Nbger Nordosten: Rennweg, Schoppershof, Weigelshof

  • Geht mir ähnlich wie Euch beiden. Man bleibt etwas ratlos zurück. Auf jeden Fall liegt es deutlich über dem Niveau der üblichen Schaumstoffkisten. Aber es wirkt schon etwas eigenartig. Wie ein Stein gewordener Wolpertinger.


    Trotzdem überwiegt die Erleichterung: Mein Credo ist schon seit langem, dass unabhängig von der Form das Baumaterial Sandstein das Hauptcharakteristikum Nürnbergs ist und als solches erhaltenswert. Ich kann mich mit fast jeder Form anfreunden, wenn das Baumaterial bzw. die Fassade nicht wie ein Fremdkörper wirkt. Bei zeitgenössischem Bauen merkt man meistens, dass vorgefertigtes Industriematerial verbaut worden ist. Hier hat man zwar in gewisser Weise die Leiche des Vorgängerbaus gefleddert. Aber dass deshalb Sandstein kombiniert mit einer unaufdringlichen Fassadenfarbe die Außenwirkung prägt, tut dem Gesamteindruck des insgesamt ja stimmungsvollen Fenitzerplatzes sicher gut.

  • Boah, Leute, unschüssig seid ihr da? Ich nicht!
    Ich war seit Jahren nicht mehr hier im Forum, weil ich dachte, es lohnt sich ja nicht, sich aufzuregen, aber gestern habe ich dieses Monster am Fenitzer Platz gesehen und musste mich fast übergeben! Und jetzt rege ich mich auf:
    Nur weil Sandstein verwendet wurde, ist das noch kein gutes Bauwerk! Welcher Blinde hat denn die Fassadenfarbe dazu ausgesucht? Ein solches Rosa zum Sandstein, ernsthaft?? Da sieht der Sandstein richtig blass aus dagegen. Und Messinggeländer zu dieser Farbgebung? Warum??? Und was machen diese unmotivierten Ornamente an den Balkonbrüstungen??? Einfach nur, damit sie da sind? Und die Stützen an den Ecken der Balkone, was haben die für eine Form? Rund? Und dann vorne abgeflacht, damit sie nicht drüber rausstehen, oder was? War das ein Versehen?
    Verspieltes Geländer, also bitte! Ich habe gar nichts gegen verspielte Geländer, aber nur da, wo es passt und hier passt es nicht! Die „verspielten Geländer“ retten den brutalistischen Eindruck der Balkone auch nicht! Im Gegenteil, das sieht aus wie eine güldene Spitzenborte auf einem Betonblock.
    Man kann nicht alles in ein Gebäude packen, was einem gerade gefällt und was zu viel ist, ist zu viel!
    Wer war denn da der Architekt? Also ich vermute mal, es gab keinen Architekten, denn ich kann mir echt nicht vorstellen, wo der studiert haben könnte! Missachtet ALLES, was man in einem gestalterischen Studium lernt. Da ist ja jeder weiße 08/15 Bauhausverschnitt-Klotz wohltuender für’s Auge als dieses Ding.
    Wie man es noch retten könnte? Gebrochenes weiß oder einen kontrastierenden Ton (grünlich, bläulich) statt rosa, Geländer reduzieren (die überflüssigen Überstände links und rechts der Fenster weg) und Geländer und Fenster lieber in einem dunklen Bronzeton statt in diesem gelben Messing (ok, dafür ist es zu spät, dann halt Überstreichen)! Wenn man unbedingt an ein Gründerzeit- oder Jugendstil-Haus erinnern will, könnte man die Wände in einem hellen Türkiston streichen und die Geländer und Fenster in einem dunkleren Türkistton, wie Grünspan in etwa, wie das Dach des Turmes der Bismarckschule.
    Außerdem würde ich die Decken der obersten Balkone wieder abreißen!
    Oder ganz abreißen….

