis Coschütz zurückgezogen wurde (die 72 übernahm den Kleinnaundorfer Ast), nutzte man sie 1998 ab Saarstraße für den Ersatz der Straßenbahn nach Löbtau. Zunächst befuhr sie die Tharandter und Löbtauer Straße bis zur Cottaer Straße (Übergang zur Straßenbahn) später bis Bahnhof Mitte. 2000 wurde sie nach Löbtau zurückgezogen, als die neue 6 die Strecke über die Löbtauer Straße nach zwei Jahren Straßenbahnabstinenz wiedereröffnete (wenn auch zunächst nur bis zum Hochwasser 2002, aber das ist eine andere Geschichte). Aus der 89 enstand 2009 unsere heutige 63.



    “Bus-Schwuppe“ der Linie 89 von 1998. Der Endpunkt an der Cottaer Straße erwies sich als völliger Fehlgriff, so dass nach massiven Beschwerden die Linie wenigstens bis Bahnhof Mitte verlängert wurde. Mit der Linienreform 2000 wurde sie nach Löbtau zurückgezogen und der Abschnitt Bahnhof Mitte – Löbtau von der 6 übernommen.



    Eine zweite Buslinie erreichte Coschütz erst 1987. Um das neu entstehende Wohngebiet an der Kohlenstraße besser zu erschließen und eine Zentrumsanbindung zu gewährleisten wurde die bislang am Hauptbahnhof endende 72 über die Südhöhe nach Coschütz verlängert. Heute ist sie Teil der 66.




    Schild der verlängerten Linie 72, 1987. Zu beachten die leeren Punkte für neu einzuführende Haltestellen. In der Realität kam es nie zu einer entsprechenden Ergänzung der Schilder.



    Zu guter Letzt bleibt uns noch die ephemere Episode der Linie 86, die knapp ein Jahr Coschütz beehrte. Sie verband eine Vorwegnahme der schnellen zukünftigen Straßenbahn-Zentrumsverbindung (die im damals straßenbahnfeindlichen Klima in keinster Weise endgültig gesichert war) mit der Wiederinbetriebnahme des Nahverkehrs auf der Chemnitzer (und Budapester) Straße – sage und schreibe 43 Jahre nach der zerstörungsbedingten Einstellung der dortigen Linie 6! Mit Inbetriebnahme der Neubaustrecke von Plauen wurde die Linie schon 1999 wieder eingestellt und die Nummer später neu vergeben. ´Die Chemnitzer Straße wird seitdem ausschließlich von der 82, später 62, befahren. Wer weiß, vielleicht sehen wir dort ja doch eines Tages wieder Straßenbahnen?



    „Schwuppe“ der 86. Richtige Linienschilder hat es hier nach meinem Wissen nicht mehr gegeben, denn einen Ikarus-Einsatz gab es auf der Linie nicht. Man wollte sie ja den Coschützern als Segnung der modernen Zeit verkaufen…



    ---Epilog---


    Das Jahr 1998 markierte einen absoluten Tiefpunkt in der jüngsten Geschichte der Dresdner Straßenbahn, die im selben Jahr die geringste Streckenlänge seit dem Ersten Weltkrieg aufwies. Neben der völlig übereilten und im Nachhinein äußerst zweifelhaften Einstellung der Straßenbahn auf der Tharandter Straße sollte auch die Querverbindung über Altcotta dran glauben und verdieselt werden. Dass es letztlich nicht dazu kam ist dem hartnäckigen Widerstand der örtlichen Bevölkerung zu verdanken – und einem etwas faulen Kompromiss, dem die Tharandter letztlich zum Opfer fiel. Sinnvolle Alternativen, wie die Beibehaltung des Straßenbahnverkehrs bis Altplauen oder ein neuer Endpunkt im Plauener Ortszentrum bei gleichzeitigem Bau der Westendkurve, wurden nie ernsthaft erwogen. Man wollte halt die Kosten für die anstehende Grundsanierung sparen. Ich bin mir sicher, fünf Jahre später hätte die Entscheidung anders ausgesehen. Auf jeden Fall fehlt seitdem ein Endpunkt im Dresdner Südwesten. Wie sinnvoll wäre doch beispielsweise eine Führung der aktuellen 6 nach Altplauen, anstatt die Kesseldorfer mit zwei Linien im Parallelverkehr zu belegen. Somit ist der Raum Plauen – Löbtau Süd wohl heute derjenige, der trotz intakter Strukturen und dichter Besiedelung die schlechteste Anbindung aller innenstadtnahen Wohngebiete an das Dresdner Straßenbahnnetz aufzuweisen hat. Mal sehen, ob sich hieran zukünftig etwas ändert….

  • Wieder einmal vielen Dank, werter Antonstädter. Diese Gegend von Dresden kenne (kannte) ich überhaupt nicht – der Beitrag war schon deshalb sehr spannend. Kleine Anmerkung zu diesem Foto (Karlsruher Straße 1; im nachstehenden Bild das Eckhaus hinter der Litfaßsäule):



    Da stieß mir sofort dieser eigenartig unproportionierte Laternenaufsatz ins Auge. Und die nachfolgenden beiden Vergleichsansichten des historischen Zustandes bestätigten ja auch sofort (beim Weiterlesen), dass dieses Teil ursprünglich doch wesentlich gefälliger aussah (jedenfalls nach meinem Geschmack): Klick


    In der fotothek findet sich folgende Ansicht des Gebäudes von 1992:
    http://fotothek.slub-dresden.d…_hauptkatalog_0419235.jpg


    Wie man sieht, fehlte die Laterne völlig. Das Foto macht natürlich auch klar, dass man froh sein muss, dass das Haus überhaupt saniert worden ist (und augenscheinlich mit hohem Aufwand).

