Berliner Stadtverkehr kontrovers diskutiert

  • Friedrichstraße


    Heute greift ein Artikel auf spiegel.de die Datenauswertung der Berliner Zeitung (die darüber selbst überrascht ist) zur "Flaniermeile" auf. Demnach kommen rund 65 Prozent mehr Passanten in die Straße und bleiben auch länger. Auch das Immobilienunternehmen Engel & Völkers hat laut Berliner Zeitung in einer Zählung den Aufwärtstrend der Friedrichstraße bestätigt. Allerdings sorgt der Radverkehr ("Fahrradschnellweg") nicht für ungeteilte Zustimmung.

    Laut Senatsverwaltung für Umwelt und Verkehr mitgeteilt, dass der Verkehrsversuch zur »Flaniermeile Friedrichstraße« dauerhaft fortgesetzt werden.

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  • Neuigkeiten über den 17.Bauabschnitt der A100


    Der Bund möchte die Verlängerung der Ringautobahn zügig voranbringen, obwohl der Berliner Senat voll und ganz dagegen ist. Der Senat wird daher alles in seiner Macht tun, um mit dem Bund zu verhandeln. Zum Tagesspiegel-Artikel


    Ich hoffe wirklich, dass es so weit nicht kommen wird. Der 17. Bauabschnitt verläuft im Gegensatz zum 16. Bauabschnitt durch dicht besiedeltes Gebiet und wird demnach nicht nur eine größere Belastung für Anwohner sondern auch extrem kostspielig sein. Es ist längst nicht mehr zeitgemäß, dreistellige Millionensummen in den Autobahn Ausbau zu investieren. Un wer weiß, wie viel teurer das am Ende des Tages noch werden könnte. Solche Summen wären deutlich sinnvoller für Investitionen in den Ausbau nachhaltiger Mobilitätskonzepte.


    Siehe auch hier.

  • Der Bund treibt den in Berlin ungeliebten Weiterbau der A 100 von Treptow nach Storkower Straße voran. Das berichten u.a. der Tagesspiegel und die Morgenpost. Die Planung des 17. Bauabschnitts soll jetzt starten. Die bisherige Planung der Strecke soll noch einmal „unter Umweltgesichtspunkten und anderen Kriterien, wie des Verkehrsaufkommens oder der Lärmbelastung“ überprüft werden und bis 2025 endgültig feststehen. In der Morgenpost ist auch ein Interview mit der Staatssekretärin Daniela Kluckert FDP), die den Weiterbau vehement verteidigt.


    Ich sehe gerade: Das hat sich mit den anderen Posts im Parallelstrang überschnitten.

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  • Der Lückenschluß von Uhlandstraße zum Adenauerplatz ist wirklich überfällig.

    Das interessante dabei ist, daß wenn dies im Zusammenhang mit der "neuen" U3 geschehen würde, man von Wittenbergplatz bis Uhlandstraße auf Großprofil umbauen wollte, so zumindest der Plan.


    Auch scheint es so zu sein, daß man bei einer Weiterführung der U3 in die City West gezwungen wäre diese bis mindestens Uhlandstraße zu bauen, weil im Bahnhof Wittenbergplatz kein Platz für zwei zusätzliche Gleise (nämlich Großprofil) vorhanden wäre und eine sinnvolle Möglichkeit danach zu kehren überhaupt erst unter dem Kurfürstendamm bestünde.

    Zum Großprofil auf der Strecke gen Uhlandstraße:
    Tatsächlich wurde da teils beim Bau der U9 schon realisiert, der "Kleinprofil-Bahnhof" samt Tunnel ist hier für die Großprofil-Nutzung schon ausgelegt worden und wäre umrüstbar.


    Zum Bahnhof Wittenbergplatz:
    Auch hier wurde schon damals mitgedacht. So ist die Ergänzung einer weitere Bahnsteigkante auf der nördlichen Seite das Bahnhofs, und damit ein sechstes Gleis, nachträglich möglich - analog zu dem Zustand in der südlichen Hälfte "hinter den Gittern". Da Zugangsgebäude wurde so errichtet, das es die dazugehörige Treppe mit aufnehmen könnte.



    d.

