Neugestaltung Hardenbergplatz und Huthmacherhaus

  • Das denkmalgeschützte Huthmacher-Haus soll nach Plänen des Hamburger Investors „Newport Holding“ abgerissen und durch ein 95 Meter hohes Bürohaus ersetzt werden. [...] Der Neubau soll von der Ästhetik der 60er Jahre inspiriert sein.


    Quelle: https://www.tagesspiegel.de/be…macher-haus/23590596.html
    siehe auch: https://www.tagesspiegel.de/th…geht-weiter/23590836.html


    Schade um das Giraffenhaus. Was den Entwurf betrifft, bin ich unentschlossen. Einerseits finde ich es gut, dass man sich am Vorgänger orientiert. Giraffenhaus, Zoopalast und Bikinihaus bilden ein Ensemble des Wiederaufbau-Berlins, das städtebaulich seine eigene Qualität hat. Also ist es richtig, wenn der Neubau eine ähnliche Kubatur bekommt. Auch die Architektur des Entwurfes mit den Y-Säulen und den schwebenden Obergeschossen gefällt mir.


    Andererseits ist mir das Ganze zu groß: Dafür, dass es nur 25 Meter niedriger als seine Nachbarn werden soll, ist es zu breit. Es schränkt die Wirkung der Breitscheidplatz-Türme ein. Zehn Meter weniger in Höhe und Breite fände ich passender. Außerdem ist mir die Fassade – soweit man das anhand der Visus beurteilen kann – zu ebenmäßig und zu glaslastig. Die Schmalseiten mit den großen Bullaugen und der Dachabschluss haben was, auch die Durchbrechung mit den Kreuzstreben á la Luxemburg-Stiftung ist ganz originell – der Rest erscheint mir bissel langweilig...

  • .. Giraffenhaus, Zoopalast und Bikinihaus bilden ein Ensemble des Wiederaufbau-Berlins, das städtebaulich seine eigene Qualität hat. ..


    Das von dir erwähnte Ensemble ist als solches heute ja garnicht mehr erfahrbar. Das in deiner Aufzählung fehlende Schimmelpfenghaus, meiner Meinung nach der optisch wichtigste Vertreter dieses Ensembles existiert nicht mehr, das Bikini-Haus ist völlig verhunzt worden und hat jegliche Eleganz verloren, weil das Luftgeschoss zugebaut wurde und es so seinen Namen nicht mehr verdient, der Zoopalast sieht aus wie ein runtergekommenes GI-Kino und das Giraffenhaus hat alle Typik seiner Entstehungszeit durch die Dämmfassade verloren.
    Ein Fragment eines Ensembles, das so also nur noch von bauhistorisch vorgebildeten Menschen erahnt werden kann.
    Somit finde ich einen Bezug darauf auch nicht mehr nachvollziehbar und stehe allem Neuen was an diesem entscheidenden Schnittpunkt in der City West gebaut werden könnte erstmal aufgeschlossen und erwartungsfroh gegenüber. :)
    ... und wie gesagt man muss über den Bahndamm hinaus die Planung für den TU-Campus miteinbeziehen, sonst bleibt die Ecke hier ewig in einer Hinterhofsituation schlummern.

  • Andererseits ist mir das Ganze zu groß: Dafür, dass es nur 25 Meter niedriger als seine Nachbarn werden soll, ist es zu breit. Es schränkt die Wirkung der Breitscheidplatz-Türme ein. Zehn Meter weniger in Höhe und Breite fände ich passender.



    Ich hoffe auch, dass es so nicht kommt. Das wäre wirklich mal eine Wand, wie sie schon so oft für die gleichhohen Häuser am Alexanderplatz befürchtet wurde.


    Auch die Architekten scheinen das schon zu ahnen, das sie selbst im Rendering die Breite durch Bäume kaschieren.

  • Ich finde weder, dass hier bislang etwas verhunzt wurde, noch stimme ich der zunehmenden Kritik an diesem Entwurf zu.