  • ^Ist mir beim flüchtigen Hinsehen gar nicht so aufgefallen. Was ich persönlich noch viel schlimmer finde ist die Verschandelung des öffentlichen Raums mit völlig überdimensionierten und unpassenden technischen Anlagen: Warum musste der fette Oberleitungsmast direkt vor der "Coschützer Höhe" platziert werden, wo doch der Eckbau darauf ausgelegt ist, den spitzen Straßenzwickel zu betonen? Ein Bild ohne Mast war schlichtweg nicht möglich. Ich bin nun wahrlich kein Feind der Straßenbahn, aber dies ist ein weiteres Beispiel für die Gedankenlosigkeit derer, die derartige technisch-ästhetische Entgleisungen zu verantworten haben. Zudem ich den Nutzen von Hochketten-Fahrleitungen in bebauten Gebieten generell anzweifle. Da gibt es wahrlich ansprechendere und sensiblere Lösungen.

  • Ich bin absolut kein Experte. Aber wenn ich diese Oschis von Oberleitungsmasten immer sehe, kann ich mir einfach nicht vorstellen, dass das für so bissel Kabel notwendig sein soll. Wenn ich da an die bissel in den Boden gewammsten Holzstrommasten daheim denke...

  • ^Man schaue sich die neuen Betriebe in Frankreich an, wo in der Regel bis zum Fahrscheinautomat alles durchdesignt ist. Und die schleichen da auch nicht mit 10 km/h durch die Gegend...

  • Zuerst einmal möchte auch ich antonstädter für seine sehr interessanten Dokumentationen danken.
    Zum Thema der Verunstaltung des öffentlichen Raumes durch alle Arten von Masten, aber auch Stromkästen, Absperrungen, Schilder, usw. könnte man sich unendlich ärgern. Ich weiß nicht, ob Dresden hier besonders übel ist, aber wenn man darauf mal bewusst achtet, dann ist das wirklich ein krasser Missstand.


    Ich will aber auch noch mal auf die von Bautzenfan dankenswerterweise ergänzten Vergleichsbilder zu dem Eckhaus eingehen. Hier ist mal wieder gut zu sehen, wie auch die Putzfassade durch Weglassen von Elementen entstellt wurde. Immer wieder fällt mir auf, dass Fensterverdachungen (egal ob wie hier als einfacher Balken oder als Tympanon, etc.) bezugslos über den Fenstern schweben. Oft fehlen auch bei den Häusern die Ecklisenen. Es ist leider fast schon selten ein Gebäude zu finden, wo heute noch alle Gliederungselemente erhalten sind. Das ist schade, weil die Mehrkosten für eine wenigstens reduzierte Wiederherstellung sich im Rahmen halten. Oft fehlen diese Fassadenstrukturen schon seit Vorkriegszeiten, wie das Bild des unsanierten Gebäudes gut zeigt. Deshalb wissen die Bauherren auch nicht um das Fehlen und die Architekten sind wohl oft auch nicht hinreichend geschult oder interessiert in diesen baugeschichtlichen Fragen.

  • ^
    Was die Verunstaltung des öffentlichen Raumes durch Masten u.ä. angeht, kann den Amerikanern aber keiner das Wasser reichen. Zumindest, was oberirdische Stromleitungen und ähnliches angeht...


    Bei der "Vereinfachung" der äußeren (und teilweise auch inneren) Struktur und Gestaltung von Gebäuden würde ich etwas differenzierter herangehen: Aus meiner Sicht wurde bei vielen "Gründerzeitlern" in der Bauzeit über das Ziel hinausgeschossen. Auch das sieht man ja an den alten Bildern: Da musste eben auf jeden Giebel noch eine Vase oder eine Kugel oder ein sonstiger Aufsatz drauf; da wurden Dachkanten durch metallene "Reiter" betont und so weiter.
    Es gab sicher Gründe, dass derartige Verzierungen schon in den 20er Jahren zu verschwinden begannen.
    An einer meiner Arbeitsstellen wurde bei der denkmalpflegerischen Sanierung in den 90ern die Jugendstilausmalung der Decken teilweise freigelegt und versuchsweise ein Gewölbe komplett mit dieser Ausmalung rekonstruiert. Es war grauenhaft und völlig überladen; und die Denkmalpflege hatte auch sofort ein Einsehen, dass das so nicht geht. Ergo wurde die Decke nun einfarbig gestrichen.


    Ich finde es sehr schwer, da eine sichere Entscheidung zu treffen, was an Gestaltungselementen erhaltenswert ist und was letztlich überflüssig ist.
    Interessanterweise wirken ja die so "reduzierten" Gründerzeitler immer noch wie Gründerzeitler (und nicht wie Bauten aus den 20er und 30er Jahren).