Neubauprojekte in Marzahn-Hellersdorf

  • ^^

    Dann nimm eben Hertha. Oder ein rosafarbenes Pony auf minzgrünem Polypropylenvelour mit einer Burger King Krone auf dem Kopf. Leute werden Geschmacklosigkeiten finden, um die Gitter vollzuhängen. Zumindest sie werden sie bis Bauchhöhe mit Bambusmatten o.ä. verkleidet und dann ist das Konzept auch konterkariert. Übrigens wird das im Herbst und Winter auch ordentlich frostig ziehen dort, schon allein aus Windschutzgründen wird es dort von den Bewohnern Individuallösungen geben.

  • ^Es wäre jedenfalls interessant, das gebaute Ergebnis in ein paar Jahren zu besuchen um zu schauen, ob dein Abgesang wirklich zutrifft. Und ob das dem Projekt wirklich so abträglich ist, wie behauptet. Ich könnte mir auch viel Grünzeugs als Sichtschutz vorstellen.

  • Oder ob über die Jahre einfach die (im internationalen Sinne) doch recht ungewöhnliche Panik der Deutschen davor, daheim gesehen zu werden, etwas abebbt... jede Bastmatte versperrt schließlich auch die eigene Sicht nach draußen.

  • "Dystopie, Fertigbau-Ghetto, Architekten-Opfer, Beton-Bunker, Gefängnis-Look" ich bin's so leid dieses permanente Bullshit-Bingo hier zu lesen...

    Was ist daran Bullshit Bingo? Ich für meinen Teil bin es Leid das Horror-Architektur hier sogar Fürsprecher findet. (Das spiegelt sicherlich nicht die Einstellung der "normalen" Bevölkerung wieder). Die hier Beton-affinen Architektur"spezialisten" dürfen daher gerne etwas Gegenwind aushalten.


    Normalerweise wird ja an Kritik nicht gespart, wenn es sich um klassische Strukturen handelt - daher muss man eben (berechtigte) Kritik an solchen Beton-Geburten auch aushalten. Und begründen kann ich gerne noch etwas professioneller:


    Dystopie: Eine Dystopie ist eine negative Vorstellung der Zukunft. Tatsächlich sehe ich sehr viel Harmonie aus der vergangenen Bebauung Berlins in den Gründerzeitvierteln. Bei solch einer architektonischen Kopfgeburt sehe ich rostige Gitter, verwahrlosten Beton und Dämmmaterial als Grundlage nicht nur für schlechten Geschmack, sondern letztendlich eine natürliche Selektion der Bewohner, die keine andere Wahl haben. Denn jeder der eine Wahl hat (und nicht zufällig Betonfetischist ist) wird zu großer Wahrscheinlichkeit nicht in diese unattraktive Gegend mit unattraktiver Architektur ziehen wollen.


    Fertigbau-Ghetto: Man sehe sich die Banlieus in Paris an. Es ist doch genau diese Beton-tristesse, die letztendlich dafür sorgt das über Angebot & Nachfrage in relativ kurzer Zeit ein sozialer Brennpunkt entsteht.


    Architekten-Opfer: Tja, der der es sich nicht leisten kann, selbst in Auftrag zu geben oder zu selektieren, wird zum Opfer unfähiger Architekten. Ein logischer Schluss, findest du nicht? Und das obwohl man mit wenig Geld, durchaus harmonisch und ansprechend bauen kann.


    Beton-Bunker: Hier ein Beispiel aus Wikipedia zum Begriff Beton-Bunker: https://de.wikipedia.org/wiki/Bunker

    Und nein: Diese architektonische Ikone hat nicht den Architektenpreis 2020 für innovative Gestaltung erhalten (nur für den Fall das hier Begeisterungsstürme ausbrechen), sondern es handelt sich um einen Hamburger Flakturm aus dem 2. Weltkrieg.


    Gefängnis-Look: Nun ja, kann man ja auch schön finden. Vielleicht findet es jemand ja auch schön Gitterstäbe vor dem Wohnzimmer zu haben. Ich assoziere mit Beton & Gitterstäben erstmal: Gefängnis. Falls du diese Assoziation nicht nachvollziehen kannst, könntest du ja auch ernsthaft gegen argumentieren anstelle diesen Begriff als "Bullshit-Bingo" abzutun. Aber ich gebe dir Recht - wenn man das Wort "Gefängnis Architektur" googelt, findet man tatsächlich den einen oder anderen Bau, der doch sogar deutlich attraktiver erscheint als dieser Fehlgriff. Von daher ist das Wort "Gefängnis Architektur" vielleicht tatsächlich etwas zu schmeichelhaft.

