Berliner Stadtverkehr kontrovers diskutiert

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    Natürlich ist es Teil einer Verkehrswende, wenn ein absurder Geldbetrag für eine umstrittene Autobahn nicht ausgegeben wird, die nur wieder den Autoverkehr attraktiver macht und mehr Autoverkehr generieren wird.


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    Diesen Zusammenhang halte ich für schwer beweisbar.

    Es wird eher so sein, dass der Innenstadtverkehr entlastet wird. Jeder Autofahrer nimmt lieber die Autobahn, als sich durch Seitenstraßen zu quälen.

    Und es wird auch nicht weniger Autoverkehr geben in den nächsten Jahrzehnten.

  • Es wird eher so sein, dass der Innenstadtverkehr entlastet wird. Jeder Autofahrer nimmt lieber die Autobahn, als sich durch Seitenstraßen zu quälen.

    Dieser Zusammenhang ist genauso wenig beweisbar. Verkehrsprognosen bleiben eben Prognosen und liefern keinen Beweis für irgendetwas.

    Letztlich kommt es auf viele Faktoren an, darunter gesellschaftliche, ob und in welchem Umfang mehr und bessere Straßen zu mehr MIV oder einer sinnvolleren Verteilung führen.

    Und es wird auch nicht weniger Autoverkehr geben in den nächsten Jahrzehnten.

    Wohingegen ein Blick in die mehrere Jahrzehnte entfernte Zukunft in diesem Fall einfach nur Kaffeesatzleserei ist ;)

  • Wir sind mitten in der Klimakatastrophe, die Temperaturen steigen in jedem Jahrzehnt gegenüber den Vorjahren und es kommt bei uns zu längeren Trockenperioden.

    Man kann das einfach ignorieren und so weitermachen wie bisher oder wenigstens den Prozess verlangsamen. Zum letzteren gehört auch eine Verkehrswende mit weniger Autoverkehr. Die gelingt niemals durch den Bau von neuen Autobahnen und deswegen ist der Verzicht auf den Weiterbau der A100 konsequent.

  • Ich habe nicht andere Meinungen als Volksverdummung bezeichnet sondern die Argumentation, ein Baustopp der A100 würde eine Verkehrswende darstellen.

    Da tanzt du aber Semantik-Ballet. Auch wenn Klarenbach mal salopp das Pronomen "einer" hat einfließen lassen, lese ich den entsprechenden Satz mitnichten so, als reduziere den Begriff Verkehrswende auf einzelne Ereignisse, wie den Baustopp der A100. Darauf sofort mit "Volksverdummung" loszupoltern... naja...


    Aber man kann sicherlich sagen, dass die Verhinderung unsinniger Baumaßnahmen und das Aufbrechen veralteter politischer und planungstechnischer Paradigmen sehr wohl wichtige Teile der Verkehrswende sind. Und zwar ziemliche Klopper!

    Es wird eher so sein, dass der Innenstadtverkehr entlastet wird.


    Davon ist leider nicht auszugehen. Wir hatten die Diskussion letztens erst, siehe Kommentar #667 und folgende.

  • Wie löst die massive Gängelung und Unbequemmachung des Autofahrens das Problem der Knappheit der wertvollsten Resource der Welt, nämlich Zeit? Wird der Staat ein so feingliedriges, effizientes und massiv ausgeweitetes ÖPNV-Netz bereitstellen, dass die Milliarden Stunden Zeitverlust die durch Anti-Auto Politik entstehen wieder reingeholt werden?

    Und noch eine zweite Frage: Die Verkehrswende als Weltretter, bleibt die auch weiterhin notwendig wenn ab nächstem Jahrzehnt Verbrennungsmotoren gar nicht mehr produziert werden dürfen und nur noch cleane leise Elektrofahrzeuge gefahren werden?