  • ^

    Das ist richtig. Ferner gibt/gab es einen Tunnel, der unterhalb der Gleise der U1/U2 eine Ausfädelung des Gleises von Uhlandstraße in Richtung An der Urania ermöglicht. Dieser Tunnel wird aktuell gerade verfüllt, weil sein Zustand nach über 100 Jahren Nichtnutzung (und keiner ordentlichen Bewitterung) so schlecht ist, dass er nicht mehr verwendet werden kann. Den Raum am Wittenbergplatz kann man übrigens an der Tür in der Hintergleiswand erkennen, wenn man auf die U1/U3 in Richtung Westen wartet.


    Am U-Bahnhof Kurfürstendamm musste sehr aufwändig die feste Fahrbahn wieder abgerissen werden, weil die Bahnsteighöhe bereits dem Großprofil entsprach, an der Kante wurden Bleche zur Erweiterung angeschraubt. Die barrierefreie Nutzung machte ein Anheben des Gleises erforderlich, damit auf gleicher Höhe in Züge des Kleinprofils zugestiegen werden kann und deshalb liegt jetzt dort das übliche Schottergleis, muss so 2008 gewesen sein.


    Aus heutiger Sicht wäre eine Nutzung der Vorleistungen fragwürdig, denn man würde den Umsteigeverkehr einer neuen Linie zusätzlich zu den Ein- und Aussteigern durch die Vorhalle am Wittenbergplatz führen. In ganz frühen Planungen sollte der U-Bahnhof Wittenbergplatz zwei Ebenen erhalten, so wie es ursprünglich mal und viel später am U-Bahnhof Heinrich-Heine-Allee in Düsseldorf geplant war (und auch dort anders entstand, die Wehrhahnlinie kreuzt nun das Bauwerk). Die Aufweitung der Tunnel zwischen Wittenbergplatz und Kurfürstendamm wäre sehr aufwändig, auch der Bahnhof Uhlandstraße sollte dann verschoben werden. Deshalb wäre es sicher kostengünstiger einen eigenen neuen Tunnel für eine neue Großprofil-U3 zu errichten. Die Verknüpfung mit den Kleinprofillinien könnte alternativ auch am Magdeburger Platz erreicht werden. Die Erfahrung aus anderen Städten lehrt, dass über 100 Jahre Vorleistungen oft hinsichtlich ihres Zustands und der planerischen Grundlagen nicht sinnvoll zu nutzen sind, z. B. aktuell St. James in Sydney.

  • Ich denke, dass der Weiterbau der A100 vernünftig wäre. Die A100 würde perfekt in ein Verkehrskonzept passen würde, dass die Wohnviertel von Verkehr entlastet. Ebenso ist es Wunschdenken, der Individualverkehr wird nicht abnehmen, sondern durch Elektromobilität ersetzt. Die Mehrheit der Berliner ist auch für den Weiterbau entgegen der einseitigen Berichterstattung.

    Und auch wenn man es immer wieder wiederholen muss, ein öffentliches Nahverkehrssystem wie in Berlin braucht mehr Ubahnen um überhaupt mehr Menschen aufzunehmen und zu überzeugen das Auto stehen zu lassen, gerade wenn man außerhalb des Rings wohnt. Diese werden nicht gebaut. Die Grünen, SPD und Linke versprechen seit 20 Jahren den Nahverkehr auszubauen, und viel zu wenig ist passiert. Ohne die gegenwärtige A100 mag man sich den Berliner Verkehr gar nicht vorstellen.


    Die Kosten trägt bei Bundestraßen der Bund ebenso die Planung und Durchführung ebenso fällt letztendlich der Bund die Entscheidung.

    Ebenso ist es falsch zu behaupten der jetzige Senat sei dagegen. Frau Giffey hätte kein Problem mit dem Weiterbau, ebenso wenig wie Teile der SPD. Es wird auch nichts passieren vor den nächsten Wahlen, weil auch dem Bund klar ist, dass man lieber abwartet, wer dann regiert.