    Ja, es ist von der Kubatur her zunächst mal ein monumental riesiger Kasten. Dafür gefallen mir persönlich die Details sehr gut. Die Kombination aus horizontaler Massigkeit/ Gewaltigkeit und der ebenso prägnanten vertikalen Unterteilung schafft eine enorme Präsenz. Allerdings nehme ich diese - zumindest auf den Visualisierungen - gar nicht mal negativ wahr. Denn der obere Riegel scheint tatsächlich zu schweben und besitzt so in seiner Massigkeit zugleich auch eine paradoxe Leichtigkeit. Vielleicht würde das Ganze noch besser wirken, wenn man dem unteren Teil eine massivere Fassade verleiht. Aber auch so bricht es das Ganze etwas auf. Auch das öffentliche obere Stockwerk wird optisch hervorgehoben und betont. Trotz der Breite und Höhe nimmt man so zugleich auch die Übergänge und somit eine gewisse Dynamik wahr. Die verspielten schmalen Seiten gefallen mir auch sehr gut. Keine Ahnung, ob das so funktional sinnvoll ist. Aber es ist einfach mal was anderes und mE auch nicht zu gewollt. Generell sind die Stilmittel prägnant aber nie zu dick aufgetragen. Tatsächlich finde ich es insgesamt sogar elegant und dynamisch. Die schräge Ansicht ist mein Favorit.


    Die Gegend insgesamt hat mE nur gewonnen. Der einstige Glanz war doch längst angestaubt und piefig sowie teils verlottert. Bis auf die Gedächtniskirche und das Europacenter als erstes modernes Hochhaus Deutschlands (Europas?) war da mE wenig erhaltenswert. Inzwischen sind im Umfeld doch einige spannende und vielfältige Neubauten entstanden. Einige eher vertikal gegliedert (Zoofenster, Upper West, Hotel Concorde) und andere mehr horizontal (Bikini), wieder andere eine Mischung aus beidem (Jahns neues Kranzlereck, Swissôtel das neue Projekt). Da sind schon viele reizvolle Hingucker darunter. Ich trauere dem alten Bestand nicht nach. Man kann das alte Flair nicht immer in die Zukunft retten. Manchmal muss man mutig sein. Das würde ich mir bspw beim Alex auch viel stärker wünschen. Ironischerweise wird der mE gerade durch den unverhältnismäßigen Bestandsschutz erheblich gehemmt.

  • Der monotone Riegel im 60er Retrodesign verschattet doch massiv den Zoo. Ich glaube nicht, dass das eine Chance hat. Auch wenn das Design gut auf Frau Lüscher zugeschnitten ist.

  • ^ Das Gebäude steht in Nord-Süd-Ausrichtung mit der längeren Seite. Es ist also voller Lichteinfall von Sonnenaufgang bis mindestens 16 Uhr zu erwarten.

  • Mir gefällt der Entwurf wirklich sehr gut. Ich denke Jan hat das sehr gut beschrieben.
    Allerdings befürchte ich, dass 90 Meter Höhe die Dominanz dieses Gebäudes schon ziemlich verstärken wird, inwieweit das störend wirken mag, kann ich aufgrund von Visualisierungen noch nicht beurteilen.


    Ehrlich gesagt kann ich mir auch nicht vorstellen, dass die Höhe genehmigt wird oder es zumindest ziemlich lang dauern wird bis das durch ist.
    Beim Zoom (ehemaligen Aschingerhaus nebenan) hat Hines auf ein höheres Gebäude verzichtet, weil die Genehmigungsphase zu lange dauern würde.


    Wie sieht es hier aus? Weiß das jemand. Das Hutmacherhaus hat so 60 Meter Höhe, die 90 Meter müssen doch auch erst genehmigt werden, oder?
    Ist es überhaupt sicher, dass ein Neubau entstehen wird? Ich habe mehrere Artikel gelesen, dass es hier massive Widerstände gibt von Denkmalamt usw.


    Ich denke das wird sich noch etwas hinziehen bis eine Entscheidung fällt.

  • Hier muß ich mich den Kritikern anschließen. Streng genommen würde hier also ein Gebäude aus den 50ern abgerissen werden (gute Idee), um es danach mit einer „versöhnenden“ Hommage an die 60er zu ersetzen. Und das im 21 Jahrhundert…
    Also eine weitere Episode des in Deutschland (?) zunehmend beliebten Trends der 50/60er Retro-Architektur. Hier sollte Berlin mMn aber wirklich vorsichtig sein. Die Zeiten haben sich geändert und die Konkurrenz (etliche Großstädte im Ausland) bauen oftmals wesentlich zukunftsorientierter, ohne stur eine Rückwärtsgewandtheit mit einer angeblich zeitlosen Architektur zu zementieren, die von vielen Menschen oft als nicht besonders attraktiv empfunden wird und die in großen Teilen auch gescheitert ist - so wie vielleicht der Bestandsbau selbst.
    Zumindest das Luftgeschoss mit dem Café finde ich richtig gut. Ansonsten bleibt zu hoffen dass hier etwas anderes realisiert wird.