  • Ich denke, wir sollten den Ball etwas flacher halten.


    Es sind nur wenige Gebäude in der Millionenstadt Berlin, die so gebaut werden. Ich will auch nicht die ganze Stadt damit voll gepflastert haben. An anderer Stelle wird über die langweiligen Wohnkästen, die allerorten aus dem Boden spriesen, gelästert und hier über was "Exzentrisches".


    Etwas Abwechslung tut Berlin schon ganz gut. Und ich glaube nicht, dass die Wohnungen leer stehen werden.

  • ^^Wann und wo wird denn klassische Architektur mit Superlativen kritisiert?

    Ganz im Gegenteil. Selbst der völlig missratetene Neubau in der Kantstrasse wird hier im Forum milde durchgewunken.

    Also, was stimmt mit deiner Wahrnehmung nicht?

  • Was ist an "völlig missraten", denn nicht superlativ? Ich höre sehr viele superlative hier im Forum bzgl. klassischer Architektur: Patzschke-Kitsch, Styropor-Renditekiste und und und. Ich kann meine zumindest klar verteidigen. "Missraten" ist ja an sich nur ein Kampfbegriff ohne irgendeine Assoziation. "Gefängnis-Look" wiederum ist doch eine deutliche Anspielung auf die "missratenen" Balkone an diesem Neubau, die sofort eine Assoziation zu Gefängnissen aufkommen lässt. Es handelt sich also nicht um Bullshit-Bingo sondern durchaus um begründete Kritik. Harsch, aber begründet.

  • Nach meiner Wahrnehmung wird diese Abwechslung eben vorrangig von diesen beiden Polen, öde und exzentrisch dominiert - selbst ansprechende Klassische Projekte werden dann so lange Innovationsarm und kreativlos verwurstet bis sie in der Menge banal wirken.


    Der Willen Grundsätzlich hier für mehr Gliederung, Proportion Varianz und Detail zu sorgen ist auf allen Plätzen recht überschaubar bis gar nicht vorhanden.


    Kreative Lösungen werden leider eher von Leuten die die Stadt als Architekturlabor verstehen angeboten - die Folge sind oft unleidige, pubertäre und unausgegorene Gebilde mit denen die Stadtgesellschaft gefälligst ihren Frieden zu machen hat, weil ja so innovativ.


    Großflächige Stadträumliche Projekte werden teilweise so aufgeblasen und uniformiert dargeboten dass man perspektivisch eher von einer Entwertung des öffentlichen Raumes durch Architektur ausgehen kann.

    Jeder weiß das missliebige, eher randständige Quartiere eine Neigung haben sozial abzustürzen.

    Besonders in Berlin gerät das schon durch die historischen Voraussetzungen, Verwaltungssituation und Struktur auch zu einem innerstädtischen Phänomen.


    In seinen ästhetischen Anlagen find ich das Projekt hier durchaus reizvoll auch wenn mich weder Stahlnetz funktional überzeugen kann noch der perspektivische Exhibitionismus den es Bedarf um dort zu wohnen. Der Verdacht liegt nahe dass man hier mal wieder wenig Einfühlungsvermögen an die Bedürfnisse der Bewohner verschwendet hat um sein ästhetisches Konzept durchzusetzen.

    Als intimes Rückzugsrefugium nach Feierabend taugt hoffentlich wenigstens das Klo.


    Die Betonästhetik taugt wunderbar für schmuddelige Fantasien mit Haken an der Decke und findet sicher auch seine exhibitionistischen Fans genauso wie das offene Wohnkonzept wo angenehme Küchengerüche schon alle Mitbewohner vorm Essen satt zu machen verstehen.


    Durchsetzen wird sich dieses Konzept wohl leider bestenfalls für Kommunarden, Spaziergänger und Spanner, wohnen wollen würd ich da nicht.

  • ^^ Vorlage für deine Begründung ist hauptsächlich dein persönlicher Geschmack. Sonst nichts.

    Aber lass mal gut sein.