    Dass der Bau schwierig und teuer sein würde, das weiß man - ob es machbar ist, wird man sehen. Verantwortungsvolle Politik wäre es gewesen, die Weichen dafür schon seit Jahren zu stellen, aber das war nicht zu erwarten.


    Allein schon diese Meldung wird wieder die gespielte Empörung der Grünen und Linken auf Hochtouren bringen. Endlich wieder ein Feindbild das es zu bekämpfen gibt.

  • Die A100 würde perfekt in ein Verkehrskonzept passen würde, dass die Wohnviertel von Verkehr entlastet


    Ist dem denn so? Worauf fußt Deine Vermutung?


    Nach dem Prinzip der induzierten Nachfrage nimmt der Verkehr mit Erhöhung der Kapazität zu. Was an Kapazität vorhanden ist, wird ausgenutzt. In den Zufahrtsbereichen zur Autobahn würde der Verkehr definitiv erheblich zunehmen. Weshalb er dann in anderen Wohngebieten abnehmen soll, erschließt sich mir nicht, denn: Grundsätzlich bedeutet diese Verlängerung auch, dass die PKW-Fahrtzeiten von den östlichen Bezirken nach Süd- und West-Berlin, A2, A9 und Flughafen (und umgekehrt) zumindest außerhalb der Stoßzeiten deutlich reduziert werden. Dies würde zusätzlich mehr Autos und mehr Verkehr provozieren (Downs-Thomson-Paradox). Und da sich die Autos nach der Autobahn nicht in Luft auflösen, hat das sicherlich auch die entsprechenden Auswirkungen auf die Verkehrs- und Parkplatzsituation in den Wohnvierteln.


    Und noch ein weiterer Punkt, der mich stutzig macht: Zu Stoßzeiten sind die A100 und A113 ja jetzt schon brechend voll bis zugestaut. Wie soll das werden, wenn man den Verkehr aus FHain, PBerg etc über die A100-Verlängerung noch hinzu fließen lässt?


    Ich wäre wirklich an einer professionellen Einschätzung der Situation von Verkehrsplanern interessiert und lasse mich da auch sehr gerne eines Besseren belehren.

  • Ich glaube die Angelegenheit ist im Grundsatz gar nicht so kompliziert. Wo auch immer die Infrastruktur ausgebaut wird, wird diese auch lieber genutzt. Ein einfaches Beispiel meiner Situation wäre folgendes: Wenn ich zum Ostkreuz möchte, dauert es für mich über die S1 und Ringbahn etwa 30min, mit dem Auto über die A103, die A100 und die städtischen Straßen etwa 45min. Wenn nun die ausgebaute A100 praktisch bis zum Eingang des Ostkreuzes führt, wird diese Option ein großes Stück Komfort und Zeitersparnis hinzugewinnen. Ein kurzer Check auf Google Maps würde zukünftig das Auto als bessere Wahl darstellen und in vielen Fällen wird eine hypothetische Person aus meinem Viertel sich auch für das Auto entscheiden. Denn nicht alle fahren aus Prinzip ÖPNV, die Meisten machen es abhängig vom Komfort.

    Eine solche Situation wird sich aus zahlreichen Ausgangs- und Zielpunkten ergeben, weshalb der Verkehr nur zunehmen kann. Wenn die ganzen Autos dann von der Autobahn abfahren, macht sich das auch innerstädtisch bemerkbar.


    Es gäbe daher nur zwei Optionen: Entweder man baut die Autobahn nicht aus, damit die Verkehrslast nicht weiter zunimmt, oder man muss parallel zum Autobahnausbau eine bessere Option für den ÖPNV bereitstellen. Bei langen Strecken wird eine Straßenbahn nicht leistungsfähig genug sein. Auf Augenhöhe mit einer Autobahn kann nur eine effiziente U-Bahn für einen Ausgleich sorgen.

