Planungspolitik / Wohnungspolitik

  • Der CDU-Vorschlag ist insoweit zu begrüßen, als es wahrscheinlich der einzige Weg ist, einigermaßen schnell Wohnungen zu schaffen, Für größere Wohngebiete sehe ich - leider - angesichts des regionalen Kirchturmdenkens keinerlei Chancen, egal wo und wie. Dass die CDU mit ihrer Vorliebe für Vater-Mutter-Kind-EFH bzw. Reihenhaussiedlungen zu eher weniger Wohnungen führen wird, ist klar. Gleichwohl wird in den Vorschlägen auch von Mehrfamilienhäusern gesprochen. Aber ich habe mittlerweile meine Erwartungen runtergeschraubt, sowohl was die Anzahl der Wohnungen als auch die (städteplanerische) Gestaltung angeht. Ich bezweifle übrigens, dass das EFH wirklich so viel beliebter sind als Wohnungen. Es kommt halt auf die Wohnungen an. Ich würde mir mehr und größere (Dach-) Terrassen und Balkone wünschen, ggf. auch als Gemeinschaftsflächen.

  • Neubaugebiete werden ja leider immer in riesigen Grundstücken an Bauträger vergeben. Die beliebten städtischen Wohnlagen zeichnen sich durch eine Vielfalt an verschiedenen Gebäudegrössen, typen und Fassaden aus. Diese könnte man auch heute erreichen wenn man Grundstücke, inkl. einer Gestaltungsvorgabe (e.g Anzahl Stockwerke, Balkone , Dach, Erker etc) an Bauherrengemeinschaften vergibt. D.h 8-10 verschiedenen Eigentümer kommen zusammen und gestalten Ihr Haus in dem vorgegebenen Rahmen. Die Kosten für die einzelne Wohnung muss dabei gar nicht so viel teurer werden als bei einem Bauträger, fällt doch dessen Marge weg aber die Ergebnisse dürften besser sein als das was heute so gebaut wird.

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    Bauherrengemeinschaft ist eine sehr statische Konstruktion, die bei jedem Eigentümerwechsel mit Grunderwerbsteuer einhergeht. Besser ist es, für den Bau eine Genossenschaft zu gründen und Anteile daran zu verkaufen. Eine eigenschaft der meisten Genossenschaften ist es, dass jeder Teilhaber nicht entsprechend seiner Anteile sondern unabhängig von der Anzahl Anteile immer eine Stimme hat. Damit ist eine "Übernahme" durch einzelne Miteigentümer, die sich stil und leise Mehrheiten an einer WEG kaufen können, bei der Genossenschaft nicht möglich, im Gegenteil der Stimmanteil je Euro nimmt bei großer Beteiligung sogar ab.


    Dafür kann man seine Genossenschaftsanteile komfortabel verkaufen, unter Erben aufteilen, etc, ohne dass Grunderwerbsteuer dafür anfällt, da der Grundbesitz bei der Genossenschaft liegt.


    Und natürlich hast Du völlig recht: Der Abstand zwischen reinen Baukosten und den Verkaufspreisen der Bauträger ist beachtlich - gleichzeitig kann man als kleiner Einzel-Hausbauer kaum Grundstücke oder gar Handwerkerleistungen bekommen.


    Wollt ihr das etwa absprechen? Verurteilen?


    Wohnen im EFH kann man gerne machen, Im Bestandsbauten oder irgendwo in der Pampa. Dann muss man mit den Konsequenzen leben.

    EFH-Neubaugebiete innerhalb A3/A5/A661 sind aber nicht mehr sinnvoll machbar. Das ist Stadtplanung der 1970er.


    Wir können es uns nicht mehr erlauben, neue Wohngebiete auszuweisen, deren Bevölkerungsdichte so dünn ist, dass man dort als ÖPNV bestenfalls einen Bus alle 30 Minuten finanzieren kann und entsprechend wieder 3000 Wohneinheiten mit 5000PKWs versorgt werden müssen.