  • Man kann die beiden Pole an denen sich die Diskussion gerade erhitzt doch sehr schön benennen. Es ist einmal hier in diesem Strang das BV Lion-Feuchtwanger-Str. und dann im Charlottenburg-Wilmersdorf-Strang das BV Maximiliansquartier, beide von Backstein/UrbanFreak mit Fotos vorgestellt. Das eine fällt laut Kategorisierung hier in die Sparte 'exzentrisch' das andere ist eher der Gruppe 'dröge' zugehörig. Da kann sich doch jeder selbst ein Bild machen, was einem mehr oder weniger zusagt. Ich halte auf alle Fälle 'exzentrisch' , wenn auch in diesem Zusammenhang ziemlich übertrieben in der Zuschreibung, die Stange.

  • ^^ Vorlage für deine Begründung ist hauptsächlich dein persönlicher Geschmack. Sonst nichts.

    Aber lass mal gut sein.

    Da gebe ich jetzt mal nicht nach: Eine offensichtliche Assoziation mit Gefängnissen durch dieses sonderbaren Stahlgitter ist doch kein persönlicher Geschmack sondern eine naheliegende Assoziation. Ob du ein Gesims oder ein Ornament ansprechend oder fantasielos empfindest: DAS ist persönlicher Geschmack!

  • Der Unterschied zwischen einem Stahlseil und Gitterstäben ist doch zunächst mal der, dass das Stahlseil, zumal aus einer Entfernung betrachtet, kaum sichtbar ist, Gitterstäbe aber schon!

    Daher finde ich den Vergleich unpassend.

    Man kann auch nicht jedes moderne Wohngebäude mit den Pariser Banlieus vergleichen nur weil der Baustoff in beiden Fällen Beton ist. Der Faktor für den sozialen Brennpunkt ist die Vernachlässigung bestimmter Quartiere und die Konzentration ärmerer Bevölkerungsschichten, nicht der Baustoff Beton an sich. Diese Faktoren hat es in vielen Altstädten z B. In Bremen, Berlin, ect. zur vorherigen Jahrhundertwende auch gegeben, weswegen die Wohnsituation in dieser Zeit häufig eben nicht von gemütlichem Altstadtflair geprägt war!

    Im Gegensatz dazu ist das Le Corbusier Wohnhaus am Olympiastadion eben kein sozialer Brennpunkt sondern ein gut saniertes Objekt mit zahlungskräftigem Wohnklientel....


    Das von den Römern gebaute Pantheon in Rom ist im Grunde auch ein "Betonbunker"...

  • Ich weiss auch garnicht, wie man hier auf die Gefängnisgitterstäbe Assoziation kommen kann. Ich dachte eher an Balllnetze, Spiel, Fussball etc.. und Rankpflanzen werden es lieben, wie DerBe schon meinte.

  • ^ Ich denke, wir müssen offenbar anerkennen, dass ein solches Netz vor den Balkonen sehr unterschiedliche und unterschiedlich konnotierte Assoziationen auslöst, die von Fußball (positiv) bis zu Gehege oder Gefängnis (negativ) reichen. Obwohl ich das Projekt sonst, wie gesagt, interessant und auch attraktiv finde, wäre dieses Netz, für mich persönlich (!), Grund genug, dort niemals einziehen zu wollen. Es löst bei mir Beklemmungen und ein Gefühl des Eingesperrtseins aus. Aus einem vermutlich ähnlichen Grund finde ich Passivhäuser, wo man die Fenster kaum oder gar nicht öffnen sollte, beklemmend und schauderhaft, obwohl ich das Anliegen der Energieersparnis natürlich begrüße.

  • Der erwähnte Corbusierbau als Prototyp der unwirtlichen Massenwohnmaschinen taugt nicht wirklich als positivbeispiel. Der Kasten besteht seit den 70ern als Einzelmachwerk überwiegend aus Eigentumswohnungen.

    Der Standort ist mit viel Grün gesegnet und wenig prekär, die Raumhöhe ist mit 2.50 anstelle der von corbusier geplanten 2.26 auch weniger drückend.

    Die fatalen städtebaulichen Entwicklungen die dieser Typus zu verantworten hat war in den 60ern noch gar nicht erfahrbar und die Unbefangenheit gegenüber solchen architektonischen Entwicklungen wesentlich größer.


    Derselbe Bau vervielfacht an eine Magistrale gestellt hätte diese heute eher Stilbeflissene Zuneigung weit weniger generiert und beliebt sind Villen im Grunewald von zahlungskräftiger Klientel ja auch.


    Dieser spröde Purismus eines corbusier der die Möglichkeiten von schnellem und billigem Bauen in einer Zeit der Trümmergrundstücke ermöglichte galt obendrein noch als modern weil er sich als historisch unbelastet zu verkaufen verstand, das dürfte sich mittlerweile jedoch geändert haben.