  • Es gäbe daher nur zwei Optionen: Entweder man baut die Autobahn nicht aus, damit die Verkehrslast nicht weiter zunimmt, oder man muss parallel zum Autobahnausbau eine bessere Option für den ÖPNV bereitstellen

    Oder man baut die Autobahn nicht und baut parallel ÖPNV und Fahrradinfrastruktur weiter aus um schrittweise die PKW-Kapazitäten innerhalb des Rings weiter zu reduzieren (das ist ja letztendlich auch der Plan der aktuellen Koalition). So untätig wie Theseus532 es oben darstellt, ist man ja nicht.


    Wünschenswert wäre sicherlich die U10 Weißensee-Alexanderplatz und perspektivisch auch noch weiter. Ansonsten sind eine Reihe sinnvoller Lückenschlüsse geplant. Man darf sich hier auch nicht zu sehr an potentiellen neuen U-Bahnlinien festbeißen, denn es existiert bereits ein flächendeckendes, gut ausgebautes Netz an U- und S-Bahnstrecken. Entscheidender wird sein, dieses Netz auch zuverlässig und hochfrequent zu befahren. Hierfür wurden von BVG (Baureihen J/JK) und S-Bahn (Baureihen 483/484) umfangreiche Zugbestellungen getätigt, die in den nächsten Jahren zulaufen und die Situation verbessern sollten. Die S-Bahn führt seit geraumer Zeit ein modernes Zugbeeinflussungssystem ein und die Berliner U-Bahn zieht ab 2025 nach (reduziert Zugfolgezeit auf 90 Sek.). Deutliches Verbesserungspotential gibt es mMn noch in den Bereichen Sauberkeit und Sicherheit. Hier muss der Standard einfach grundsätzlich angehoben und gehalten werden.


    Über die Notwendigkeit von Linienverlängerungen und Lückenschlüssen im Straßenbahnnetz haben wir hier ja letztens erst ausführlich diskutiert.


    Ganz entscheidend ist und bleibt der Ausbau der Fahrradinfrastruktur und zwar flächendeckend innerhalb des Rings und mit Radschnellwegen in die Außenbezirke. Keine Pop-ups und halbherzig auf die Straße gemalte Slalomstrecken, sondern wirklich baulich abgetrennte, breite Fahrradwege mit eigener Ampelschaltung, angepassten Kreuzungen, ausreichende Abstellmöglichkeiten (überdachte Sammelanlagen, Fahrradboxen, Fahrradparkhäuser) etc. pp. Es gibt hinreichend positive Beispiele, national und international: Wenn die Infrastruktur da ist, das Fahrradfahren sicher und komfortabel ist, dann steigen sehr viele Leute auf um. Durch Pedelecs und andere elektrisch unterstütze Fortbewegungsmittel wird das auch für ältere und/oder bewegungseingeschränkte Personen immer realistischer. Für lange Wegstrecken und Dauerregentage bleibt ein gut ausgebauter ÖPNV und in reduziertem Maße der PKW-Verkehr.


    Es ist ein Kanon an verschiedenen sich gegenseitig ergänzenden Maßnahmen und Mobilitätsformen (nicht entweder Auto oder U-Bahn) notwendig und in der Umsetzung absolut realistisch. Es muss jetzt halt nur gemacht werden ;) Ich wäre auch nicht per se gegen eine A100-Verlängerung, solange sie wirklich einen positiven Effekt hätte. Aber stattdessen ist absehbar, dass für sehr viel Geld bestehende Probleme verschlimmbessert werden. Da ist es auch egal ob man Auto-, Fahrrad- oder Bobbycar-Fan ist, bzw. welche Partei man wählt. Wenn es absehbar ist, dass es nicht funktioniert, sollte man es lassen.

  • Wünschenswert wäre sicherlich die U10 Weißensee-Alexanderplatz und perspektivisch auch noch weiter. Ansonsten sind eine Reihe sinnvoller Lückenschlüsse geplant. Man darf sich hier auch nicht zu sehr an potentiellen neuen U-Bahnlinien festbeißen, denn es existiert bereits ein flächendeckendes, gut ausgebautes Netz an U- und S-Bahnstrecken.