    Und bestehende EFH-Gebiete sollten langsam nachverdichtet werden - wie bei Monopoly, jeder Neu-/Umbau darf etwas größer werden als der Bestand, aber nicht auf einen Sitz so sehr, dass er raussticht.

  • Bauüberhang in Frankfurt besonders hoch

    Seit langem schon nehmen wir aus den Jahresberichten der Bauaufsicht zur Kenntnis, dass ein großer Teil von genehmigten Wohnbauvorhaben nicht begonnen wird. Diese nicht ausgenutzten Baugenehmigungen werden als Bauüberhang bezeichnet. Das Bundesinstitut für Bau- Stadt- und Raumforschung (BSSR) hat kürzlich die regionale Verteilung dieses Bauüberhangs untersucht, die FAZ (RMZ) berichtete in der Printausgabe am 30.8.2022 darüber.


    Der Bauüberhang liegt in Frankfurt bei rd. 15.800 Wohnungen, die nicht gebaut werden, obwohl der Bau genehmigt ist. Setzt man den Bauüberhang ins Verhältnis zur Einwohnerzahl hat Frankfurt unter den Städten mit über 500.000 EW nach München den zweitgrößten Bauüberhang. In M gibt es einen Bauüberhang von 246 Whg/10.000 EW, in Frankfurt 207, Berlin 180. Nur in OF ist der Bauüberhang mit 229 nicht fertiggestellten Wohnung noch höher als in Frankfurt.


    Die Ursachen sind laut BSSR: längere Bauzeiten infolge von Lieferengpässen und Personalmangel, Preissteigerungen. Für Frankfurt gibt die Leiterin der Bauaufsicht laut FAZ ein bißchen Entwarnung, weil drei Viertel aller genehmigten Wohnungen im Bau sei. Der Bauüberhang sei in Zeiten des Baubooms ein normales Phänomen. Grundstücksspekulation spielt demgegenüber anscheinend keine Rolle für den Bauüberhang.


    Q: FAZ vom 30.8.2022 und BSSR

  • Die FNP zitiert diese Woche in einer Überschrift Frank Junker, GF der ABG Frankfurt Holding, mit den Worten: "Neue Projekte sind nicht mehr finanzierbar."


    Wie bekannt hat die ABG den politisch Beschluss der STVV umgesetzt die Mieterhöhungen zw. 2016 und 2026 mit im Mittel 1 % p.a. zu Deckeln.

    Junkers nennt in dem Interview diese Kostentreiber warum diese Deckelung aktuell Neubauten verzögert:

    • Anstieg der Grundstückspreise von 50 - 60;
    • Anstieg der Finanzierungszinsen von 0,5 auf 2,7 %;
    • Entfall der KfW-Förderung;
    • Keine Anpassung der Förderbedingungen da seit 2017 unverändert;
    • Anstieg der Baukosten von 30 % und mehr bzw. Anstieg setzt sich unvermindert fort;
    • Verschlechterung der Materialverfügbarkeit mit teilweise ungewissen Verfügbarkeitsterminen.

    Erstes Fazit: Der von manchen ventilierte Wunsch das die ABG nur noch Sozialwohnungen bauen soll teilt Junker aus o.g. Gründen eine Absage. Weil damit auch die Möglichkeit der Quersubventionierung aus vermieteten Whg. für Menschen aus dem Mittelstand, bei denen die ABG höhere Mieteinnahmen erzielt, entfiele. Junker hält deshalb richtigerweise daran fest das die ABG auch solche Whg. baut und vermietet u.a. weil er für Menschen aus dem Mittelstand auch einen Anspruch sieht in Frankfurt zu Wohnen. Weiters fände langfristig bei konsequentem Bau und Vermietung von Sozialwohnungen eine Entmischung der sozialen Schichten in den Quartieren statt. Was das für gesellschaftliche Folgen mit sich bringt ist bekannt und kann wohl ernsthaft keiner wollen. Die Stadtflucht würde sich wieder beschleunigen was die Pendlerströme anschwellen ließe und damit den Klimawandel weiter befördern würde.


