Potsdam: Wiederherstellung der historischen Innenstadt (Projekte)

  • ^ Nun, wohl nicht unbegründet. Das Ding hat eine ähnlich katastrophale Auswirkung wie das Marstall-Center auf das Schloss Ludwigsburg.

  • Ich dachte, das Thema wäre abgehakt. DDR-Architektur gehört auch in die Innenstadt. Immerhin haben das genügend politische Mandatsträger und auch ein paar einflussreiche Bürger und Mäzene schon vor einiger Zeit erkannt. Und mich als Potsdamer hat das Mercure auch nie gestört.

  • Man kann sich auch eine Meter 2 hohe Kloschüssel ins Wohnzimmer stellen und behaupten, dass man sich nach 3 Jahrzehnten daran gewöhnt hat.

    Nur wird man Niemanden der zu Besuch kommt überzeugen können, dass man ein Interesse daran gehabt hat seine Wohnung nach klassischen Stilmerkmalen einzurichten.

  • ^ Solange Du diese "2 Meter hohe Kloschüssel" im Wohnzimmer auch benutzt, kannst Du deinen Besuch sicherlich auch von der Sinnhaftigkeit der Aufstellung überzeugen.


    Soviel zu Deinem Niveaulimbo.


    Aktuell stehen sich an dieser Stelle zwei städtebaulich grundlegend unterschiedliche Konzepte gegenüber. Wer war nun zuerst da und hat das Recht zu bleiben, Henne oder Ei?


    Das Mercure gehört sicherlich zu den besseren und individuellen Bauten der DDR-Moderne. Zudem dient es immer noch sehr gut seinen Zweck und ist baulich auch noch ganz gut in Schuss. Im nationalen- und internationalen Vergleich, ist es aber auch nur allenfalls mittelmäßig. Ich habe manchmal das Gefühl, dass alles was kein DDR-Systembau ist, aus nostalgischen oder lokalpolitischen Gründen, architektonisch zum Denkmal der DDR-Moderne stilisiert wird.


    Sicherlich sollten auch bauliche Zeugnisse der DDR im Stadtbild erhalten bleiben. Für mich wirkt die aktuelle Szenerie aus geleckter greller Schlossfassade, grobschlächtiger zeitgenössischer Staffage und dem "alten" Mercure-Hochhaus im Schnittpunkt der Hauptsichtachsen irgendwie surreal.

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  • Mal ein Zwischenruf von jmd. der im Ruhrgebiet in einer Region, in einem Meer von Hässlichkeit lebt.


    Wo denn, wenn nicht in Potsdam? So viele bundesdeutsche Städte gibt es nicht, in denen eine vergleichbare Wiederherstellung möglich ist/wäre.

  • Ich fände es ziemlich dekadent, ein funktionierendes Hotel zu kaufen und abzureißen, nur weil es nicht zum restlichen Stil des Ortes passt.

    Der Lustgarten ist ohnehin durch eine Breite Schneise vom Schloss getrennt, es ist also nicht so, dass hier ein attraktiver Park entstünde.


    Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich in einer Demokratie eine Mehrheit dafür finden wird, Steuergelder für die ästhetischen Befindlichkeiten einiger weniger zu verbraten, ohne dabei einen Mehrwert für die Allgemeinheit zu schaffen, ja dabei sogar Werte zu vernichten.

  • Dieser Ort ist doch ein Ort der Allgemeinheit. Es dominieren öffentliche Bauwerke und Plätze. Potsdam zu besuchen ist eine Freude und während dieser Teil Potsdams vor einigen Jahren noch eine Ödnis, ein Unort war, so ist er jetzt wieder das Zentrum dieser einmalig schönen Stadt mit ihren Gärten, Schlössern und Seen.


    Die Entfernung des Hotels, die Reparatur des Lustgartens und die Verschmälerung der Straße würden sich absolut lohnen in jeder Hinsicht.


    ... aber auch mit Mercure ist es schön.

  • Wo denn, wenn nicht in Potsdam? So viele bundesdeutsche Städte gibt es nicht, in denen eine vergleichbare Wiederherstellung möglich ist/wäre.


    Eben !


    Potsdam hat durch seine malerische Lage die Chance in den nächsten Jahrzehnten zu einem deutschen Florenz zu werden. Dazu braucht es jedoch noch viel Anstrengung um die zahllosen DDR-Altlasten im Zentrum abzureißen. Das Mercure ist architektonisch, in seiner Kubatur, ein klassisches Hochhaus im "International Style". Mies van der Rohe lässt grüßen. An dem Hotel ist nichts DDR-Spezifisches zu entdecken. Außer vielleicht die dröge Farbgestaltung im Honecker-Beige.

