Axel Springer Medien Campus [realisiert]

  • So viel Mühe bei der Umfeldgestaltung, dieser für mich narzisstischen, überdehnten Kolossalarchitektur?


    Vielleicht versucht man ja bei diesem gescheiterten Versuch von Stadtreparatur an der Stelle etwas wettzumachen.

    Gleich zwei Straßen bekommen hier an der Lindenstrasse durch diese Ultrapostmoderne, selbstbezogene Hirnakrobatik wenigstens ihr dystopisches Entre.


    Mit nervösen Zuckungen an der springerstrasse und mit platt bedrängendem A... zur schützenstrasse, eine treffende Metapher hingewendet zur Stadt die sagt ich sch.. drauf.

    Wie ein eingepferchtes, bedrängtes Tier teilt dieser Bau aggressiv in alle Richtungen aus. Kein Wunder dass da Poller von Nöten sind.


    Mendelsohn hat am Mosseverlagsgebäude in seiner betont modernen Formensprache die Detailverliebtheit von Cremer und Wolfenstein noch umarmt indem er sie gelten lies und sich wenn auch dominant als Ergänzung verstanden.

    Leider wurde auf diesen wertvollen Bau durch diesen Egotrip hier nicht reflektiert.

    Er übertönt in seiner Grossmäuligkeit einfach alles Umgebende.


    Mit seinem rückständigen Geltungsdrang wäre das Gebäude, in dieser Dimension auf der Grünen Wiese oder an einer weitläufigen Piazza besser aufgehoben gewesen - für mich ist’s an dieser Stelle in seiner Grobheit eine Stadtbildliche Zumutung.

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    Ich ziehe ganz gern den Vergleich mit der BMW-Welt in München. Da ist auch jede Menge Geltungsdrang vorhanden und sie funktioniert vermutlich auch nur als Solitär "auf der grünen Wiese" aber sie funktioniert. Es ist wohl vor allem die dunkle Glasfarbe, die dem Gebäude einen klotzigen, groben, fast sinistren Touch verleiht. Darth Vader würde sich dort vermutlich auch wohl fühlen, sein Tie-Fighter könnte bequem auf dem Dach landen. Ich denke der Bau hätte mit einem transparenteren, bläulichen oder grünlichen Glas eine weit bessere Figur gemacht.

  • Das Wort "Schön" kommt mir jetzt auch nicht in den Sinn, wenn ich das neue Gebäude von Springer sehe, aber ich finde es auf jeden Fall spannend und interessant. Und ja, es gefällt mir sogar in seinem Auftreten, irgendwie. Und ich bin ehrlich gesagt froh, dass hier nicht der nächste 0815 Würfel entstanden ist.
    Schön, dass jetzt auch die Arbeiten im Umfeld (Straße/Gehweg) abgeschlossen sind.


    Ich frage mich aber schon seit langem, warum man es am Breitscheidplatz nicht hinbekommt, solche Poller, wie wir sie hier sehen, zu installieren bzw. einzubauen? Dann könnte man endlich diese "Panzersperren" entfernen. Hat da vielleicht jemand mehr Ahnung?

  • OT: Wann kam eigentlich der Begriff dystopisch auf, der jetzt inflationär benutzt wird um seine eigene negative Meinung zu unterstreichen?

    Ich habe das Gefühl, dass alles was nicht mit Gesimsbändern, Erkerchen und Türmchen versehen ist, als Dystopie beschrieben wird. Langweilig!

  • OT: Wann kam eigentlich der Begriff dystopisch auf, der jetzt inflationär benutzt wird um seine eigene negative Meinung zu unterstreichen?

    1747. Als Kunstwort aus Griechisch δυς- und -τόπος, an sich also ‚Un-Ort‘, und als Antonym zu ,Utopie‘. Erstmals in Anonymous: Utopia - or Apollo’s Golden Days. Utopie hatte Thomas Moore 1516 erstmals im Sinne eines idealen Ortes geprägt. Es handelt sich um ein Wortspiel, da im Englischen ‚u-topia‘ (‚nirgendwo‘) und ‚eu-topia‘ (‚guter Ort‘) homophon sind, im Sinne, dass der beschriebene gute Ort nicht existiert.


    Der Gebrauch des Worts steigt seit ca. 1950 inflationär, wahrscheinlich mit der Rezeption von George Orwells 1984, mit der er vielleicht auch ins Deutsche gelangte.


    ‚Dystopie‘ sollte aber nicht als Synonym für ‚Ideologie’ verwendet werden. ‚Hölle auf Erden‘ kommt dem ganzen näher. 😊

  • ^ Ich hatte mich bei Arty Decos Beitrag gefragt, wie denn wohl ein utopischer Todesstern aussähe. Vielleicht mit Blümchen?


    DerBe Bei dem derzeitigen Hang zur überzogenen Metapher bin ich ganz zuversichtlich, dass hier demnächst das erste Gebäude als post-apokalyptisch beschrieben wird. Es ist noch Luft nach oben...