    Zweites Fazit von Junkers im Interview: Aktuell streckt die ABG aus o.g. Gründen die bauliche Umsetzung von fertig geplanten Projekten weil er hofft das in 2024 die ABG wieder ins normale Fahrwasser für die Umsetzung kommt. Sofern diese schon beauftragte wurden finden sie aber statt. Die Schaffung von Planungsrecht läuft zusammen mit der Stadt für Projekte am Römerhof, Lurgi-Areal oder Hilgenfeld aber unvermindert weiter um bauliche Ausführungen beauftragen zu können wenn wieder normales Fahrwasser erreicht wird.


    Die Stadt möchte das bis 2030 70.000 neue Whg. und davon wiederum 60 % durch Nachverdichtung und Aufstockung realisiert wurden.
    Die ABG besprach mit der Stadt wie hoch das Potential an Whg. für Nachverdichtung und Aufstockung in ihrem Bestand theoretisch wäre. Von den 4.000 bis 5.000 fraglichen Whg. wären zurzeit aus div. Gründen nur die Hälfte umsetzbar. Möchte man das ambitionierte städtische Ziel von 42.000 Whg. in diesem Segment und Zeitraum bis dahin umsetzen, so müsste die eine oder andere heilige Kuh geschlachtet werden so Junkers drittes Fazit. Erste Projekte dieser Art möchte die ABG demnächst in Griesheim und Schwanheim angehen.

    2 Mal editiert, zuletzt von main1a ()

  • Frankfurter Sonderweg bei zulässiger Zweckentfremdung von Wohnraum seit 2004 - What's next?

    Es ist auffällig, dass es bei der Diskussion um neuen Wohnraum im Frankfurter Stadtraum oft nur um die Ausweisung von neuen Flächen in der Peripherie geht, aber sehr selten über den Erhalt von Bestandswohnraum in Bestlagen. Natürlich ist die Konvertierung von Büroflächen in Wohnraum ein begrüßenswerter Ansatzpunkt, wie in Niederrad, Merton und evtl. Kaiserlei zu sehen. Dennoch geht es beim Wohnungsangebot in Frankfurt einfach quälend langsam voran, gerade im Vergleich zu Berlin, München, Hamburg, Köln, Düsseldorf oder Stuttgart.


    Woran liegt diese Frankfurter Besonderheit der besonders akuten Verknappung von Wohnungsraum im direkten Stadtzentrum?


    Aus meiner Sicht liegt es an der Abschaffung des Zweckentfremdungs-Verbots in Hessen vom 3.5.2004, oder wenn man es zynisch sehen will, das Gesetz zur „Beschaffung eines Vorstandspostens für Roland Koch bei Bilfinger Berger“ (Quelle).


    Die Abschaffung der wohnungswirtschaftlichen Beschränkungen vor 18 Jahren hatte vor allem folgende Effekte für Hessen:

    • Es besteht für Immobilienbesitzer keine Meldepflicht für leerstehende Wohnungen – somit fehlt bspw. Frankfurt die wohnungswirtschafltiche Rechts- und Handlungsgrundlage den Wohnungsleerstand näher zu erheben und dagegen vorzugehen
    • Keine Pflicht zur Vermietung von Wohnungen – somit sind unnötig leerstehende Gebäude völlig legal und die Kommunen haben so gut wie keine Handhabe
    • Zweitwohnungen benötigen keine Genehmigung
    • Die Nutzungsänderung eines Wohn-und Gewerberaums bedarf dennoch einer Baugenehmigung

    Es ist nicht nur mein subjektives Empfinden, dass diese Abschaffung teilweise katastrophale Folgen für den Frankfurter Wohnungsmarkt hat. Im Februar 2022 meldete die FNP, dass sich Städte wie Frankfurt, Kassel und Wiesbaden für eine Wiedereinführung eines Zweckentfremdungsverbots aus oben genannten Gründen aussprechen. Der Landesverband Hessen des Deutschen Mieterbunds sprach sich ebenfalls hierfür aus. (Quelle: FNP vom 6.2.22).