  • Frau S aus N:


    Ich teile Ihre Kritik an dem Neubau vollständig, ich hätte sogar noch mehr Einzelheiten zu kritisieren. Dennoch ist mir dieser Neubau aus falsch verstanden Stilmitteln und ungeschickt zusammengesetzten Anleihen der historischen Fassadengestaltung lieber als die Alternative:


    Öde, weiße, geistlose, abweisende, hässliche, plumpe und störende "Moderne", die einem immer wieder als "moderner Bauhausstil" verkauft wird. Unfreiwillig komischer Architektensprech im begleitenden Marketing, der dann von "bewusst zurückhaltend", "elegant reduziert", "auf Schnörkel verzichtend" "durch klare Linien bestechend" "sich gekonnt in die Umgebung einfügend" angedreht wird, dabei ko****t einem der Architekt seine Verachtung für das Vorhandene und Gewesene förmlich ins Gesicht.


    Nein, vor diesem Hintergrund, in dieser Realität, freue mich über den mutigen Bau von Hild & K Architekten aus München, die "unbefangen" die in der Umgebung "vorhandenen Stilmittel" "mutig aufgegriffen" und in "zeitgemäßem Architekturverständnis" "neu komponiert" haben. Ist fast schade, dass sie sich keine Plakette an der Fassade gegönnt haben, so könnte das verspielte Haus einst eher Denkmalschutz erlangen.

  • Da gab es tatsächlich Architekten! Und nicht etwa einen Jungarchitekten aus Indien oder so.... unglaublich!
    Nothor, sie schreiben, sie teilen meine Kritik an dem Neubau, verteidigen ihn dann aber doch vehement... und wünschen ihm tatsächlich baldigen Denkmalschutz? Gott bewahre! Nichts daran ist schützenswert! Es ist hier nicht ein neuer toller Baustiel erfunden worden oder sowas, es wurden einfach nur verschiedenste Dinge zusammengeklebt, die nicht zusammenpassen.
    Woher haben Sie die Textbausteine in ihrem letzten Absatz? Wer hat das so formuliert?


  • Nothor, sie schreiben, sie teilen meine Kritik an dem Neubau, verteidigen ihn dann aber doch vehement...


    Ja, weil ich der Ödnis des heutigen "Baustils" einfach absolut überdrüssig bin. Gestaltung komplett zu verweigern kann man nicht ernsthaft als Stil bezeichnen, auch nicht, wenn man ihn Bauhaus nennt. Bauhaus war schließlich etwas ganz anderes als das völlige weglassen und ignorieren von allem. Man schaue sich mal um was landauf landab Preise gewinnt: https://www.competitionline.com/de
    Der Gedanke, dass an dieser Stelle am Fenitzer Platz ein schneeweißer Schuhkarton entstehen könnte ist ein Alptraum für das Stadtbild. Dann lieber dieses Potpourri.


    Wo ist die Grundregel geblieben, dass sich Neues in Vorhandenes einfügen soll, um ein harmonisches Gesamtbild zu ergeben? Diese "Brüche" und "Kontraste" sind kaum noch zu ertragen und man möchte beinah jedes Wochenende nach Italien fahren um sich davon zu erholen.

  • @ Frau S aus N:


    Sehe das exakt wie Sie. Das Vorhaben erfüllt aus meiner Sicht den Tatbestand der Verunstaltung. Aber ich vermute, da sind wir hier deutlich in der Minderzahl. Das DAF sollte sich eh umbenennen (oder direkt mit Stadtbild Deutschland verschmelzen), denn wer sich wirklich für Architektur - im Sinne zeitgenössischen Bauens und weniger des Retro-/Reko-Bauens - interessiert, kommt hier zu kurz.

  • @ Frau S aus N:


    Sehe das exakt wie Sie. Das Vorhaben erfüllt aus meiner Sicht den Tatbestand der Verunstaltung. Aber ich vermute, da sind wir hier deutlich in der Minderzahl. Das DAF sollte sich eh umbenennen (oder direkt mit Stadtbild Deutschland verschmelzen), denn wer sich wirklich für Architektur - im Sinne zeitgenössischen Bauens und weniger des Retro-/Reko-Bauens - interessiert, kommt hier zu kurz.


