Nürnbergs Makro-Entwicklung

  • Nürnbergs Makro-Entwicklung

    Spätestens seit der Debatte um den Soli-Zuschlag für Ostdeutsche Städte wissen wir: Der Wettbewerb unter Deutschlands Kommunen verschärft sich. Während die einen Schwimmbäder und Bibliotheken aus Geldmangel schließen müssen, eröffnen andere Kommunen zusätzliche oder modernisierte Infrastruktur. Insgesamt scheint der Trend zu größeren Ungleichheiten zwischen deutschen Städten zu gehen.


    In diesem Thread soll daher die Makroentwicklung der Stadt Nürnberg diskutiert werden. Wie steht die Stadt im deutschen Vergleich da? Welche Themen sind wichtig für Nürnbergs wirtschaftliche und gesellschaftliche Zukunft? Wo droht die Stadt den Anschluss zu verlieren? Was kann/soll die Stadt sich städtebaulich leisten? Wo sollte sie Schwerpunkte setzen?



    Zum Auftakt ein Paar aktuelle News:


    Schon Anfang März erhielt Nürnberg gute Noten von dem zur Financial Times gehörenden fDi-Magazin. In deren europäischen Standortvergleich "European Cities & Regions of the Future 2012/13" kam die Stadt in der Kategorie "Foreign Direct Investment Strategy Europa" auf Platz 10. in der Kategorie "Foreign Direct Investment Strategy Large Cities" erreicht sie sogar Platz 5. Unter der Kategorie "Economical Potential" kam sie auf Platz 9.


    Die Pressemitteilung aus dem Rathaus:
    http://www.nuernberg.de/presse…ilungen/presse_31359.html



    Im Netz findet man auch das gesamte Ranking.




    d.

  • Ein paar Gedanken dazu von mir.
    Nürnberg gehts gut:


    - Wohnungsnot, wenig Leerstand - daher Attraktiv für Investitionen
    - starke Wirtschaft, geringe Arbeitslosigkeit, große Attraktivität für Zuzug.
    - gesundes Stadtzentrum, in dem sich das gesellschaftliche Leben bündelt
    - starker Bildungs- und Forschungsstandort
    - exzellente Verkehrsanbindung mitten in Europa


    Vieles davon merkt man ja auch im täglichen Leben: Der Urfranke ist in Nürnbegr ja schon eine Seltenheit.

  • ^


    Bei den Punkten 2 und 4 habe ich meine Zweifel:
    Höchste Arbeitslosigkeit in Bayern.
    Keine richtige Uni. Im Hochschulranking der WiWo liegt Nürnberg (inkl. FAU Erlangen) übrigens nicht besonders gut.


    Das Problem Nürnbergs ist, dass hier zu wenige Firmenzentralen größerer Unternehmen sind.
    Positiv ist die Entwicklung bei: Messe, GfK, Datev und auch Diehl.

  • Im Vergleich der Halbmillionenstädte geht es Nürnberg aber recht gut.
    Als Indikator nehme ich da sehr gerne mal her, dass man es als Fotograf nicht leicht hat, hier morbide und verlassene Immobilien zu finden. Sie gibt es, keine Frage. Aber nicht so zahlreich wie in den Oststädten.

  • Man kann Nürnberg wohl kaum mit Oststädten vergleichen.
    Außerdem hat Nürnberg eigentlich von der Lage her zwei große Vorteile:

    • Sehr verkehrsgünstig - zentrale Lage in Europa
    • Oberzentrum - kaum Konkurrenzstädte im weiteren Umkreis
  • Weshalb ist Nürnberg nicht mit ähnlich großen Städten in Ostdeutschland vergleichbar? Ich sehe diese Vergleichbarkeit sehr wohl. Und dabei steht Nürnberg sehr gut da. Ich denke da vor allem an Leipzig und Dresden.

  • Die ostdeutschen Städte hatten natürlich gewaltigen Aufholbedarf und das hat man noch nicht so ganz geschafft.
    Ich denke aber mal, dass gerade Dresden und Leipzig in absehbarer Zeit Nürnberg locker abhängen.
    Man muss ja z.B. nur mal schaun, wie Regensburg seit der Ansiedlung von BMW aufgeblüht ist. Vorher war das ein verschlafenes Provinzstädtchen, heute steht Regensburg besser da als Nürnberg.
    Dies wird bei Leipzig sicher genau so laufen. Nur müssen die eben erst einmal den Vorsprung der westdeutschen Städte aufholen. Und das ist aber nur eine Frage der Zeit.


