U-Bahn/S-Bahn/Tram - Planungen, Konzepte, Ideen

  • Das ist leider typisch Berlin. Die BVG schreibt von einer Vision 2050+ und hat mE nirgendwo erklärt, dafür den Tram-Ausbau einzudampfen. Dazu kennt wohl niemand besser die überlastete Verkehrsinfrastruktur und die Hürden bei deren Ertüchtigung als eben die BVG selbst:

    - Man kann den Takt auf der bestehenden Schiene (U+S) erhöhen und schafft etwas Entlastung. Nur hilft das niemandem in der hiervon unerschlossenen Peripherie der Stadt.

    - Man kann weitere Busse und Trams ins Rennen schicken (neue Linien und neue Taktung). Aber die müssen sich auch erst einmal durch den Verkehr kämpfen. Schon jetzt kommen die sogenannten Metro-Linien gerne mal nach 20-30 Minuten und dafür dann gleich im Pulk.


    Es ist mE überfällig, mal ein paar Vorschläge auf den Tisch zu legen, die man dann sukzessive prüfen und selektiv umsetzen kann. Aber natürlich springt immer gleich irgendeine Lobby an, die alles tot redet. So wird das jedenfalls nichts mit der vielbeschworenen Verkehrswende. Bus und Tram schlägt das Auto jedenfalls in aller Regel schon noch. Die sollten aufgrund von Tempodefizit und Personalaufwand wirklich zunehmend für die Feinerschließung und Zubringerfunktionen genutzt werden, nicht als Universalrezept für eine Stadt von rund 900 Quadratkilometern Fläche und 3,5-4 Mio Einwohner zzgl. boomendem Umland und Tourismus. Wenn man die Leute/Autos von der Straße bekommen will, muss da schon ein wenig mehr kommen.


    Und seit die Bevölkerung sowie der Tourismus so stark wachsen, kann man sich auch nicht mehr ewig auf dem relativ guten Bestandsnetz ausruhen und die bekannten Defizite/Engpässe ignorieren. Man hätte mE schon längst die entsprechenden Planungen anlaufen lassen sollen. Jetzt ist dafür im wahrsten Sinne des Wortes höchste Eisenbahn, pardon U- oder auch S-Bahn...

    4 Mal editiert, zuletzt von jan85 () aus folgendem Grund: Rechtschreibung und Grammatik sowie klarere Bezüge

  • Die Maximalplanung der BVG mach Hoffnung dass sich die konstruktiven Kräfte in Berlin wieder durchsetzen. Nach gescheiterter Ideologie am laufenden Band und einer nicht mehr existenten Verkehrspolitik scheint ein Paradigmenwechsel anzubrechen.

    Die U-Bahn ist (und da wiederhole ich mich zum x-ten Mal) der entscheidende Faktor um Verkehr als Ganzes in Berlin überhaupt in Griff zu bekommen. Alles andere (Tram, Bus, etc.) ist nachranging und auch so zu behandeln. Wir sind durch den grünen Verkehrssenat um Jahre zurückgeworfen worden, da stimmt es hoffnungsvoll, dass man sich innerhalb der BVG zumindest Gedanken macht und nicht im Klein-Klein verharrt wie in der Vergangenheit.

  • Die Berliner Zeitung erläutert den BVG-Entwurf mal erfrischend sachlich.

    - Die Vision 2050+ läuft unter dem Titel "Expressmetropole Berlin" und soll rund 1 Million Berliner speziell in den Außenbezirken an schnelle Direktverbindungen durch die Stadt anschließen.

    - Das heutige Netz erschließe überproportional die Innenstadt, weshalb man laut Entwurf gerne alle 9 bestehenden Linien sukzessive nach außen verlängern würde (5 davon sogar an beiden Enden).

    - Zusätzlich zu diversen neuen Kreuzbahnhöfen mit dem bestehenden U- und S-Bahn-Netz inklusive S-Bahn-Ring könnte ein weiter Außenring parallel zu besagter Ringbahn entstehen. Damit wären dann auch die Außenzentren verbunden, u.a. "Schöneweide, Karlshorst, Tierpark, Antonplatz, Pankow, Jungfernheide, Westkreuz, Steglitz, Mariendorf und Buckow".

    - Der Plan sieht keinen systematischen Wegfall von Tram und Bus vor, sondern vielmehr gerade bezüglich bestehender Straßenbahnausbauprojekte eine "konsequente Weiterplanung und schnellstmögliche Umsetzung" (Lückenschlüsse sowie Erweiterung in Richtung Westen), während auch neue Express- und Metrobusse (X + M-Linien) bis hinter die Stadtgrenzen vorgesehen sind. Trams und Busse sollen das "Expressnetz" der Bahnen somit gezielt ergänzen und laut BVG "für eine schnelle Anbindung der Kieze an die Bahnhöfe der U- und S-Bahn sowie für kurze Querverbindungen" sorgen.