    Es gibt einfach einen Unterschied, ob man wild drauf losholzt und persönlichen Geschmack über alles stellt oder ob man kompromiss- und realitätsbezogen an die Sache herangeht. Ich bin froh, dass es hier im Forum viele kritische Stimmen gibt und dabei die realistischen und konstruktiven Kritiker überwiegen.

  • ... denn wer sich wirklich für Architektur - im Sinne zeitgenössischen Bauens und weniger des Retro-/Reko-Bauens - interessiert, kommt hier zu kurz.


    Warum kommt hier jemand zu kurz, hier darf jeder kommentieren, berichten und Fotos teilen. Wenn man der zeitgenössischen Architektur mehr Geltung verschaffen möchte, heisst es aufraffen, rausgehen, Fotos machen und diese dann hier teilen. Speziell im Nürnberg/Fürth/Erlangen-Bereich ist daran noch niemand gehindert worden. Wenn man aber still bleibt muss man sich nicht wundern, wenn nur andere Meinungen hörbar sind.

  • Missachtet ALLES, was man in einem gestalterischen Studium lernt.


    Welche gestaltenden Elemente meinst du da? Basiskubatur vom Feinsten wird gelehrt. Wobei ich auch die deutsche Architektur grundsätzlich abstoßend empfinde, muss ich sagen, dass bei dem Gebäude schon ein Hauch an Abwechslung gegeben ist. Von daher deutlich besser als das durchschnittliche Gebäude in Nürnberg.

  • Werderstraße 23-25

    Bevor der Komplex in der Werderstraße fertig bezogen und damit kaum noch zugänglich ist, hier noch zwei Bilder von der Rückseite und dem Rückgebäude:



    Die Rückseite des Neubaus scheint mir stimmiger zu sein, auch wenn sie zu wenige Fenster hat. Man hätte wirklich auf die Balkone zur Straßenseite verzichten sollen, zugunsten großzügiger (und großstädtisch wirkender) Fenster, und auf der Rückseite die Balkone anbringen können, die durchaus hätten größer sein dürfen als diese kleinen hier sind. Das Rückgebäude spricht dann schon eine stimmigere Sprache, hier passen die Details besser zusammen:



    Weil wir aber gerade beim Thema waren; gleiches Baujahr, nur wneige Straßen entfernt und doch Welten davon trennend, die fast fertige Feldgasse 46:




    Bei diesem Entwurf hat es letztlich an Allem gefehlt, ganz besonders an der Lust zur Gestaltung. Schon im Vergleich zum armen Entwurf, der nur ganz dezent strukturiert und gestaltet ist, fällt das Resultat deutlich ab. Man hat sich letztlich alles gespart: Das Dach am Giebel fehlt zugunsten dieser Absturzsicherung, es fehlen sämtliche Farben, die angedeutete Erdgeschossbossierung sowie eine gesamte Fensterreihe:



    Visualisierung: Bauhaus Liebe und Partner


    Der Bau ist damit völlig aus der Zeit gefallen. Seine Botschaft ist die eines Wohnungsbaus in einer Zeit der Not, in der ein klammer Bauherr schnell und billig Wohnungen schaffen musste für Menschen, die kein Dach über dem Kopf haben. Man möge mich berichtigen, falls das hier wirklich ein Obdachlosenasyl geworden ist, ich glaube nämlich nicht. Ein so gestalteter Bau kann nicht bereichern, und kann meiner Meinung nach auch keine Lust und Freude auf Neubau machen. Einfach nur hässlich.

  • Stimme Dir zu, nothor. Das fast schon Lächerliche an der Feldgasse ist: Der einzige großzügig und großstädtisch wirkende Gebäudeteil ist das mittlere Element mit den bodentiefen Fenstern. Was aber befindet sich dahinter? Ein Wohnzimmer mit Ausblick? Nein, es ist das Treppenhaus... Die eigentlichen Wohnungen haben dafür nur wenige deprimierende, kleine, viereckige Lichtlöcher, die wohl auch bei äußerstem Wohlwollen nicht als Reminiszenz an die altnürnberger Bautradition des Gutzlochs angesehen werden können.