    Gerade auch bei Hochschulen steht Nürnberg gar nicht gut da. Da ist das Kaff Ilmenau z.B. wesentlich besser aufgestellt.

  • Ilmenau ist in Sachen Bildung besser aufgestellt als Nbg... und Leipzig/ Dresden lassen sich mit Nürnberg nicht vergleichen. Soso.


    Was mir sehr gut gefällt, dass sich der Ballungsraum in den Clustern Medizin und Nachhaltigkeit gut aufstellt. Das sind sicherlich zwei Orientierungen, die zukunftsweisend sind!

  • Harher, deine Vergleiche sind manchmal sehr schwer nachzuvollziehen.
    Regensburg blüht wohl wirklich auf, nachdem sich BMW dort niedergelassen hat. In dieses Boot kannst du auch Wolfsburg mit VW stecken. Geht es VW gut, geht es Wolfsburg gut. Wolfsburger z.B. sagen dir auch gerne, was es für Nachteile hat, wenn sich aus so einem Großunternehmen auch für die Stadtführung gewisse Zwänge ergeben.
    Aber genau das ist es, was Nürnberg sehr erfolgreich überwunden hat. Die einseitige Ausrichtung auf wenige Großunternehmen in der Industrie ist gebrochen. Es gibt hier nur noch wenige Unternehmen, die hier einfach zusperren könnten und tausende auf die Straße schicken. Denn die meisten davon sind schon zu (Quelle, AEG, Grundig, Bing, Fleischmann..).


    Das, was an deren Stelle getreten ist, ist belastbarer. Vielseitige Dienstleistungen und Hnadwerk.


    Im Vergleich dazu: Leipzig hat BMW, okay, und einen hervorragend laufenden Großflughafen. Aber an sonsten lebt die Stadt von ihrer Tradition und Subventionen. Abseits der Vorzeigestraßen- und Viertel, die im entsprechenden Threads auch hier gezeigt werden, schaut es schaurig aus. Leerstand, Preisdumping und eine Bevölkerung, die sich auch nicht viel leisten kann.
    Die große Uni kostet viel Geld. Leipzig hat aber nicht in dem Maße rundherum die Verzahnung mit der Industrie, wie es Nürnberg - und im weiteren Sinen die Metropolregion hat. Die FAU sollte man hier nicht kleiner machen als sie ist, immerhin hat sie ca. 33.000 Studenten (Leipziger Uni 25.000).


    Das Nürnberg kein Standort der Bildung, Forschung und Lehre sein soll ist falsch.


    In Nürnberg gibt es m.E. ganz andere Probleme:


    1. Die Stadt versteht es kaum, sich richtig zu vermarkten. Es geht nicht vor und nicht zurück. Man trennt sich nicht vom Mittelalter-image, in dem man sich bspw. ein paar Prestigeprojekte anschafft. Z.b. wäre der Südseite des Wöhrder Sees eine stattliche Hochhausskyline sehr gut gestanden. Wenn es dafür keine Nachfrage gibt, dann eben später. Immerhin hätte man mit einem klasse Hochschulneubau am S-Bahnhof Dürrenhof Akzente setzen können.
    Anderseits bekennt man sich aber auch nicht richtig zum Mittelalter-Image, indem man nicht nur alljährlich Feste abhält und das Christkindle im TV überträgt, sondern sogar konsequenter Rekonstruktionsprojekte in der Altstadt als Anziehungspunkte schafft (Der Pellerhof ist ein Anfang, aber da wären noch Topplerhaus, Bratwurstglöcklein, etc..)
    Die Politik steht diesbezüglich still. Was in der Nürnberger Presse als Erfolgsmeldung verkauft wird, lässt einen doch meistens nur lachen ob der Lächerlichkeit.


    Und der zweite Punkt: Nürnberg hat in Erlangen und Fürth recht große Nachbarn, die erheblichen Einfluss ausüben, gerade in Puncto Infrastruktur und Bildung. Ich nenne nur mal die Stadtumlandbahn StUBa, über die seit Jahren geredet wird, und die für sich genommen eigentlich nichtmal teuer ist. Es ist ne popelige Straßenbahnlinie mensch meier, andere Städte realisieren soetwas in Null Komma Nichts!!!!


    Und weil auf diese Weise große dinge zeitlupenmäßig voran kommen, fühlt sich die Stadt an als wäre sie eingefroren.