  • ^WENN wir aus Atomkraft und fossilen Brennstoffen aussteigen und auch bei sonstiger Energieerzeugung auf möglichst raum- und ressourcensparende Lösungen setzen wollen, dann werden wir um erhebliche Effizienzsteigerung nicht herumkommen (ich bin ja eher gegen den Ausstieg aus Atomkraft, weil mir das zu extrem im Sinne von unrealistisch und unsicher erscheint, jedoch ist das der erklärte Plan). Das wird durch den Umstieg von Verbrennungs- zu Elektromotoren durch den besseren Wirkungsgrad bereits teilweise umgesetzt. Allerdings ist die Effizienz beim Mehrpersonentransport dann immer noch weit besser als beim Individualverkehr. Man kommt eben nicht um das Beschleunigen und Bremsen träger Masse herum und da greifen einfach Gesetzmäßigkeiten. Auch hat man so den Stadtraum effizienter genutzt, kann mehr Flächen entsiegeln und begrünen, sodass mehr Wasser versickert statt verdunstet, mehr Luft gefiltert wird, mehr CO2 in O2 umgewandelt wird usw. Die Stadt(luft) wird so deutlich kühler und sauberer. Übrigens geht der Trend nicht dahin, dass überall Busse oder Bahnen hinfahren. Es geht eher um eine leistungsfähige UND zugleich flexible Verkehrsinfrastruktur. Die BVG hat ja selbst den Berlkönig durch die Stadt geschickt und bei Jelbi sind mW auch ergänzende Angebote verfügbar (evtl. sogar Carsharing-Dienste). Es sagt ja niemand, dass man nicht mehr adäquat von A nach B kommen soll und auch bei mieser Bahnanbindung niemals mehr ein Auto, Scooter o.ä. nutzen darf. Es wird eben nur dahin gedrängt, dass man weg vom Auto als Primärtransportmittel kommt, das dann millionenfach täglich zig Stunden in den Städten rumsteht und ansonsten meist die Straßen verstopft.

  • Milliarden Stunden Zeitverlust

    Interessante Zahl, wie kommst du auf die?


    Es gibt Strecken, da ist das Fahrrad schneller. Es gibt Strecken, da ist das Auto schneller. Und es gibt Strecken, da ist der ÖPNV schneller. Das Auto wäre oft schneller, wenn die Straße frei und der Parkplatz vor der Tür garantiert wäre. Nur ist das in den allermeisten Fällen nicht gegeben und ließe sich flächendeckend im urbanen Raum auch nicht herstellen. Von daher ist diese Rechnung schwierig und die daraus abgeleitete Erwartungshaltung erst recht.

    bleibt die auch weiterhin notwendig wenn ab nächstem Jahrzehnt Verbrennungsmotoren gar nicht mehr produziert werden

    Natürlich, die Emission von Schadstoffen und klimaschädlichen Gasen ist ja nur einer der Gründe für die Verkehrswende. Grade in urbanen Räumen wie Berlin ist der Flächenverbrauch ganz zentral. Und da ist das Auto halt gnadenlos ineffizient.

  • Das Auto wäre oft schneller, wenn die Straße frei und der Parkplatz vor der Tür garantiert wäre. Nur ist das in den allermeisten Fällen nicht gegeben und ließe sich flächendeckend im urbanen Raum auch nicht herstellen.

    Nein, "Straße frei" wird seit Jahren immer weiter eingeschränkt. Wichtige Ausfallstraßen werden von 3 Spuren (-1 Lieferfahrzeuge für Amazon Yuppies) auf zwei reduziert (-1 Lieferfahrzeuge für Amazon Yuppies), um eine Fahrradspur einzurichten, obwohl ein Fahrradweg auf dem Gehweg vorhanden ist.

    Adlergestell, vollkommen geisteskrank, wird zweispurig gemacht, obwohl dort ein ausreichend großer Gehweg vorhanden ist, der nie von Fußgängern benutzt wird, weil dort niemand wohnt!

    Hier wird das Argument benutzt, dass Autofahren ineffizient ist als ob das in der Natur der Sache liegt und nicht auf Grund einer Anti-Auto-Politik, wie es Humphey nennt.


    Und noch etwas:

    "die Emission von Schadstoffen und klimaschädlichen Gasen"

    Welche Schadstoffe und Gase meinst du?


    Vielleicht könntest du deine Ansichten etwas sachlicher und ohne diffamierende Ausdrücke formulieren. Danke.

  • ^alles klar, Autos stoßen kein CO2 aus. Der graue Dreck den ich immer vom Balkon wischen muss ist garantiert kein Reifen- und Bremsabrieb und auch kein Ruß aus Verbrennungsmotoren.

  • Ich frage noch einmal: Welche Gase (Mehrzahl!) sind gemeint?

    Welche Schadstoffe (Mehrzahl!) sind gemeint? Der Ruß aus Dieselmotoren wird seit Jahrzehnten rausgefiltert und sind somit die saubersten Motoren.