    Dass solche Wohnungen am untersten gestalterischen Minimum in Nürnberg trotzdem ihre Abnehmer (Käufer?!) finden, ist ebenfalls deprimierend. Die Nachfrage regelt das Angebot...

  • Hallo, bin neu im Forum, ich lese aber schon seit längerem mit. Ich finde den Neubau in der Werderstraße sehr gelungen, gerade zur Straßenseite hin, ich finde ihn sogar fast besser wie den Vorzustand mit dem 60er Jahre Bau und dem Altbau. Im Zusammenspiel mit dem Gründerzeitler links daneben, wirkt der Neubau recht harmonisch, gleichwohl ich keinen Altbau-Abriss gutheißen kann. Trotzdem bin ich dankbar für solche Neubauten anstatt weißer Styroporkisten.

  • Brunswick Bowling schließt am 31.05.19

    Hallo, gibt es eigentlich zu diesem Projekt schon irgendwelche Neuigkeiten?
    Laut Aussage des Bowlingbetreibers soll ab Ende Mai Schluss sein.


    Das Bowlingcenter am U-Bahnhof Rennweg schließt nun zum 31.05. seine Türen, wie die Presse berichtet:


    https://www.nordbayern.de/regi…c_UTWRta822j3IaDIiL14wJ1I


    Dann dürften hoffentlich bald auch die Bauarbeiten für das Neubauvorhaben beginnen. Ob noch immer das Büro Grassinger-Emrich Architekten aus Erlangen die gestalterischer Federführung hat?

  • Fassadenzerstörung Am Messehaus 20

    bisher:

    Img_9214.jpg


    Mir wird schlecht. Das prächtige Eckhaus Am Messehaus 20, in dem im Erdgeschoss das Lokal "La Habana" zuhause ist, ist seit kurzem eingerüstet. Und immer, wenn ich einen schmucken Altbau in Gerüsten sehe, fürchte ich mich vor einer Verhässlichung des Stadtbildes. Hier geschieht es gerade, Handwerker meißeln die Gesimse und Fensterverdachungen ab um die Fassade zu glätten. Der Grund wird sein dass man anschließend schön Schaumstoffplatten drankleben kann.


    heute:

    IMG_9490.jpg


    IMG_9491.jpg


    Im Detail kann man noch erkennen wie elegant und vornehm die Fassade einst architektonisch gegliedert war.


    IMG_9492.jpg


    Für jeden, der aus dem U-Bahnhof kam und Richtung Schoppershofstraße ging war dieses Haus eine wichtige Landmarke im Stadtbild, und es hat das Viertel gestalterisch geprägt. Doch nun siegt die Armut und Kulturlosigkeit der Eigentümer. Die vielen verschiedenen und allesamt unpassenden, teils vergammelten Fenster haben es schon vorweg genommen, in die Instandhaltung des Gebäudes ist wohl nur das allernötigste investiert worden. Leider gibt man nun das bisserl Geld, das man hat, noch für die restlose Zerstörung des Hauses aus. Dabei weiß jedes Kind, dass man ein Sandsteinhaus nicht dämmen sollte, stattdessen sollte man seine Schönheit pflegen und in gescheite Fenster und Türen investieren. Für das Viertel ist es natürlich tragisch, denn die Verhässlichung solcher alten Gebäude lässt das Viertel immobilientechnisch abstürzen. Menschen, die das gehobenere Wohnen in großzügigen Altbauten suchen, drehen sich hier angewidert um. Wo mit Baukultur so umgegangen wird will man eher nicht leben müssen.... Das sowas noch nicht verboten ist... Wenn das der deutsche Beitrag zur Energiewende ist, dann ist es nicht überraschend wenn andere Länder da nicht mitmachen, denn das ist Dummheit.


    Im Viertel sind aktuell noch weitere Altbauten eingerüstet. Wenn das da auch kommt, dann gute Nacht Rennwegviertel.