    Das müssen Sie jetzt nur noch

    den 55.000 Einwohnern in Weißensee (die weder U-noch S-Bahn haben),

    den 107.000 Einwohnern in Hohenschönhausen (die etwas S-Bahn haben)

    den 270.000 Einwohnern in Marzahn-Hellersdorf (wo der eine nur eine U-Bahn und der andere nur eine S-Bahn hat),

    und den Hunderttausenden von Rummelsburg bis Köpenick bis Friedrichshagen (ok die haben eine S-Bahn-Linie)

    erzählen.


    Der Berliner S-/U-ÖPNV (und der ist entscheidend) ist partiell sehr gut ausgebaut, wohne ich in Mitte, Kreuzberg oder Charlottenburg fehlt mir nichts. Die Schwächen werden aber schnell sichtbar wenn ich an Bus (z. B. sehr stark in Reinickendorf) oder Tram als Hauptzubringer angewiesen bin.

  • ^ Alle Ihre Argumente sprechen für eine U10/U3 vom Alex über Weißensee nach Hohenschönhausen und eine U11 (?) vom Hauptbahnhof über die Landsberger bis Marzahn. Klar, beides muss erst gebaut werden, was teuer ist und lange dauert – aber das gilt für die A100 auch, und deren geplanter Endpunkt (Storkower Straße) ist von allen genannten Stadtteilen weit entfernt.


    Das Argument, man müsse eine Autobahn bauen, weil es keine U-Bahn gibt, erscheint mir recht dünn (anders wäre das bei der Forderung, eine Autobahn stillzulegen, ohne dass Bahn-Ersatz besteht – aber darum geht es hier nicht).


    Im Kern geht es bei dem Streit zwischen dem Bund und Berlin natürlich weniger um die A100 an sich, sondern um die Richtung der Verkehrspolitik in den nächsten Jahrzehnten. Wollen wir eine Verkehrswende oder setzen wir weiter auf Autos, nur halt mit E-Motoren? Der Bund (zumindest das Verkehrsministerium) ist traditionell autofreundlich, Berlin (zumindest der Verkehrssenat) derzeit autokritisch.


    Ich persönlich bin auch autokritisch. Nicht, dass ich mir in den kommenden Jahrzehnten ein autofreies Land vorstellen könnte – dazu ist das Auto in Infrastruktur und Wirtschaft, Städtebau und Lebensgefühl zu tief verwurzelt. Aber doch so, dass ich eine Trendwende will, die das Auto nicht mehr wie selbstverständlich als Standard behandelt und alles dessen Erfordernissen unterordnet; eine Verkehrspolitik, die nicht mehr den überwiegenden Teil der Investitionen ins Auto steckt und den ÖPNV nicht mehr als Hilfsmittel für Kinder und Sozialfälle behandelt.


    Genau für die überkommene, auto-fixierte Verkehrspolitik steht aber der Weiterbau der A100 – gerade, wenn man ihn gegen die U-Bahnen aufrechnet. Er würde bedeuten: Abriss von (teils gründerzeitlichen) Gebäuden, Versiegelung von Flächen, Verbau der Stadtlandschaft mit Lärmschutzanlagen, Zunahme des Verkehrs und (als Folge) nicht zuletzt Ausbau der weitgehend zweispurigen Storkower in eine vierspurige Durchgangsstraße, damit sie den Verkehr überhaupt aufnehmen kann – also genau das Gegenteil von dem, was hier gerade sehr zu Recht am Beispiel der Martin-Luther-Straße gefordert wird.

  • Da muss man fairerweise aber noch ergänzen, dass der Großteil dieser Einwohner von einem gut ausgebauten Tram-Netz profitiert, welches für kurze und mittlere Wege hervorragend geeignet, z.T. sogar der U-Bahn überlegen ist (kürzerer "Weg zum Zug", mehr Stationen, nicht selten im eigenen Gleisbett). Auf längeren Wegen ins Zentrum oder darüber hinaus - was oft natürlich den Arbeitsweg betrifft - drängt sich allerdings zu oft ein nervendes Umsteigen in U- und S-Bahn auf. Trotzdem ist die ÖPNV-Anbindung generell in diesen Gebieten alles andere als schlecht und die intensive Nutzung der Tramlinien bestätigt dies.