  • ^ Naja, wer nicht an Corona glaubt, denkt auch, dass Fahrzeuge im Jahr 2022 nur noch Wasserdampf emissionieren. Diesel-PKW sind immer noch die Hauptquelle für Stickstoffdioxid in Städten, dass Vorläufersubstanz von Feinstaub und Ozon ist, bodennah abgesondert und damit besonders schwerwiegende Folgen für die menschliche Gesundheit hat und auch für die Versauerung von Böden und Gewässern verantwortlich ist. Eine Verbesserung fand hier in den letzten Jahren kaum statt, moderne Euro 5 und 6a/b/c-Diesel stoßen kaum weniger Stickoxide aus als ältere Fahrzeuge. Weiterhin findet natürlich auch immer noch Dieselruß den Weg in die Stadtluft, wenn auch in erheblich verringertem Maße (na was für ein Glück, dass bei der Partikelfilterregeneration im Fahrzeug die Rußschicht im Wesentlichen zu Kohlenstoffdioxid verbrannt wird).

  • Hier wird das Argument benutzt, dass Autofahren ineffizient ist als ob das in der Natur der Sache liegt und nicht auf Grund einer Anti-Auto-Politik, wie es Humphey nennt.

    Autofahren in einer Großstadt ist ineffizient, das liegt in der Natur der Sache und anhand einfachster Mathematik wird das auch für Autoliebhaber (der ich bin) ersichtlich. Eine Anti-Auto-Politik ist dazu gar nicht nötig.


    Welche Gase (Mehrzahl!) sind gemeint?

    Welche Schadstoffe (Mehrzahl!) sind gemeint?

    NO, NO2, CO, CO2, HC, PM (Ruß + Feinstaub aus anderen Quellen). Durch Katalysatoren, Abgasrückführung, verbesserter Einspritztechniken usw. bei Neufzg. heute sehr gut reduziert, wenn gleich nicht vollständig eliminiert.

    Die umweltbelastenden Auswirkungen bei der Herstellung und die nötige Flächenversiegelung (beide auch bei E-Autos!) kommen noch hinzu.


    Daher gibt es rein rational betrachtet keinen Zweifel daran: Autofahren ist weder <gut> für die Umwelt, noch eine effiziente Art der Fortbewegung in einer Großstadt.

    Spaß macht es mir hin und wieder (auf der Landstraße in den Bergen und mit dem richtigen Auto ;)) trotzdem.


    Eine Verbesserung fand hier in den letzten Jahren kaum statt, moderne Euro 5 und 6a/b/c-Diesel stoßen kaum weniger Stickoxide aus als ältere Fahrzeuge.

    Die Verbesserungen fanden statt, sehr große sogar. In vielen PKW wird die Technik, die die Emissionen noch weiter senken würden, aus Kostengründen (so die Hersteller) leider nicht verbaut. Im schweren NFZ-Bereich sank der NOx Ausstoß zwischen 1990 und 2014 um 98 %, HC um 97 %, CO um 84%, PM um 98%. Die Technik wäre seit vielen Jahren da. Aber gut, der Zug fährt inzwischen eh in Richtung E.

  • Nein, "Straße frei" wird seit Jahren immer weiter eingeschränkt. Wichtige Ausfallstraßen werden von 3 Spuren (-1 Lieferfahrzeuge für Amazon Yuppies) auf zwei reduziert (-1 Lieferfahrzeuge für Amazon Yuppies), um eine Fahrradspur einzurichten, obwohl ein Fahrradweg auf dem Gehweg vorhanden ist.

    Adlergestell, vollkommen geisteskrank, wird zweispurig gemacht, obwohl dort ein ausreichend großer Gehweg vorhanden ist, der nie von Fußgängern benutzt wird, weil dort niemand wohnt!

    Gehwege sind baulich in erster Linie für Fußgänger angelegt, daran ändert auch eine Widmung als Radweg oder ein aufgepinselter Radstreifen nicht viel. Man ist mit dem Rad auf solchen Wegen meist um ein Vielfaches langsamer, als auf einer wirklichen Fahrradspur. Sei es wegen der geringen Breite, oder Hindernissen wie Bäumen, Mülltonnen etc, die für Fußgänger kein Problem darstellen.


    Mit guten Radwegen kann man auch in einer Stadt von der Größe Berlins relativ schnell unterwegs sein. Dafür braucht es aber sichere Radwege mit ausreichend Platz, ohne Hindernisse und ohne Konkurrenz zu Fußgängern

  • Ein interessanter Artikel in der Berliner Zeitung (wenn auch etwas tendenziös):

    "Hackescher Markt autofrei, Alex mit Platanen: Das sind die Pläne für Mitte"

    In dem Artikel stellen der stellvertretende Bezirksbürgermeister von Mitte Ephraim Gothe (SPD), Stadträtin für Ordnung, Umwelt, Natur, Straßen und Grünflächen Almut Neumann (Grüne)ihre Ideen für eine neue Verkehrsplanung von Mitte vor. So sollen laut Neumann

    die Alexanderstraße, die Grunerstraße und die Karl-Liebknecht-Straße statt »Asphaltwüsten« und »feindlichen Autoschneisen« schöne Platanenalleen werden. Den Hackeschen Markt kann sie sich als Fußgängerzone vorstellen.