  • Ich als Ruhrgebietler, der Potsdam öfter besucht hat, muss sagen, dass das Mercure Hotel äußerst störend wirkt. Es existiert zwar eine breite Straße zwischen dem Potsdamer Stadtschloss und dem Lustgarten, der natürlich diese beiden Bereiche, die eigentlich zusammen gehören, trennt, dennoch darf man aus meiner Sicht beides als Einheit sehen, und unter diesem Gesichtspunkt ist das Hochhaus ein erheblicher Störfaktor. Letztendlich beeinträchtigt es in beide Blickrichtungen die Sichtachse, sowohl vom Schloss auf den Lustgarten als auch umgekehrt. Es nimmt so viel von dem Blick auf das Schloss, dass die Wirkung dieser beiden Bereiche erheblich beeinträchtigt ist. Wenn ich ein Schloss aufbaue und einen Lustgarten dazu gestalte, sollte ich alles dafür tun, dass diese beiden Bereiche, die historisch immer zusammengehört haben, auch möglichst zusammen bleiben und zusammen betrachtet werden können. Natürlich wäre in diesem Zusammenhang das Optimum, wenn die Straße unterirdisch verlegt würde, zumindest für den Abschnitt zwischen dem Schloss und der Langen Brücke. Auch das ist machbar, aber wahrscheinlich ein nicht bezahlbares Unterfangen .

    Das Hotel hingegen wollte ja bereits einmal Hasso Plattner auf seine Kosten abreißen lassen, die Linke in Potsdam hat dies mit aller Macht verhindert, was aus meiner Sicht ein großer Fehler gewesen ist.

  • Ich dachte, das Thema wäre abgehakt. DDR-Architektur gehört auch in die Innenstadt. Immerhin haben das genügend politische Mandatsträger und auch ein paar einflussreiche Bürger und Mäzene schon vor einiger Zeit erkannt.

    Abgehakt ist da gar nichts. Was waren das denn für Mandatsträger und einflussreiche Bürger sowie Mäzene?

    Was die DDR-Bauten in der Innenstadt von Potsdam betrifft, welches Gebäude würde man dann wieder genauso aufbauen (Wie es z.B. bei historischen Gebäuden immer wieder gemacht wurde und die durch die Bank erfolgreich waren) wenn diese wegen was auch immer (z.B. durch ein Feuer) zerstört wurden?

  • Parteiübergreifend ein großer Teil der Stadtverordneten, inklusive des Bürgermeisters. Des Weiteren Hasso Plattner, Kai Dieckmann und selbst Günter Jauch ist in zurückliegenden Interviews von seiner Abriss-Forderung abgewichen. Die öffentliche Debatte war damals tatsächlich emotional hoch aufgeladen, weil viele Potsdamer (älter als ich) eine gewisse Verbundenheit mit Hotel besitzen. Nachdem der Abriss aber vom Tisch war, ist es um das Mercure ruhig geworden. Daher meine Verwunderung, warum das Thema hier wieder aufgeploppt ist.


    Mehr Aufmerksamkeit erhält derzeit eindeutig die Restaurierung des Terrassen-Restaurants Minsk, übrigens auch finanziert von Plattner, das dann dessen DDR-Kunstsammlung beherbergen soll. Dieser Coup kam bei den meisten Potsdamern äußerst positiv an.


    Ich kenne leider kein DDR Gebäude in Potsdam das abgebrannt ist, daher kann ich die Frage nicht beantworten. Allerdings hab ich bei mehreren Führungen in anderen Städten so weit aufgepasst, um zu wissen, dass in der Geschichte viele Gebäude nach einem Unglück eben nicht wieder originalgetreu aufgebaut wurden. So clever waren die Menschen schon vor 100 oder 200 Jahren.

    Die Potsdamer Nikolaikirche bspw. wurde nach Bränden architektonisch verändert wiedererrichtet. Weitere prominente Beispiele werden sich bestimmt finden lassen.

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  • ^Das Gebäude, in dem Mercure (Accorgruppe) ein Hotel betreibt, gehört seit 2016 der FDM Management, denen auch das Park Inn Gebäude am Alex und das Gebäude des Westin Grand UdL/Friedrichstraße gehört. FDM gehört zu 40% dem Foncière des Murs, der wiederum zur Foncière des Régions-Gruppe gehört. Die anderen 60% werden von ACM Vie, BNP Paribas Cardif, Caisse des Dépôts, Crédit Agricole Assurances und Société Générale Insurance gehalten. Hört sich erstmal solide an, und der Drops scheint damit gelutscht. Mit Corona geht es Hotelbetreibern wie Accor nicht gut, und den Reits, die ihre Immobilien halten und hoch verschuldet sind, schlechter. Hier könnte man, wenn man das Gebäude weghaben will, nur mit einem Rückkauf ansetzen, was aber trotz Corona eine sehr teure Lösung bleibt. Dass eine Eigentümerin freiwillig diesen Standort aufgibt, halte ich für eine Illusion. Ein betriebenes Hotel ist wahrscheinlich auch ansehnlicher als eine verfallende Hochhausruine.