    Aber grundsätzlich sind die Voraussetzungen ideal:
    - Große Uni mit top verzahnung in die Wirtschaft
    - ein U-Bahnsystem (hat keine Stadt dieser Größe) und trotzdemkurze Wege
    - Top Verkehrsanbindung in Mitteleuropa, und sogar ein leistungsfähigen Hauptbahnhof (da nicht Kopfbahnhof) mit wenig Flächenverbrauch in der Innenstadt und einen nahe liegenden Flughafen, der auch völlig ausreicht.
    - Und nicht zuletzt einige echt gute Baugrundstücke in der Innenstadt, die eigentlich eine Magnetwirkung auf Investoren ausüben sollten.

  • Klar, so kann man es auch sehen: Nürnberg hat die großen Industrieunternehmen entsorgt und ist jetzt unabhängig von ihnen.
    Und - Nürnberg hat den Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft geschafft.
    Na ja, da gibt es klar ein paar Vorzeigeunternehmen (s.o. - z.B. GfK), ein Gros der Arbeitsplätze, die im Dienstleistungssektor entstanden sind, sind aber z.B. in Callcentern entstanden. Das sind aber meist nicht besonders hochwertige Arbeitsplätze.


    Und wer bestreitet, dass ein Vergleich zwischen West- und Oststädten immer noch schwierig ist, der verkennt doch die gewaltige Kluft, die zu überwinden war und noch ist.


    Und nochmal: in den Hochschulrankings schneiden die FAU und die FH nicht besonders gut ab. Z.B. liegen Bayreuth und Eichstätt/Ingolstadt vor Nürnberg im Fach BWL.

  • ich würde die Halbmillionenstädte derzeit so einteilen


    Osten:


    Leipzig und Dresden.
    Beide Städte mit großer Tradition. Beides auch Städte die schon vor dem Krieg echte Großstädte waren (Leipzig 1939: 709 000 Einwohner, Dresden 1939: 639 000). Nürnberg war dagegen, wirtschaftlich und gesellschaftlich, damals im Grunde Provinz.


    Wer übrigens die heutigen wirtschaftlichen Fakten anerkennt, weiß, dass weder Dresden noch Leipzig auf absehbare Zeit nur annähernd ihre Vorkriegsrolle wieder einnehmen können. Beide Städte leiden unter exorbitanter Arbeitlosigkeit und wenig eigenständiger wirtschaftlicher Substanz. Was dort glänzt wird oft durch Subventionen hoch gehalten! Und die gute Promotion der Städte hat in erster Linie politische Gründe (Aufbau Ost, Leuchttürme).
    Sollte Dresden und Leipzig die Kurve bis Ende des Jahrzhents (Soli) nicht geschafft haben wirds finanziell dort sehr sehr eng.



    Westen:
    Essen, Dortmund, Düsseldorf, Stuttgart, Bremen, Duisburg, Hannover


    Wie auch Dresden sind einige Landeshaupstädte darunter, insofern ist der Verlgeich nicht immer ganz fair.
    Städte wie Düsseldorf und Stuttgart sind Nürnberg sicherlich an wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Strahlkraft überlegen. Die restliche Konkurrenz aber eher nicht. Duisburg und Essen sind gefühlte Absteiger, Hannover hält sich wacker, mehr aber auch nicht. Bremen und Dortmund ebenso.


    Nürnberg hat seine Rolle unter Deutschlands Großstädten also kontinuierlich gefestigt. Bezüglich der Arbeitslosenzahlen in Ballungszentren liegt es hinter München und Stuttgart auf Platz 3.
    Ich sehe keinen Grund pessimistisch zu sein, die Stadt entwicklet sich sehr gut. Nur in Franken merkst so recht keiner. Jammern auf hohem Niveau.


    Mit Unternehmen wie Diehl, Adidas, Siemens, Puma, GFK, Datev, Leoni, Prinovis, Nürnberger Versicherungen und Schäffler gibt es eine ganze Reihe großer und prosperierender Unternehmen im Ballungsraum.


    d.

  • ... nicht zu vergessen Bosch, Faber Castell, Playmobil, Schöller, Pfleiderer oder auch die BA (Arbeitsagentur)


    Und als Museumsstandort ist Nürnberg auch nicht unterversorgt.