    Gothe will keine überirdischen Autoabstellplätze mehr, dafür mehr Stadtbäume. Und eine schmalere neue Gertraudenbrücke für 20.000 statt 60.000 Fahrzeuge.

    Kritik kommt von bekannter Seite: Baukammer und ADAC.

  • Neuigkeiten zum Rückbau der A103


    Laut Entwicklungsstadt ist der Bund nicht nur für den Weiterbau des 17. Bauabschnitts der A100, sondern auch gegen den Rückbau der A103 in Steglitz. Da die Autobahn eine Bündelungs- und Zubringerfunktion erfüllt, sei eine Abstufung zur Bundesstraße oder ein Rückbau nicht geplant, so der parlamentarische Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums Oliver Luksic (FDP).
    Bei der A104 sieht es rechtlich zum Glück anders aus, da diese bereits auf eine Bundesstraße abgestuft wurde und somit das Land Berlin für die Verkehrsplanung verantwortlich ist. Der Bund kann da nicht mehr mitreden.


    Sehr schade, die A103 sehe ich im Alltag häufig und wirkt stets überdimensioniert im Verhältnis zum Verkehrsaufkommen. Ein Rückbau hätte für Steglitz enorme Potenziale.

    1. Es könnte enorm viel innerstädtische Fläche für Wohnraum in Bestlage zurückgewonnen werden

    2. Ein Teilbereich der A103 könnte zu einem zentralen Stadtpark umgewandelt werden, der mMn in Steglitz und Friedenau fehlt.
    3. Steglitz und der Süden Schönebergs (inkl. Friedenau) ist durch die Autobahn in zwei Bereiche geteilt. Da auch die S-Bahn Gleise für die Teilung verantwortlich sind, wird diese Tatsache auch weiterhin bestehen, allerdings kämen sich die beiden Seiten deutlich näher und der Übergang von der einen zur anderen Seite wäre viel angenehmer, da keine große Verkehrsschlucht überquert werden muss.
    4. Der zentrale Hermann-Ehlers Platz am südlichen Ende der Schlossstraße und die S-Station Rathaus Steglitz würden eine deutliche Aufwertung erfahren. Die eine Platzkante wäre nicht mehr von einer hässlichen Autobahnbrücke geprägt. Auch der dunkle Raum unterhalb der Brücke, der als „Vorplatz“ für die S-Bahn Station dient, wäre kein erdrückende Höhle mehr, sondern ein lichter, freundlicher Platz.


    Früher oder später wird dieses Relikt der 60er Jahre verschwinden. Ärgerlich nur, dass es noch ein sehr langer Weg zu sein scheint.

  • Man kann nur hoffen, dass sich der Bund endlich durchsetzt.

    Es ist so peinlich wie lange dieser A100 Ausbau dauert.

  • Es ist zu wünschen, dass sich der Bund bzw. der sich im klimapolitischem Blindflug befindende Verkehrsminister sich einfach mal den wirklich wichtigen Dingen widmet Dazu gehört ganz sicher nicht der Weiterbau der A100.


    Der jetzige Bauabschnitt sollte allerdings fertig gestellt werden.

  • Der Nicht Weiterbau der A100 ist für mich i.O., auch wenn es nicht konsequent ist, aber so ist das halt, wenn man für jeden Miniabschnitt eine Generation braucht. Den nicht Rückbau der A103 kann ich absolut nicht nachvollziehen in Zeiten, wo nur über Rückeroberung der Stadträume und Autofreie Bezirke spricht im Zuge der Klimadebatte. Da fragt man sich, wer solch eine nicht zeitgemäße Entscheidung trifft und warum.

  • Naja, die FDP ist nunmal eng mit der Autolobby verbunden und somit gegen jegliche Einschränkung des Autoverkehrs. Das längst veraltete Prinzip freie Fahrt für freie Bürger scheint in der Partei weiterhin zu überleben.
    Doch auch der Rückbau von Quartiere zerschneidenden und Stadtplätze zerstörenden Stadtstrassen wird auf Landesebene nicht einmal diskutiert. So lange das nicht passiert, kann man die Pläne des Landes für eine „Verkehrswende“ nicht ernst nehmen.


    Edit: In einem kürzlich veröffentlichten Interview (Artikel des rbb) thematisiert die Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt tatsächlich den Rückbau innerstädtischer Straßen. Es besteht also Hoffnung, dass sie eine längst überfällige Veränderung anstoßen wird.