    - Es handelt sich erkennbar um einen Denk- bzw. Diskussionsentwurf ohne konkrete zeitliche oder finanzielle Rahmenplanung.


    Die Berliner Zeitung misst dem Ganzen übrigens keine großen Chancen zu und führt auch viele kritische Stimmen ins Feld.


    Diese Kritik macht es sich mE relativ einfach:

    - das Ganze sei mehr oder weniger eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Verkehrsplaner (anders herum wird auch ein Schuh draus: man hat eigens Planer eingestellt, damit man mal irgendwo ansetzen kann - aber klar, dass dann nicht alles auch wirklich exakt so bestellt und umgesetzt wird)

    - Der größenwahnsinnige Plan werde mindestens 35 und maximal bis zu 40 oder 50 Mia kosten. Dafür könne man auch "bis zu 1.700 km" Tram errichten (da muss man die Kosten mE aber schon auf die langen Zeiträume, langfristigen Nutzen etc. umrechnen und den potentiellen Gegenwert mit dem von Trams vergleichen, zumal eine Komplettverwirklichung eh unwahrscheinlich ist - s.o.).

    - Die Verlängerung der U5 habe 11 Jahre gebraucht und über 500 Mio gekostet (mE nicht die beste Referenz für bspw. eine Verlängerung der U7)

    - Man müsse endlich mehr umsetzen statt neu planen (kann man zumindest zunächst auch parallel und das sollte man auch unbedingt, wenn die bisherigen Pläne nicht weit genug reichen)

    - bei der Umsetzung werde man sich u.a. mit dem Tram-Ausbau ins Gehege kommen, da es nicht unendlich Geld, Personal und Bauinfrastruktur gebe (immerhin mal ein wirklich vernünftiger Einwand, wobei man dann eben priorisieren muss und ohnehin von einem sehr, sehr langfristigen Zeithorizont ausgewählter Teilstrecken ausgehen muss)

    - die Nachfrage reiche auf den zu erschließenden Strecken gar nicht aus (was von Fall zu Fall zu klären wäre)

    - U-Bahnbau sei aufgrund des CO2-Aspekts künftig gar nicht mehr möglich (kann ich nicht beurteilen)


    Sehr schade, dass es für die meisten Kommentatoren nur ein "entweder ganz oder gar nicht" zu geben scheint. Auch wenn es einen integrierten Konzeptentwurf gibt, kann man doch Teilelemente priorisieren und andere ggf. zumindest mal prüfen.


    Interessanter Nebenaspekt: Die Berliner Zeitung berichtet, dass einige ÖPNV-"Fans" speziell der IGEB-Führung eine "persönliche Aversion" gegen den U-Bahn-Bau vorwerfen. Leider klingt das ohne konkrete Anhaltspunkte wenig greifbar, etwas gewundert hat mich die radikale Ablehnung des Diskussionsentwurfs aber doch auch.

    Einmal editiert, zuletzt von jan85 ()

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    Zu den "Einwänden":

    - die Nachfrage reiche auf den zu erschließenden Strecken gar nicht aus (was von Fall zu Fall zu klären wäre)

    - U-Bahnbau sei aufgrund des CO2-Aspekts künftig gar nicht mehr möglich (kann ich nicht beurteilen)

    Beim aktuellen Bau der U5 nach Pasing in München, sowie der neuen U5 in Hamburg fließt das Thema Nachhaltigkeit bei der Erstellung der Bauwerke bereits in die Kosten/Nutzen-Rechnung mit ein, die Berliner Zeitung weiß das wahrscheinlich nicht. Im Ergebnis sind beide Vorhaben wirtschaftlich. In der neuen Berechnungsmethode der standardisierten Bewertung werden weitere begünstigende Faktoren angenommen, damit das Thema ÖPNV-Ausbau Fahrt aufnimmt. In Summe ist der Nutzen jetzt trotz CO2-Aspekt bei Vorhaben in Nürnberg, München und Hamburg sogar größer als vorher! Abgesehen davon, wird sich bei der Betonherstellung auch noch was bewegen. Wer die genannten Projekte in München und Hamburg hinsichtlich des Aufwands und der vorhandenen Besiedlungsdichte vor Ort (U5 Bereich Steilshoop) vergleicht, kommt leicht zum Ergebnis, dass da eine U-Bahn nach Lankwitz, Staaken, MV, Falkenhagener Feld etc. mit Sicherheit auch positiv bewertet werden würde. Aus Untersuchungen der Vergangenheit für Lankwitz und das Falkenhagener Feld bzw. bei Staaken aktuell bewegen sich die Fahrgastzahlen im Bereich von mehr als 40.000 pro Tag, was für einen Endabschnitt eine respektable Größenordnung ist. Überhaupt ist es so, dass sich die Verlängerung bestehender Linien deutlich besser wirtschaftlich darstellt, als der Neubau einer Linie. Bei Letzterem sind die Auswirkungen aufgrund des großen Einflusses einfach schwerer zu kalkulieren.