  • Gleich zwei Straßen bekommen hier an der Lindenstrasse durch diese Ultrapostmoderne, selbstbezogene Hirnakrobatik wenigstens ihr dystopisches Entre.

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    Er übertönt in seiner Grossmäuligkeit einfach alles Umgebende.

    zu deiner 1. Aussage: Kannst du bitte erläutern, wo du hier Postmoderne siehst? Dieses Gebäude ist modern ... und nur modern ... und sonst gar nichts. Der Bau wird auch dann nicht postmodern, wenn du das Wort "ultra" davorstellst. Es ist in diesem Forum fast schon normal, dass der Begriff der Postmoderne falsch verwendet wird. Viele meinen, Postmoderne wäre alles, was zeitlich nach der Moderne gekommen ist. Das ist leider falsch! Andere meinen, dass jeder x-beliebige Bürobau aus den 1990er Jahren Postmoderne wäre. Und auch das ist leider falsch. Wer Postmoderne sehen will, sollte sich mal die Gebäude der Berliner IBA 1987 angucken.


    zu deiner 2. Aussage: So allgemein, wie du formulierst, ist leider auch die 2. Aussage falsch. Der Axel-Springer-Campus ist definitiv nicht in der Lage, das benachbarte Springer-Hochhaus zu übertönen. Dazu müsste der Axel-Springer-Medien-Campus höher sein als das alte Springer-Hochhaus.

  • Zu 1: postmodern äussert sich der Bau für mich vor allem durch seine kapriziöse Zerklüftete Fensterlandschaft die nur des Effektes Willen überhaupt existiert.

    Der ganze Bau ist in seinem Selbstverständnis eher skulptural angelegt, die einschneidungen am Baukörper, die vorhangartigen Ausstellungen an der schützenstrasse sind für mich nicht funktionsgebunden klassisch modern sondern dienen lediglich der Effekthascherei.


    Der Bau bricht mit den Ansprüchen der Moderne rationell, aufklärerisch und reduziert zu sein, diese wies auch jedes Erzählerische, jede Metapher und jedes Tradierte Gestaltungselement weit von sich.


    Dieser Bau hier, mit seinen expressiven Elementen mag sicher nicht das Aushängeschild sein für die zahme ibaarchitektur der 80er im Sinne der kritischen Anleihe und ergänzungshaltung. Die postmoderne erschöpft sich auch nicht damit und ist weitaus vielgestaltiger.

    Auch auch das Kanzleramt gilt als postmodern und es ist alles andere als einfühlsam, ergänzend und mit historischen Anleihen.

    Der Springerneubau ist alles andere als zahm und biedert sich auch an keinen umstehenden Bau an, ist absolut selbstgefällig und wächst damit über die ursprüngliche Motivation der Postmoderne trotz der ihr hier innewohnenden Eigenarten hinaus - das macht ihn auch so unversöhnlich.


    Der Springerneubau ist ums mit jameson zu sagen eine utopisch überdimensionierte postmoderne Gebäudeskulptur die aus ihrem Umfeld herausfällt.


    Zu Punkt 2: es geht beim Übertönen für mich nicht in erster Linie darum wer den Größten hat, das Springerhochhaus mag höher ausfallen sieht sich aber in seiner zurückgenommenen, schlichten Gestaltung einem massiven, dunklen gläsernen Block, mit reißerischen Gestaltungselementen, gegenübergestellt.


    Das springerhochhaus hat zwar den Vorteil dass es durch seinen Abstand nicht so konftrontiert wird wie die übrige Bebauung, er büßt aber eben auch an präsenz und Gewicht gegenüber dem Medienkampus ein.

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  • Ich habe keine Ahnung, wie man diesen Bau mit dem Todesstern auch nur assoziieren kann: Kugelrund, hermetisch verschlossen und eintönig grau gegen einen extrem zerklüfteten Quader mit einem Wechselspiel aus trutzburgartigen Außenwänden und weitflächigen Öffnungen, aus Vor- und Rücksprüngen sowie aus unterschiedlich gefärbtem und strukturiertem Glas und Metall, ergänzt mit etwas Beton.


    Wo ich mitgehe: Der Bau erscheint auffällig und präsent. Man kann das sicher als (zu) aufdringlich empfinden. Für mich wirkt es gegenüber den Hochhäusern erfrischend dynamisch und verspielt. Zugleich fügt sich der von den Oberflächenstrukturen trotzdem in den bestehenden Campus ein. Dystopisch finde ich den Bau eigentlich nicht, auch wenn er mich irgendwie immer an eine Explosion denken lässt mit den großen offenen Rissen, den wolkenartig nach außen gewölbten Fensterflächen und den verschlierten Glasfronten (die mich etwas an zäh herabrinnende Druckertinte oder Bildschirme mit Störbildern erinnern). Das Ganze wirkt zugleich aber trotzdem noch zu freundlich mit dem vielen Glas und glänzenden Metallflächen sowie Grün und Außenterrassen. Statt vernichtend erscheint mir diese Explosion wie eine neue Schöpfung. Als Metapher für den Wandel des Verlags ins digitale Zeitalter finde ich das nach wie vor extrem gelungen. Zugleich symbolisiert es mW auch die Deutsche Wiedervereinigung, die ja auch eine Mauer zerfetzt und ein neues Ganzes geschaffen hatte.


