Wenn alternative technische Lösungen gefunden werden können, die ebenfalls kreuzungsfrei sind, soll es mir recht sein. Da fällt mir aber nicht viel ein, außer Hochbahnen. Vielleicht gibt es ja zukünftig durch neue Materialien und Leichtbau auch mal elegante und kostengünstige Lösungen, die sich optisch gut in eine europäische Großstadt integrieren lassen und eben über der Straße verlaufen statt darunter. Einfach mal frei denken. Ich vermute, dass Seilbahnen und Flugtaxis eher Insellösungen bzw. punktuelle Ergänzungen sein werden, aber eben Schienenverbindungen nicht ersetzen können. Und Schienen müssen kreuzungsfrei sein!
Solange es keine echten kreuzungsfreien Alternativen gibt, müssen weitere Tunnel her. Frankfurts "U-Bahn-Netz" ist ein Witz, es erreicht noch nicht mal durchgehend Stadtbahn-Standard, geschweige denn Metro-Standard. Von den vielen weißen Flecken im gesamten Stadtgebiet gar nicht zu sprechen. Es wird schlicht und einfach einer wachsenden Metropole nicht mal annähernd gerecht.
Was die Kosten angeht: ich frage mich, wie es andere Länder schaffen, gigantische U-Bahn-Netze zu bauen, die durchgehend kreuzungsfrei sind und auch noch automatisch funktionieren. Auch das undenkbar in Frankfurt, wo alles wild durcheinander fährt. Ob der Herr Verkehrsdezernent schon mal was von Grand Paris Express gehört hat? Paris baut gerade vier komplett neue Linien und erweitert zwei bestehende, alles kreuzungsfrei und mit automatischen Bahnen. 71 neue Stationen, insgesamt 200 Kilometer Länge. DAS ist mal ein U-Bahn-Projekt! Es ist wirklich erbärmlich, was in Frankfurt da diskutiert wird. Zum Glück ist bereits vergessen, dass auch Petra Roth einst behauptet hat, dass nach der U4 zur Messe nie wieder Tunnel gebaut werden. Ich frage mich, wie die Stadt heute dastehen würde, wenn Verkehrsplaner in der Vergangenheit auch alles oberirdisch gebaut hätten? Wir leben heute von der Substanz, die vor 30-50 Jahren gebaut wurde. Danach kam nicht mehr viel, und das rächt sich jetzt.
Abgesehen davon, konkret zur Verlängerung der U5:
- Allgemeine Preissteigerung: + 17 Mio Euro --> was hat das mit dem Tunnel zu tun? Die gäbe es auch bei oberirdischen Strecken. Und warum wurden diese nicht bei der Budgetkalkulation bzw. den Verträgen mit den Baufirmen berücksichtigt?
- Geringere Förderung des Projekts durch Bund und Land: + 9 Mio Euro --> was hat das mit dem Tunnel zu tun?
- Kampfmittelsondierung: + 10 Mio Euro --> gut, dass das mal gemacht wird. Es wird auch Zeit, 74 Jahre nach Kriegsende
- Schlechter Baugrund: + 2 Mio Euro --> die Summe ist wohl zu vernachlässigen
- Schadstoffbelasteter Boden und Wasser: + 2 Mio Euro --> auch hier: gut, dass es mal gemacht wird
- Baunebenkosten (durch verspätetete Inbetriebnahme): + 34,5 Mio Euro --> da würde mich mal interessieren, wie diese Kosten zustande kommen, bzw. was da alles eingerechnet wird.
Wenn man besser planen würde, könnte man auch diese Zusatzkosten durch verspätete Inbetriebnahme vermeiden oder mindern. Es wundert mich allerdings nicht, ich bin nur erstaunt über die Inkompetenz in Deutschland. Wir können keine U-Bahnen mehr, keine Flughäfen, keine Bahnhöfe, und Opernhäuser bestenfalls zum vielfachen Preis und einige Jahre später als geplant. Was ist bloß los? Und jetzt kommt mir keiner mit verschärften Umweltauflagen, Sicherheitsvorschriften oder hohen Arbeitskosten. Die gibt es in Frankreich ganz genauso. Bonjour tristesse !