    Hier eine kurze Übersicht der Gesetze, die in anderen deutschen Großstädten gelten (Quelle: Zweckentfremdungsverbot: Das bedeutet das Gesetz - CHIP)

    • Berlin: Seit 2014 gilt ein Verbot für Zweckentfemdung von Wohnraum
    • München: Seit 2007 gilt in Bayern ein Wohnraum Zweckentfremdungs Gesetz (ZwEWG) mit Bußgeld bei Mißachtung von bis zu 500.000 Euro
    • Hamburg: Seit 2014 gilt das Gesetz über den Schutz und Erhaltung von Wohnraum mit Bußgeld bei Mißachtung von bis zu 500.000 Euro
    • Köln / Düsseldorf: Seit 2014 gilt in NRW ein Wohnungsaufsichtsgesetz
    • Stuttgart / Karlsruhe / Mannheim: Seit 2013 gibt es in BaWü ein Gesetz über das Verbot von Zweckentfremdung von Wohnraum

    Hier ebenfalls eine Deutschlandkarte welches die Bundesländer mit Zweckentfremdungsverboten aufführt.


    In München ist das Zweckentfremdungsverbot so erfolgreich, dass es sogar schärfer gefasst werden soll. Laut Aussagen der Stadt München bestätigen sich jährlich 370 Verdachtsfälle und die betreffenden Immobilien werden dem Wohnungsmarkt wieder zur Verfügung gestellt. Das kommt einer Rettung von jährlich 24.000 qm Wohnraum gleich.


    In Frankfurt würden mir auf Anhieb mindestens 70-80 Fälle sofort einfallen in dem offensichtlich Wohnraum zweckentfremdet leer steht oder wie im Bahnhofsviertel für andere Zwecke verwendet wird. Von Fällen in denen "Umbaumaßnahmen" den Wohnraum unbewohnbar machen oder eine Verwahrlosung des Wohnraums vorliegt, liest man fast täglich in den Medien. Diese Entwicklung ist für Mieter und Wohnungssuchende in Frankfurt besorgniserregend.


    Fazit: Ich würde stark befürworten, dass der „Frankfurter Sonderweg“ bei der Zweckentfremdung von Wohnraum ein jähes Ende findet und wir das gute Beispiel von München / Hamburg / Berlin / Düsseldorf / Stuttgart auch hier umsetzen. Die Regierung Rhein scheint diesen Weg aber derzeit leider nicht gehen zu wollen.

  • Ich möchte dagegen halten, dass der Wegfall des Zweckentfremdungsverbots bei Wohnraum kein Problem ist. Weggefallen ist nur das wohnungswirtschaftliche Zw.-verbot , nicht das bauordnungsrechtliche. Jede Änderung der genehmigten Nutzung bedarf der Genehmigung. Das wohn.wirtsch.Verbot griffe nur dort, wo das Baurecht der Änderung nicht entgegensteht und auch die Erhaltungssatzungen nicht greifen. Bei einer Leerstandsquote kurz vor Null wüsste ich nicht, wo ein zusätzliches Verbot noch Sinn machte.

  • Im FNP Artikel (eigentlich ein Artikel der DPA, der auch in der Süddeutschen und Zeit zu lesen war) stellt die Stadt Frankfurt aber genau die Validität dieser angeblich sehr niedrigen Leerstandsquote in Frage.


    In Wiesbaden sagt der Sprecher: "Zur Leerstandsquote liegen der Stadt keine Daten vor und mangels gesetzlicher Grundlage in Hessen hat man auch keine Möglichkeit gegen potenziellen Leerstand vorzugehen."


    Die Verbandsdirektorin des deutschen Mieterbunds Hessen Eva-Maria Winckelmann sagt im Artikel ebenfalls: "Es gibt Leerstand, gerade in den Großstädten, und es wäre agezeigt ihn zu ermitteln".


    Die Leerstandsquote ist somit alles andere als "von allen Seiten akzeptiert", sondern gerade bei den hessischen Stadtregierungen höchst umstritten, da sie scheinbar nicht richtig ermittelt werden kann.

