Löwitz-Quartier + erweitertes Areal westlich des Hauptbahnhofes

  • DaseBLN: "Woanders is auch scheiße" als Ruhrgebiets-Phrase habe ich genutzt, um eine fatalistische Haltung zu kennzeichnen. Es ging mir um die Haltung bei der Architekturkritik, nicht um den Entwurf.


    Wenn du die exquisite bauliche Lösung des Lindauer Hafens nicht erkennen kannst, wundere ich mich. Aber sehen wir uns doch das Kölner Beispiel näher an. Du behauptest, "immer und überall" wären Bahnhofszufahrten "Gleiswüsten mit einstöckigen Funktionsgebäuden". Man schaue sich die Lage des Hansahochhauses (1924-25) direkt an der Gleiswüste an, des einst höchsten Hauses Europas mit damals äußerst avantgardistischer Architektur. Urban sind auch die "recht nah am Gleis gelegenen" Rheinhallen mit den repräsentativen Fassaden von 1928. Die Einfahrt in den Kölner Hauptbahnhof wird auch vom Museum Ludwig (1976) und dem Musical Dome geprägt. Letzterer ist zwar 1996 nur als Provisorium errichtet, bietet aber im Dunklen schon einen coolen Anblick. Natürlich ist die Lage am Wasser ein Pfund, mit dem nicht alle Städte punkten können. Gerade weil die Flüsse früher die wichtigsten Verkehrsstraßen waren, wurden repräsentative Architekturen zur Flussseite ausgerichtet. Auswärtige Besucher beeindrucken zu wollen, war nichts Despektierliches, sondern ein selbstverständliches Ziel und Teil der Baukultur.


    Ob man auf diesem Grundstück repräsentativ bauen sollte oder nicht, steht aber gar nicht infrage. Es wird ein Hochhaus, es hat einen Wettbewerb gegeben und es hat ein Entwurf gewonnen, dessen Umsetzung sicher nicht ganz billig ist. Um das Wie geht es.

    Mir klingt das am Ende einfach danach, dass man die Stadt hauptsächlich nach dem Gesichtspunkt bauen sollte, wie man auswärtige Besucher am Besten beeindruckt.

    Mir geht es nicht um "die Stadt", sondern um dieses konkrete Grundstück. Mir geht es darum, dass man eine Fassade so gestaltet, dass sie ideal in den umgebenden Raum hinein wirkt. Dieser Raum ist sehr groß und die Betrachter von drei Gebäudeseiten sehen diese in der Regel nur einige Sekunden lang. Und noch dazu braucht man keine Rücksicht auf die bauliche Umgebung nehmen, weil es diese gar nicht gibt. Wenn hier keine ausdrucksstarke Architektur entsteht, entsteht sie nirgends. Und so ist es ja auch.

    Betrachter selbst schuld

    Das ist allerdings eine Entschuldigung für mittelmäßige Architektur, die mir bisher neu war.

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  • Ja, das Hochhaus ist auch meiner Meinung nach nicht so der Brüller, wenn man es als Solitär betrachtet.

    Aber: Das Quartier ist vom Rest der erweiterten Innenstadt quasi abgeschnitten. Meine Meinung dazu habe ich weiter vorn in diesem Thread bereits ausführlich kundgetan. Das wird weder eine Bürostadt noch ein lebendiges Wohnquartier. Und dafür ist es, wie ich finde, ok. Ist halt ein Bürohaus am Bahnhof.

    In Zeiten der gestiegenen Baukosten kann man glaube ich noch froh sein, dass es keine einfache Kiste wurde.

  • Baufeld 8 (Büros) wird wie schon einmal gemeldet von der R&S-Immobilienmanagement GmbH aus München entwickelt und wird unter dem Namen "Arrival" vermarktet. Leider enthält der Artikel keine Informationen zum Baubeginn.

  • Rund um den Leipziger Hbf gab es aus verschiedenen Gründen eine "Gleiswüste":


    - Es war das Sumpfareal der Parthe, bis auf die Wiesen der Lohgerber (heute Kurt-Schumacher-Straße) und den Bädern (Gothisches Bad, Rohrteichbad) gab es keine Nutzung. Darum wurde es ja das Eisenbahnareal, welches zufällig bis an den Promenadenring heran reichte.

    - die Bahn-Funktionsgebäude bestanden aus Stellwerken (damals gabs den "Ceberus" als großes Reiterstellwerk), rechts und links der Gleise gab es die Eilgepäckabfertigung, östlich die sächsische, westlich die preussische. Damit ergaben sich "nur" Gebäudevolumen im einstöckigen Umfang

    - außerhalb derer waren die sächsischen und preussischen Güterbahnhöfe zur städtischen Versorgung, welche auch keine repräsentativen Gebäude erforderten. Einzig entlang der Brandenburger Str. gabe es mit dem heutigen AO Hotel das Bahnpostamt. Allerdings in zweiter Reihe hinter der Eilgutabfertigung.

    - Fazit: Die doppelstaatlichkeit der Bahnverwaltungen ergab vor Ort keine größeren Verwaltungsgebäude (die standen in Dresden und Halle)