  • Kein anderes Jahrzehnt hat - sogar weltweit gesehen - mehr architektonische Grausamkeiten hervorgebracht als die 60er Jahre. Dass man sich nun einmal mehr ausgerechnet in diesem Jahrzehnt meint, bedienen zu müssen, zeigt schlicht die totale Verblendung in Architektenkreisen und das sehr verquere Denken.


    Man baut einmal mehr am natürlichen menschlichen Geschmack vorbei, der an dieser Stelle einen solchen neuen hohen Riegel nicht vorsieht. Es stellt sich daher die Frage, ob das Huthmacherhaus überhaupt einen Nachfolger braucht. Jedes neue Haus in ähnlicher Höhe wäre eine neue Riesenwand und würde wieder nur Abschottung zwischen Bikinihaus/Zoopalast und Bahnhof darstellen. Allenfalls die Vorkriegshöhe und dann auch nur in Nichtriegelform wäre unter Umständen noch akzeptabel (http://filmtheater.square7.ch/…fa_Palast_am_Zoo_1939.jpg).

  • ^ "am natürlichen menschlichen Geschmack" - sind Geschmäcker nicht natürlicherweise verschieden und wer entscheidet womit und wodurch welcher natürlich ist und welcher unnatürlich?
    Hat Theseus532 einen unnatürlichen Geschmack, weil ihm der Entwurf sehr gut gefällt?

  • Bingo! Hat ja nicht lang gedauert, bis man sich am natürlichen menschlichen Geschmack erhebt.


    Und: Ja, wenn ich aus dem Bahnhof trete und unmittelbar eine Riegelwand vor mir habe, fühle ich mich unwohler, als wenn ich keine Riegelwand vor mir habe. Und das wird definitiv nicht nur mir so gehen.

  • Bingo! Hat ja nicht lang gedauert, bis man sich am natürlichen menschlichen Geschmack erhebt.


    Ja, und? Was zeigt das? Ich habe ja selbst die Größe des Riegels kritisiert, aber ich würde mir niemals anmaßen, mein Eindruck spiegele den "natürlichen menschlichen Geschmack" wider. Sind denn Theseus, Jan & Co. denaturiert, wenn Sie es anders sehen als Du? Oder steht gar ihre Zugehörigkeit zur menschlichen Gattung in Frage? Argumentativ beruht Dein Beitrag auf einem "dogmatischen Fehschluss": Du erhebst Deinen Geschmack in den Stand des "natürlich menschlichen", woraus sich dann die "Widernatürlichkeit" des Entwurfs und die "Verblendung" der Architekten ableiten lassen – ohne, dass Du das noch weiter zu begründen brauchtest.


    Wobei ich übrigens nicht der Meinung bin, Schönheit liege allein im Auge des Betrachters. Die Sache ist nur einigermaßen kompliziert. Wenn man der These einer angeborenen Ästhetik folgen will (ich bin mir da unsicher), dann sollte man das nicht brachial tun, sondern in einer reflektierten, abwägenden Art und Weise, wie es Der Schüler hier vorführt.

  • Du kannst es drehen und wenden, wie Du willst, Stadtstrukturen und Gebäude, die in dieser Epoche entstanden sind, hatten nicht den Menschen im Blick, sondern in erster Linie das Auto und in zweiter Linie das Baumaterial. Der Mensch hatte allenfalls eine Nebenrolle, weswegen diese Bauepoche von der allergrößten Mehrheit der Menschen verabscheut wird.

  • ^ Das ist a) sehr verkürzt und b) ein völlig anderes Thema als "natürlicher Menschengeschmack". Und die Ausrichtung der Stadt aufs Auto wird leider keineswegs "von der allergrößten Mehrheit der Menschen" abgelehnt, sondern vehement verteidigt.

  • ^ Es wird nicht verteidigt weil es so toll ist, sondern weil es halt keine andere Möglichkeit gibt. Wenn man zu Fuß alles erreichen kann nutzt man auch kein Auto.


    Das Wort "Bausünde" wurde erst nach dem WWII existent weil in Deutschland dann Architekten sich ausleben konnten und ihre Visionen in den Städten im wahrsten Sinne des Wortes "zementiert" und ihre isolierten Solitäre umgesetzt haben!
    => Das hat als Ergebnis das man egal was man vorhat nun ins Auto steigen muss, bzw. das die Gebäude halt nichts mehr mit ihrer Umgebung zu tun haben.


    Nun ok, Fehler kann jeder mal machen aber schlimm ist, dass aus den Fehlern nicht gelernt wurde sondern jetzt wieder solche Blöcke gebaut werden.