  • Die erwähnten BHV-Fälle scheinen mir mit dem Bauordnungsrecht regelbar zu sein, wenn die Nutzung nicht der Baugenehmigung entspricht. Daneben gibt es Leerstandsfälle, die auch mit einem zusätzlichen Verbot nicht lösbar sind: unklare oder konflikthafte Nachlass- oder Familienrechtsfälle, Teilungsversteigerungen, steckengebliebene Bauarbeiten. 70-80 Fälle sind bei über 400.000 Wohnungen eine vernachlässigbare Größe.

  • Der Leerstandsmelder Frankfurt weist aber weitaus mehr Fälle auf als 70 bis 80. Die reelle Leerstandsquote liegt ganz sicher nicht bei unter Null. Sehr interessiert wäre ich vor allem, wenn man nur die Viertel Westend, Nordend, Sachsenhausen, Bornheim, Ostend, Innenstadt und Bockenheim beleuchten würde.


    Absichtlicher Leerstand bei akuter Wohnungsnot ist keine nachhaltige Stadtpolitik, besonders nicht in Zeiten von AirBnb und anderen Zwischennutzungsangeboten, Zweit-/Dritt-/Viertwohnungen und einer starken Zunahme an Single-Haushalten (Frankfurt als Single Hauptstadt Deutschlands), die den Wohnungsmarkt leer fegen.

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    Ich habe mir den "Leerstandsmelder" mal näher nagesehen... sieht erst mal nach viel aus.. aber etliche Meldungen sind aus 2012/13, vieles offensichtlich veraltet, e.g schon wieder bebaut etc. aus meiner Sicht keine Quelle aus der man etwas sinnvolles ableiten kann.

  • Daneben gibt es Leerstandsfälle, die auch mit einem zusätzlichen Verbot nicht lösbar sind: unklare oder konflikthafte Nachlass- oder Familienrechtsfälle, Teilungsversteigerungen, steckengebliebene Bauarbeiten.

    Diese Fälle gibt es in München, Hamburg, Düsseldorf und Berlin auch zuhauf und dennoch sah man sich dazu veranlasst den spekulativen Leerstand viel aktiver zu bekämpfen als es in Frankfurt der Fall ist. Der absichtliche Verfall von Immobilien sollte kein Kavaliersdelikt sein, sondern ist ein Sicherheitsrisiko für die gesamte Umgebung.


    Das Thema Vermüllung, Verfall und Sauberkeit / Sicherheit ist für mich DAS Thema der Stadt. Der hessische Sonderweg beim Thema Zweckentfremdung ist schon fast eine Politik gegen die Bewohner Frankfurts, Wiesbadens, Darmstadts, Marburgs, etc.

  • In München ist das Zweckentfremdungsverbot so erfolgreich, dass es sogar schärfer gefasst werden soll.

    Dort ist die Zweckentfremdung allerdings aufgrund des lukrativen "Medizintourismus" aus Nahost ein (medial gut verkaufbares) Problem geworden. Das sind auch die Fälle wo die Strafen (i.d.R. dann von einem Gericht) in den fünfstelligen Bereich gingen bzw. bereits Zwangshaft für Uneinsichtige verordnet wurde. Von den 350 erfolgreich beendeten Zweckentfremdungen 2019 waren 145 auf Leerstand, 107 auf Ferienwohnungen und 98 auf Gewerbenutzung zurückzuführen. Bei 820.000 Wohnungen im Stadtgebiet sind das winzige 0,05 %.


    Wenn es um das knappe Wohnraumangebot insgesamt geht, kommt man an Erhaltungssatzungen in den Kerngebieten und insbesondere zügigerem Wohnungsneubau in der Peripherie oder via Nachverdichtung in bestehenden Siedlungen nicht herum. Hier hat Deutschland Luft nach oben, wobei Frankfurt mit München 2021 sowieso die höchste Neubauquote pro Kopf hatte. Selbst eine Abkehr vom "Frankfurter Sonderweg" wäre daher ein Tropfen auf den heißen Stein, m.E. liegen die großen Hebel woanders (politischer Wille, lange Baurechts- und genehmigungsverfahren, Grundstücksspekulation etc).