    Fazit: Ich bleibe dabei: Für mich erzählt der Bau eine Geschichte. Vielleicht auf laute, aufdringliche Weise. Aber ich finde es nicht zu effekthascherisch, sondern irgendwo stimmig. Das Einzige was mir nach wie vor nicht richtig zusagt, ist der Bauherr. Auch Springer hat teils gute Substanz (u.a. Welt, Sportbild, Computer Bild, diverse StartUps... sind nicht alle Ramsch). Aber die größte Deutsche respektive Berliner Zeitung sind immer noch Bild und B.Z., die ich wenig schätze bis offen verabscheue. Mit der teils niederträchtigen Anti-Drosten-Kampagne ist es auch nicht besser geworden. Ich kann daher verstehen, dass man die Architektur intuitiv mit dem geistigen Inhalt verknüpft. Ich versuche, beides zu trennen. Insgeheim hoffe ich durch den Wandel auch noch auf einen positiveren neuen Springer, bei dem die qualitativ soliden Produkte mehr Gewicht erlangen und man vielleicht irgendwann auch selbst ein anderes Image anstrebt. Mit Blick auf die letzten Jahrzehnte ist dies sicher irgendwo naiv aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

    Einmal editiert, zuletzt von jan85 ()

  • ^ DerBe Bei dem derzeitigen Hang zur überzogenen Metapher bin ich ganz zuversichtlich, dass hier demnächst das erste Gebäude als post-apokalyptisch beschrieben wird. Es ist noch Luft nach oben...

    Diese „Ehre“ wird der Springerbau nicht erhalten, der steckt noch mitten in der Apokalypse. Ich wiederhole mich hier allerdings.
    Einen Hauch von Atlantikwall habe ich bei der Außengestaltung auch gespürt. Oder ist es eine Referenz an den Todesstreifen der hier vor etwa dreißig Jahren verlief?

  • Taxodium Unter Atlantikwall stelle ich mir so etwas vor. Ich vermute, dass Dich beim Springerbau am ehesten die Seite zur Schützenstraße daran erinnert. Dort wirkt zumindest die reine Baumasse in der Tat äußerst wuchtig und kompakt, wobei das mE durch die Schrägen, das teils golden und silbern glänzende, teils dunkelgrau schimmernde Metall und das viele, viele Glas aufgelockert wird:


    Durch den horizontalen 'Schnitt' sowie die oberhalb und unterhalb hiervon unterschiedliche Farbwahl wirkt es zunächst einmal wie zwei aufeinander liegende Baukörper. Der dunklere obere tritt zudem nach oben hin zurück aber im Unterschied zu vielen anderen Bauten, die sich nach oben hin verjüngen, eben in Form einer Schräge statt stufenweise. Beim helleren unteren Abschnitt hat man dagegen einen dynamischen Wechsel aus gerade abfallenden sowie vor- und zurückspringenden Abschnitten. Dabei bleibt jeder einzelne Teil aber dennoch recht massiv. Besonders spannend finde ich den gewissermaßen in eine Nische gelegten Eingangsbereich mit den verspielten und zugleich sehr stabil wirkenden Betonträgern sowie dem ebenfalls recht verspielten Treppenbereich mit den vielen kleinen Beeten. Durch die angesprochene Nischensituation mit der zurückfallenden Wand und die Hinterleuchtung wird die Fensterfront insgesamt betont (die Goldstreifen und das warme Licht unterstreichen den Effekt zusätzlich). Und genau dort wo sich die Blickachsen der Rampe und der (wiederum in warmem Licht) beleuchteten Treppenstufen treffen, liegt der sonst kaum zu erahnende Eingang. Insgesamt habe ich so den Eindruck, als wenn man fast unbewusst 'herangewunken' und gewissermaßen auch 'eingesogen' wird - ähnlich wie es bei der 'Pacman-Front' (weitaus spektakulärer) der Fall ist.


    Zudem finde ich spannend, wie der komplett umlaufende Riss hier sauber horizontal verläuft aber zu den anderen Seiten hin nach oben und unten hin 'ausfranzt', bis er sich schließlich zu der angesprochenen gewaltigen Öffnung (mit den wolkenartigen Ausstülpungen darin) hin auswölbt.


    Für mich hat das einfach was. Klassisch schön ist zwar etwas anderes aber spannend und dynamisch sowie in Abschnitten wuchtig elegant finde ich diesen Bau allemal. Für mich neben dem Cube einer der besten modernen Entwürfe der letzten paar Jahre.

  • Erst dauert alles ewig und sobald es fertig ist, nimmt man es kaum noch wahr...


    Ein paar Impressionen von heute. Alle Außenanlagen sind jetzt fertig, jede Menge Betrieb an der Stelle.




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    Die Eingänge sind allerdings relativ diskret gehalten:





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