    Einzig es fehlt (meines Erachtens) am Gefühl, dass der doch vorhandene relative Wohlstand auch Ausdruck findet in der Bautätigkeit in der Stadt. Soetwas wie das von der Faber-Castel-Familie komplett wiederhergestellte Faberschloss in Stein ist leider selten in der Stadt. Es gibt hier zu wenig Mäzenatentum. In Berlin (blöder Vergleich, aber egal) ist es schick, sich als Wohlhabender industrieller durch ein herausragendes kulturelles Projekt einen guten Namen zu machen.

  • Man sollte auch dazu Übergehen Nürnberg nicht Isoliert zu Fürth und Erlangen zu sehen.
    Und dann sieht die Region nicht so schlecht aus.


    Im Moment ist zu beobachten dass einige Lücken und herunterbekommenden Immobilien gefragt sind, es wird einiges Gebaut.


    Mit den DB Gelände hinter dem XXL Lutz wird die Stadt demnächst ein Großes zu Entwickelndes Fläche bekommen.


    Im Moment Herrscht ja eher Aufbruchsstimmung, Wöhrdersee, Tiefes Feld, Innenstadt, und so manches Projekt wie Quelle Fürther Straße.


    Chancen sind da, die müssen nur angegangen werden!

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    Richtig, wenn man die Region betrachtet (v.a. Herzogenaurach und Erlangen mit einbezieht), dann sieht es nicht schlecht aus. Viele der oben aufgeführten Unternehmen sitzen in der Region, nicht jedoch in Nürnberg.
    Natürlich muss man also auch die Region betrachten, in vielen Bereichen muss man aber auch auf die einzelnen Kommnunen abstellen. Und da sieht Nürnberg im Vergleich zu den Nachbarstädten eben etwas schwach aus.
    Da viele Aufgaben eben von den Kommunen zu schultern sind, darf man dies nicht vernachlässigen.

  • zu #12:


    Es gab oder gibt schon ein paar Mäzene. Leider ging die Stadt Nürnberg mit denen teilweise gar nicht besonders freundlich um. Klutentreter bezahlte zwar einiges in Nürnberg, man ließ ihn aber oft spüren, dass er meist eher lästig erschien. Diehl hat viel für die Altstadt getan, allerdings weitgehend im Hintergrund.


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    Mod: Bitte das Zitieren auf das Maß beschränken, das für die Verständlichkeit wirklich notwendig ist. Danke.

  • Ich bin kein Freund davon, Ballungsräume zu differenziert zu sehen. Das ist genau das veraltete Kirchturmdenken. Positiv hervorzuheben ist ebenso die Vermarktung als Kerngebiet der Metropolregion. Es sollten weitere Vernetzungen unter den drei Kernstädten geben!

  • Klar ist es albern, wenn sich die Städte Konkurrenz machen, anstatt zusammen zu arbeiten.
    Aber es ist eben Realität.
    Man schafft es ja nicht einmal, z.B. die Feuerwehren zusammen zu legen.
    Auch bei der Bewerbung um BMW haben sich Nürnberg und Fürth gegenseitig Beine gestellt.

  • Richtig, die Städte haben ein Konkurrenzdenken und das wird in absehbarer Zeit auch nicht anders sein. Die einzige Lösung, wie man dieses Denken ändern könnte, wären Stadteingliederungen, was niemals passieren würde, schon alleine weil die Verwaltung fast halbiert werden könnte, wenn man Fürth und Erlangen nach Nürnberg eingemeinden würde. Was die Städte dadurch an Geld gewinnen könnten, das möchte ich gar nicht weiter ausführen. Schon alleine wenn man sich die Zuschüsse der Regierungen vorstellt, die zum Teil auch nach Einwohnerzahlen gestaffelt sind.

  • Theoretische wäre das sicher der richtige Weg - wird aber nie kommen.
    Dazu sind Nürnberg und Fürth viel zu "verfeindet".
    Hat aber an anderer Stelle auch nicht geklappt - Stadt Lahn.


    Natürlich könnte man da gewaltig einsparen, aber da sich Verwaltung und auch die Politik eben nicht einsparen wollen, hat so etwas keine Chance.


    Eine große Stadt könnte aber wesentlich mehr bewirken, als das Konstrukt einer Metropolregion.

  • Und sicherlich wäre in diesem Falle Nürnberg nicht dazu bereit, die Schulden der Stadt Fürth bzw Erlangen mit zu übernehmen! Es fallen trotzdem erhebliche Mehrkosten für die Kommune an. Es würde doch schon genügen, wenn man sich über die Infrastrukturellen Maßnahmen einigen könnte. Somit braucht es keinen Zusammenschluss der Städte.