    Aber grundsätzlich sind wir einer Meinung: Die U-Bahn ist aus diversen hier oft besprochenen Gründen das zu bevorzugende Verkehrsmittel, das trotz aller Schwierigkeiten immer weiter aufgebaut werden sollte. Eine U10 und U11, gepaart mit entsprechend optimierten (also z.T. neu trassierten) Tram-Linien, wären natürlich traumhaft...

  • ^^

    Abriss von Gebäuden, Versiegelung etc. gäbe es nur bei einer oberirdischen Bauweise. Große Teile der A100 verschwänden im Tunnel, was ja die Kosten treibt. Beim genauen Lesen erfährt man, dass der Bund die Planung überarbeiten wird, da sie eh überholt ist. Auch hier lohnt der internationale Vergleich. Es ist bei Weitem nicht so, dass andere europäische Städte in den letzten 10-15 Jahren keine Schnellstraßen mehr errichtet hätten. Nur eben weitgehend unterirdisch, im städtischen Bereich ist heutzutage kaum anderes möglich. Wer das Projekt Södralänken in Stockholm kennt weiß, dass eine unterirdische Verlängerung der A100 vergleichsweise kein Hexenwerk wäre. Der Tunnel der A100 wäre ab Treptower Park ca. 3 km lang. Auf dem 2000 eröffneten Tunnel Britz der A100 wurde ein Park mit Radweg angelegt, wo vorher öde Gewerbeflächen waren. Die Verlängerung der A100 würde jedoch zu großen Teilen bergmännisch unter Gebäuden aufgefahren werden können. Man könnte die Zufahrten auf jeweils eine am Markgrafendamm und am Tunnelende Güterbf. Frankfurter Allee beschränken. Man könnte auch darüber nachdenken, ob bei Reduktion der Anzahl an Anschlussstellen auch jeweils zwei Fahrspuren pro Richtung ausreichen. Der Ausbau der Storkower Straße ist da etwas kritischer zu sehen. Allerdings ist die Trennwirkung durch die Bahntrasse schon heute da, Aufenthaltsqualität für Anwohner geht durch den Ausbau nicht wirklich verloren. In diesem Bereich wäre es eine örtliche Hauptstraße (keine Autobahn mehr), wohl teilweise mit Lärmschutzwänden. Kann aber auch sein, dass die Anwohner dort heute schon lieber eine Lärmschutzwand hätten.


    Das alles dient nicht einer überkommenen auto-fixierten Verkehrspolitik, sondern der nüchternen Tatsache, dass sich insbesondere der Wirtschaftsverkehr nicht wegzaubern lässt. Es wird gerne vergessen: Die geplante Verlängerung der A100 diente in Untersuchungen zur Verkehrsumlagerung als Rechtfertigung zum Teilrückbau der Leipziger. Es geht auch nicht um einen perspektivischen Ringschluss, der ist lange Geschichte. Insbesondere die Gewerbegebiete in Lichtenberg-Nordost und Marzahn würden von dieser Verlängerung profitieren.


    Jetzt mal unabhängig ob Autobahn oder Hauptstraße gibt es in Berlin seit Jahrzehnten Dauerbrenner als Lücken im übergeordneten Netz der Hauptstraßen: erwähnte A 100, die TVO, die Verbindung Paulsternstraße-Wiesendamm/Freiheit, die Verbindung Michelangelostraße-Weißenseer Weg und auch eine irgendgeartete TVN zwischen Wartenberg/Hohenschönhausen, Pankow und Reinickendorf. Das hat nichts mit Autofixiertheit zu tun. Vier der genannten Beispiele liegen im früheren Ostteil, was kein Zufall ist. Dort besteht immer noch ein Nachholbedarf dahingehend, dass Ring-Radialen-System der Straßen sinnvoll zu ergänzen, um die Radialen etwas zu entlasten. So wie gerade dort auch neue U-Bahn-Strecken sinnvoll wären. Aber das kann man in der Tat nicht miteinander verknüpfen. Autobahn vs. U-Bahn ist genauso falsch wie U-Bahn vs. Straßenbahn.