    Trotzdem ist es natürlich gut und sinnvoll, Zweckentfremdungen nachzugehen, zum einen für Mieter, die sich um ein paar mehr Wohnungen auf dem Markt freuen, und zum anderen, weil sich niemand mit der rechtswidrigen Nutzung von Wohnraum dauerhaft bereichern können sollte.

  • Ich habe mir den "Leerstandsmelder" mal näher nagesehen... sieht erst mal nach viel aus.. aber etliche Meldungen sind aus 2012/13, vieles offensichtlich veraltet, e.g schon wieder bebaut etc. aus meiner Sicht keine Quelle aus der man etwas sinnvolles ableiten kann.

    Es steht hier Aussage gegen Aussage. Die hessische Landesregierung sagt die Leerstandsquote ist niedrig und daher gibt es keinen Handlungsbedarf. Die Stadtregierungen von Frankfurt, Wiesbaden und Kassel oder der deutsche Mieterbund stimmen hier aber nicht zu und möchten wissen wie diese rosige Leerstandsquote zustande kommt, da sie selber keine Leerstands-Datengrundlage erheben dürfen bzw können.


    Aus meiner Sicht gibt es einen Grund warum man in Berlin / München / Hamburg / Köln / Düsseldorf / Stuttgart den Wohnungs-Leerstand bekämpft. Scheinbar wollen es die dortigen Wähler und Steuerzahler so. Die jährliche Rettung von 24.000 qm Wohnfläche in München durch ein Verbot von Zweckentfremdung finde ich deutlich besser als 18 Jahre widerspruchsloser Wegfall von Wohnungsbestand in Bestlagen, wie in Frankfurt (besonders da sich absichtlicher Immoblienleerstand auch noch von der Steuer abschreiben bzw. absetzen lässt).

  • Golden Age , volle Zustimmung, ohne vernünftige Daten kann man keine vernünftige Politik machen, und es sollte ein Ziel und Aufgabe der Stadt / des Staates sein diese Daten zu erheben und Handlungen abzuleiten. Der "Leerstandsmelder" ist (leider) als Referenz nicht geeignet.

  • (besonders da sich absichtlicher Immoblienleerstand auch noch von der Steuer abschreiben bzw. absetzen lässt).

    Tut er nicht, man muss dem Finanzamt nachweisen, warum die Wohnung leer steht oder belegen, dass man tatsächlich auf der Suche nach einem Mieter ist. Zu marktüblichen Konditionen. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass das FA hier mittlerweile sehr streng nachhakt und sich nicht einfach abbügeln lässt. Eine aus "Liebhaberei" gekaufte und leerstehende Immobilie lässt sich nicht abschreiben.

  • Wenn man Baustellenbilder von Schonhof-Viertel, Rebstockpark und Ex-Avaya-Gelände im Gallusviertel sieht und dann die Berichterstattung über die zukünftige Josefstadt liest, kommen irgendwie Zweifel auf, ob die Konzentration von so viel Zeit, Ressourcen und Geld auf die Josefstadt wirklich der beste Weg für die Stadt ist Wohnraum zu schaffen. Mal zum Vergleich:


    - Josefstadt: ca. 8.600 Wohnung und 15-20 Jahre Entwicklungszeit


    - Schönhof-Viertel: 2.000 Wohnungen

    - Rebstockpark: 900 Wohnungen

    - Ex-Avaya-Gelände a.k.a. "Franky": 1.300 Wohnungen


    Alleine diese drei Gebiete werden ca. 4.200 Wohnungen bieten (mit erheblichem Anteil geförderter Wohnungen), also halb so viel wie der neue Stadtteil an der A5, und sind aktuell alle gleichzeitig im Bau. Zwei der drei Flächen sind eigentlich Konversionsflächen mit ehemaliger gewerblicher Nutzung und Rebstockpark ist eine baurechtliche Konversionsfläche wo vorher Büroflächen im B-Plan vorgesehen waren. Oder nicht?