    P.S. Foncière des Régions ist jetzt Covivio. Zuständig für den seinerzeitigen Erwerb des Immobilienportfolios, zu dem das Potsdamer Hotel gehört, war Dominique Ozanne, jetzt Deputy-CEO der Covivio.

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  • Parteiübergreifend ein großer Teil der Stadtverordneten, inklusive des Bürgermeisters.

    SPD, Linke, Grüne ist nicht "parteiübergreifend". Aktueller Stand:


    Abriss des „Mercure“ bleibt Ziel in der Potsdamer Mitte


    Langfristig soll das Hotel „Mercure“ abgerissen werden – dieses Sanierungsziel für die Potsdamer Mitte steht nicht zur Debatte. Ein Antrag der Fraktion Die Andere, wonach das Gebäude neu bewertet werden müsse und ein Abriss nicht mehr verfolgt werden soll, wurde von den Stadtverordneten abgelehnt.

    https://www.maz-online.de/Loka…el-in-der-Potsdamer-Mitte


    Des Weiteren Hasso Plattner, Kai Dieckmann und selbst Günter Jauch ist in zurückliegenden Interviews von seiner Abriss-Forderung abgewichen.

    Folglich gab es eine Abriss-Forderung. Als diese nicht mehr durchsetzbar war, hat man sich distanziert.


    weil viele Potsdamer (älter als ich) eine gewisse Verbundenheit mit Hotel besitzen.

    Quelle? In dem Hotel wohnt kein Potsdamer. Wer sollte irgendwas vermissen wenn es weg wäre?


    Mehr Aufmerksamkeit erhält derzeit eindeutig die Restaurierung des Terrassen-Restaurants Minsk,

    Stadtrand und nicht Stadtmitte

  • Ich gebe auch gerne zu, dass ich konkret nur das Desaster in Ludwigsburg kenne. Aber es ist definitiv in Potsdam das gleiche Problem. Hier mal mit Google Earth ungefähr nachgebildet:


    Ludwigsburg:

    kATLYu5.png


    Potsdam:

    Ial9753.png


    => Beides Bausünden aus den 60ern/70ern. Das Problem ist nur, dass Wohnungen wohl nicht abgerissen werden können und Ludwigsburg diesen Störfaktor immer behalten wird, währen man ein Hotel schon eher entfernen kann.

    => Daher ist das letzte Wort noch lange nicht gesprochen in dem Zusammenhang (Siehe auch Beschluss der Stadtverordneten)

  • ^Ich hätte übrigens statt des Hotels auch lieber den Lustgarten. Ich denke aber, dass man mit den Realitäten umgehen muss: Das Mercure hat ungefähr 200 Zimmer, bei c.€50 Gewinn pro Zimmer und Tag wirft es also c.€3,4Mio im Jahr ab. Bei 5% Rendite also c.70Mio Ertragswert. Put your money where your mouth is. Die Stadtverordneten müssen nicht nur beschließen, sondern auch ein Angebot machen.


    Alternativ, und wenn es allen Beteiligten so sehr am Herzen liegt, ist vielleicht ein Ausgleich durch bessere Verwertung der Alexanderplatz-Grundstücke der Covivio möglich (falls Regula L. mitliest: Berlin hilft Potsdam, size does matter...).


    Alles andere ist nur heiße Luft.

  • ^ Potsdam hat unzählige Hotels und die Rechnung kommt nur dann hin wenn von Weihnachten bis Weihnachten jedes Zimmer jeden Tag belegt ist. Das ist nicht der Fall. Die wirtschaftliche Auswirkung wäre in einem überschaubaren Rahmen.


    Es geht ja auch nicht darum, dass die einzige Alternative ein Park ist. Man kann dort auch ein anderes Hotel hinbauen, welches höherwertige Zimmer anbietet, nicht so hoch ist und architektonisch sich an die Umgebung anpasst anstatt zu stören.

  • Bitte einmal in Potsdam die Fachleute anzapfen. Es gibt eine Gestaltungssatzung bzw. Sanierungsziele für den Lustgarten, die den Abriss des Gebäudes vorsehen. Dies bedeutet, dass zunächst Bestandsschutz für das Hotel besteht, aber keine Erweiterungen und schon gar kein Neubau genehmigt werden dürfen. Das Hotel darf langsam vor sich hinrotten und dann nur noch abgerissen werden.

  • Das Mercure ist eher ein Touristenhotel. Diese bleiben nun aus und daher wird auch Dank Corona es sicherlich nicht noch mal 30 Jahre dauern bis der Schandfleck weg ist.