  • Ich wäre wirklich an einer professionellen Einschätzung der Situation von Verkehrsplanern interessiert und lasse mich da auch sehr gerne eines Besseren belehren.

    Das ist bereits passiert. Im Bundesverkehrsministerium sitzen die professionellsten Verkehrsplaner Deutschlands.


    8)

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    Kommt drauf an. Die Deutsche Bahn kann sich wahrlich nicht darüber beschweren, dass sie im Verkehrsministerium nicht beachtet wird, die Lufthansa auch nicht. Anders sieht es beim ÖPNV aus. Niemand hat im Verkehrsministerium so eine schwache Lobby, wie die Nahverkehrsunternehmen. Das liegt natürlich auch an der Vielzahl der Unternehmen. Es liegt aber auch daran, dass sich beim Bund keiner Gedanken darüber macht, wieviel Millionen Menschen täglich mit Bus, Tram, U-Bahn, Stadtbahn in den Städten unterwegs sind (und was das für einen politischen Einfluss haben könnte). Man hat den Eindruck, dass aus deren Sicht Pendler vorwiegend im Regional-Express sitzen. Ich kann das aus eigener Erfahrung leidvoll bestätigen. Es gelingt nicht einmal, den mit dem Bund vor Jahren entwickelten bundesweit einheitlichen Rechtsrahmen im ÖPNV weiter zu entwickeln. Er scheut sich, dafür Verantwortung zu übernehmen und schiebt es auf die Länder und die Verkehrsbetriebe.

  • ^Die Deutsche Bahn betreibt doch aber auch Regional- und S-Bahnen.


    Ansonsten sollte man mE auch bedenken, dass Berlin lange gar kein Interesse am U-Bahn-(Aus-)Bau gezeigt hat. Wenn man mehr geprüft und geplant hätte, dann wäre inzwischen auch schon mehr bewilligt, finanziert und realisiert worden. Selbst bei der favorisierten Straßenbahn ist ja viel zu lange viel zu wenig passiert. Und nur Straßenrückbau alleine ist eben keine Mobilitätswende. Da könnte man ebenso zurückgeben, manch grüner Polit-Aktivist oder Aktivisten-Politiker aus dem Kreuzberger Kiez macht sich keine realistische Vorstellung, dass Autofahrer-Schikanieren die Verkehrsinfrastruktur nur noch mehr in Richtung Stau und Parkchaos treibt. Oder dass das Volumen eines Busses irgendwann dann doch mal voll ist und der dann auch mit im selbst herbeigeführten Stau steht. Oder dass die Familie mit Kinderwagen vermüllte und vollgekotzte Bahnsteige nicht hipp findet, sondern nur eklig.


    Ich bin sehr für einen starken ÖPNV. Da ich diesen selbst aktiv nutze, kenne ich aber leider auch genügend Baustellen.

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    Die DBAG betreibt eine Eisenbahn, auch für den Nahverkehr. Der wesentliche Teil des Nahverkehrs in Deutschland wird aber nach BOStrab, also im Sinne einer Straßenbahn betrieben. Das sind verschiedene Beteiligte, Interessen und eben Lobbyisten.


    Ich kann das Verkehrswende-Gerede nicht mehr hören, es versperrt den Blick auf die ganz realen Probleme, die Du skizziert hast. Viel Ideologie, wenig Substanz.

  • Der 17. BA der A100 ist ein stückweit Projekt für die Deutsche Einheit bzw Berliner Einheit nach 1990.

    Ein Blick auf Autobahnstadtkarte von Berlin genügt und man erahnt, dass weite Teile des östlichen und nördlichen Berlins, wo über 500.000 Einwohner leben, vom schnellen innerstädtischen Pkw-Verkehr abgeschnitten sind.


    Wer Verkehr in einer Weltstadt ganzheitlich denkt und sich U-Bahn Lückenschlüsse a la Krumme Lanke-Mexikoplatz wünscht, der muss auch Defizite im Kfz-Verkehr im Osten erkennen. Insbesondere der Wirtschaftsverkehr, der nicht durch ÖPNV ersetzt werden kann, profitiert vom Ausbau über die Spree.