    Es drängt sich der Eindruck auf, die Stadt sollte sich viel mehr auf solche Gelegenheiten mit privaten Partnern konzentrieren, denn die 4.200 Wohnungen oben beinhalten noch nicht einmal die ganzen Projekte im Gallusviertel1) oder dem Ostend um den Ostbahnhof herum2). Dann läge die Gesamtzahl wahrscheinlich in der Nähe oder oberhalb der 8.600 Wohnungen in der Josefstadt, der ca. 6.000 Wohnungen auf dem Riedberg oder den ca. 6.000 Wohnungen im Europaviertel.


    1) DAF Karte:

    Adler Quartiere - 430 Wohnungen

    The Urban - 84 Wohnungen

    Henrix - 152 Wohnungen

    Bright Side - 412 Wohnungen

    Wings - 239 Wohnungen und 340 Serviced Apartments

    Lahnsche Höhe - 237 Wohnungen

    Seven Houses - 300 Wohnungen

    Alea - 300 Wohnungen

    FRANK - 238 Wohnungen

    The Fizz - 390 Serviced Apartments

    Summe Gallusviertel - mind. 2.400 Wohnungen und 730 Serviced Apartments


    2) DAF Karte:

    Hafenpark Quartier Ost - 250 Wohnungen

    Hafenpark Quartier - 500 Wohnungen

    Mayfarth Quartier - 75 Wohnungen

    Ferdinand -140 Wohnungen

    Oststern - 400 Wohnungen

    Drei Horizonte + ABG Teil - 270 Wohnungen

    Schwedler Gärten - 400 Wohnungen

    The East - 180 Wohnungen

    Summe Ostend - mind. 2.200 Wohnungen


  • Also, der "Leerstandsmelder" hat seit 2011 mein Elternhaus im Programm (immer bewohnt seit 1884), sowie das von mir gemietet Büro im Westend seit 2012 und 2 Gebäude die Freunden von mir gehören. Habe auf alles seit mehr als 10 Jahren immer wieder gemeldet, weil beispielsweise unser Büro auf "Linken" Seiten als potentiell zu besetzendes Objekt geführt wird wegen dem Leerstandsmelder. Die Polizei ist auch seit 2017 informiert und hat mit uns genau wegen dieser Seite eine Vereinbarung. Aber toll, dass das immer wieder als Referenz angeführt wird.

    PS. Ironie der Geschichte ist, dass mein Vater die AG Westend mit gegründet hat und 50 Jahre gekämpft hat, und seit 10 Jahren am Pranger steht mit Verweis auf die AG Westend ;)

  • Von mir aus ist der Leerstandsmelder vielleicht nicht die beste Referenz, aber Leerstandsmeldung ist doch bitte kein “linkes” Spezial-Thema. Das Zweckentfremdungs Verbot wurde bspw. im CSU-geführten Bayern erfolgreich umgesetzt. Es ist Hessen, das bald das einzige Bundesland ohne Zweckentfremdungs Verbot sein wird. Finde es somit völlig legitim hieran Kritik zu üben.


    Mir kommt in dieser Diskussion auch zu kurz, dass stadtbekannte Immobilien Investoren wie der mittlerweile verstorbene Heinrich Gaumer (weiterführender Artikel) sehr wohl die Laissez Faire Verhältnisse in Frankfurt bei Wohnimmobilien systematisch ausnutzen. Mir kann keiner erzählen, dass es sich bei Gaumers vielen Dauerleerstands Wohn-Immobilien um einen seltenen Einzelfall handelte. Wer “clever” ist, hat es sogar als Anschauungsunterricht genommen.

  • porteño:

    Ja klar sind die Konversionsflächen der bessere Weg, um kurzfristig Wohnraum zu schaffen. Aber wenn die Prognose der Bevölkerungsentwicklung auch nur annährend zutrifft, braucht es halt auch noch langfristige Pläne zusätzlich. Man kann ja das eine tun, ohne das andere zu lassen.