  • ^ Bitte nicht alles durcheinander werfen: Scheibenhochhäuser wie das bestehende Huthmacherhaus und sein geplanter Nachfolger stammen als Bauform zwar aus derselben Zeit, in der auch die autogerechte Stadt Konjunktur hatte. Das heißt aber nicht, dass Bauform und Autogerechtigkeit ursächlich miteinander verbunden wären. Was würde es denn am Verkehrsaufkommen ändern, wenn statt einer Büro-Scheibe drei Büro-Türme entstünden? Nischt. Das Problem ist die Funktionstrennung, und die hat mit der konkreten Architektur wenig zu tun. (Für die Philosophiefreunde hier: In der Genese schon, in der Geltung nicht.)


    Aber um Autogerechtigkeit geht es hier auch gar nicht. Es geht um einen konkreten Entwurf, den man mögen kann oder nicht. Um seine Haltung zu begründen, braucht es Argumente. Dass er dem "natürlichen menschlichen Geschmack" widerspreche, ist aber kein Argument; dass nach 1945 der Begriff "Bausünde" eingeführt worden sei, ist auch keines. (In der Renaissance hielt man übrigens gotische Kathedralen für Bausünden, da Ausdruck finstersten Mittelalters. Aber das nur nebenbei zum Thema "natürlicher Geschmack"...)

  • Ich finde es leidlich absurd aus der City-West ein Westentaschen-Frankfurt machen zu wollen - das trägt doch das ganze Areal gar nicht und wird in der nächsten Büroflächenflaute wieder eine große Jammerei und man wird zurecht über die mangelnde Weitsicht der heutigen Zeit schimpfen.


    Alles ist allem ist das eine Modernisierung des Zustandes der 1960er Jahre. Die Funktionsmängel der Mononutzung und Nutzungstrennung werden damit nicht gelindert.

  • ^ Zuerst mal - Sprüche über vermeintliche Leerstände jedes Bürobaus (besonders mit Geschossigkeit) kommen für gewöhnlich aus der linken Ecke, die genauso Sprüche gegen jede Rekonstruktion parat hat - als ob sämtliche Bautätigkeit nur noch langweilige Flachbauten mit Sozialwohnungen bedeuten könnte. Nachdem ich so oft belege, dass in jeder größeren Stadt der Welt, besonders auch in Europa, Nachverdichtung u.a. mit Hochhäusern (im Idealfall an ÖV-Knoten) stattfindet, finde ich Assoziationen mit Frankfurt oder Manhattan enttäuschend - geht die ganze Mühe ins Leere? Die Erschliessung am Bahnhof Zoo ist nicht schlechter als am Alex und genauso sind dort Hochhäuser angesagt, die auch 90 Meter und darüber erreichen können.


    Gleich zum TH-Campus in der Gegend (City West) - die in einem der Threads verlinkte Visualisierung finde ich langweilig. Wenn auf dem Areal einige Hochhäuser geplant sind, was angeblich gegen die Bestrebungen der TH sein sollte - wieso sollte die Uni nicht selbst welche bauen? Die einst meine hat einige, meine erste Bauwesen-Fakultät war im 11-geschossigen Hochhaus untergebracht. Denkbar sind auch Hochhäuser mit Studentenwohnungen, etwa in Bochum soll am HBf ein mit 21 Geschossen, 67 Metern und 400 WE entstehen.


    Hat es Sinn, die Areale auf beiden Seiten der Bahngleise hier separat zu betrachten, wenn sie u.U. zusammen ein Hochhauscluster bilden könnten?


    Jetzt zum Entwurf dieses Turms - selbst wenn man eine Wiederaufwärmung der 1960er Jahre als Hommage schönreden möchte, sonst ist die Welt viel weiter, sieht man übrigens auch an den zwei Türmen in der Gegend. Mich stört hier genauso die uninspirierte Gestaltung der breiten Seiten wie auch die blinden Wände der Schmalseiten, die mit den großen runden Fenstern unzureichend kaschiert werden. Die Architekten sollten sich von den 1960gern ganz lösen, dann neu anfangen. Die Gastronomie samt Terrasse wäre übrigens besser ganz oben untergebracht und nicht irgendwo in der Mitte, auf Kosten der Proportionen beider Teile.

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  • ^ Mit "Hommage" ist ja nicht die Schönheit der Handlung gemeint. Der Kontext war ja zudem ganz klar kritisch. Also kein Schönreden.
    Die Feststellung, dass man im Ausland vielerorts weiter ist, hatte ich ja auch angesprochen. Wobei das Zoofenster für mich kein zukunftsweisender Bau ist. Eher im Gegenteil.