    Dieser das Individuum negierende, latent faschistoide Zerstörer der Städte, gehört für mich in den Giftschrank der Architekturgeschichte.


    Anonymität und schwammige nicht ansprechbare Zuständigkeiten wirken immer wie ein brandbeschleuniger für Verwahrlosung - die Betonära hat es mit ihren städtebaulichen Leistungen sehr lange verstanden hier ihre baulichen würfe so effizient wie es nur geht an die passende Klientel zu magnetisieren.


    Da dämmert einem, dass bei diesem Bau hier in Marzahn- der betonisierte Massenwohnungsbau mit seiner zur Schau gestellten Offenheit aus der bewährten Neigung zur Anonymität auszubrechen versucht.

    Würde sich mir als Konzept in dieser Konsequenten Art mit seiner mangelnden Intimität und der eigenwilligen Balkonlösung jedenfalls erklären.


    Der Vergleich zum Pantheon hinkt meiner Meinung nach und ist als Gebilde bewusst eingesetzter Verschiedener Materialien, seiner Feierlichen Athmosphäre und seinen lebendigen Details wegen schon schwer mit dem betonliebendem Charme einer Tiefgarage oder eines Palazzo asoziale kaum zu vergleichen.

  • Der Vergleich zum Pantheon hinkt meiner Meinung nach und ist als Gebilde bewusst eingesetzter Verschiedener Materialien, seiner Feierlichen Athmosphäre und seinen lebendigen Details wegen schon schwer mit dem betonliebendem Charme einer Tiefgarage oder eines Palazzo asoziale kaum zu vergleichen.

    Es ging mir grundsätzlich um das Material Beton und das Pantheon ist unzweifelhaft aus einem betonartigen Zement erbaut. Die Formensprache ist sicher eine andere, trotzdem ist es ein Betonbau.

  • Es werden sich Leute finden, die dort einziehen, und hoffentlich werden es pflanzophile Bewohner, die an dem Gitternetz Efeu hochziehen und denen Ameisenstraßen im Wohnzimmer, Zugluft im Winter und neugierige Nachbarsblicke nichts ausmachen und die auch keine Katzen, Kleintiere oder Kleinkinder haben, die durch die groben Maschen fallen können und die den Anblick von unverputzten Betonwänden genauso schätzen, wie das Gefühl, in einer Legebatterie zu hausen..

    Aber ich möchte ähnliches nicht öfter sehen müssen in Berlin.

  • und die auch keine Katzen, Kleintiere oder Kleinkinder haben, die durch die groben Maschen fallen können

    Die Berliner Bauordnung schreibt bei Neubauten zumindest Folgendes vor (bei h > 12m wie hier): Mindesthöhe der Umwehrung 1,10 m, Öffnungen dürfen 0,12 m in mindestens einer Richtung nicht übersteigen, vom Boden zur Umwehrung dürfen maximal 0,04 m frei bleiben. Überklettern muss erschwert werden.


    Die Maschen sind also ebenso klein zu halten wie z.B. die Gitterabstände üblicher Geländer aus Holz oder Metall. Ob das Netz dann bis zur Decke gespannt ist, spielt keine Rolle, sofern die Mindestmaße bis auf 1,10 m Höhe eingehalten werden. Ein erhöhtes Sicherheitsrisiko besteht nicht.

    Denn Kleinkinder sind natürlich wie immer zu jeder Sekunde zu beaufsichtigen, wenn sie sich auf Balkonen befinden, völlig unabhängig von der Art und Gestalt der Balkonbrüstung.

  • Die Berliner Bauordnung schreibt bei Neubauten zumindest Folgendes vor (bei h > 12m wie hier): Mindesthöhe der Umwehrung 1,10 m, Öffnungen dürfen 0,12 m in mindestens einer Richtung nicht übersteigen, vom Boden zur Umwehrung dürfen maximal 0,04 m frei bleiben. Überklettern muss erschwert werden.

    Wie 12 cm Maschenweite sieht mir das aber nicht aus auf den Renderings. Eher wie 30x30 im Brüstungsbereich.

    Da wurde die Optik wohl wieder mal etwas aufgehübscht, damit es nicht ganz so nach Käfig aussieht...

  • Die 0,12 m sind das umgangssprachlich "Kinderkopfkriterium" genannte Maß, welches das Einklemmen von Körperteilen vermeiden soll. Ist allgemeingültig auch im Straßenbau und ÖPNV bei Umwehrungen bindend.