    Bismarckstraße 14:

    IMG_9494.jpg


    Geuderstraße 16:

    IMG_9495.jpg

  • verunglückte Fassadenrenovierung am Rathenauplatz 26


    ^

    was uns am Rennweg ins Haus steht kann man nun am Rathenauplatz betrachten. Schon wie letztes Jahr das Bürohaus der Umweltbank am Laufertorgraben energetisch banalisiert wurde (Beitrag und Fotos) ist nun auch am Rathenauplatz ein Störfaktor entstanden. Ich dachte eigentlich, dass der Stadt daran gelegen ist vis-à-vis der Stadtmauer hochwertige Gestaltung anzustreben. Aber es entwickelt sich leider zusehends nach unten. Inmitten der stattlichen Phalanx mit Naturstein verkleideter Bürobauten ist nun eines mit Dämmung versehen worden, und zu allem Überfluss auch noch aufs billigste grau getüncht worden. Ich dachte leider auch, dass sich Stadtmenschen wünschten dass die urbane Umgebung weniger grau wird. Aber anscheinend strebt der Einzelne am Ende doch immer mehr grau an, ist ja Trendfarbe:


    IMG_2053a.jpg


    Vorher war immerhin eine einheitlich und handwerklich wertige Gestaltung vorherrschend:


    IMG_2053.JPG


    Es ist zum Verzweifeln. Oder steckt ein Plan dahinter, Menschen zunehmend wieder aus der Stadt zu vertreiben?

  • Solche Geschmacklosigkeiten mag man eben im effizienzfanatisierten, spareuphorisierten Deutschland. Und im anspruchslosen Nürnberg besonders gern. Es ist zum Verzweifeln. Aber die meisten Bürger scheint es nicht zu kümmern. Und die städtische Politik ist auch nicht für ihr Gespür für Ästhetik berühmt. Da tut man alles, um einen möglichen Protz-Verdacht zu ersticken.

  • Eurer Unmut über die graue Fassade an der Bayreutehrstr. ist nachvollziehbar. Nur so ist es.


    Aber eine Frage: wen meint Ihr mit "Stadt"???

    - Die Stadtverwaltung? Die hat damit vermutlich nichts zu tun. Ich weiß spontan nicht einmal zu sagen, ob solche Arbeiten nach geltendem Recht überhaupt der Bauverwaltung anzuzeigen sind. Zu genehmigen hat die Stadtverwaltung seit den Deregulierungen der letzten zwei Dekaden hier genau Null. Was sollte sie also machen?

    - Den Stadtrat? Das ist die gewählte "ehrenamtliche" Vertretung der wahlberechtigten Bevölkerung vor Ort. I.d.R. nominiert von Parteien und vorausgewählt durch Parteiarbeit, Vitamin B, "Ochsentour" oder was auch immer. Ok, durch das in Bayern zulässige kumulieren und panaschieren, kann der Souverän die Reihenfolgen auf den Listen etwas durcheinander bringen. Aber was sollte aus so einem Gremium kommen? Noch dazu würde ich vom Stadtrat einer Halbmillionstadt anderes erwarten, als sich mit solchen Details zu beschäftigen (was aber leider doch regelmäßig der Fall ist...). Weil machen kann der Stadtrat, siehe Deregulierung, hier nämlich auch wenig bis nichts. Freiwillige Appelle an die Bauherrenschaft oder noch besser die (lokale) Wirtschaft könnte er starten.

    - Die Bevölkerung? da schreibe ich lieber nichts weiter.


    Bleiben also wir hier im Forum und Vereine wie Baulust usw. übrig. Aber da sind wir vermutlich zu klein, um überhaupt als Minderheit zu zählen.

  • Guter Einwand. Also ich sehe hier durchaus die Stadtverwaltung in der Pflicht. Du hast Recht, sie kann nichts machen wenn ihr die Rechtsgrundlage fehlt, und die ist in der Tat nicht vorhanden, wenn kein Denkmalschutz besteht. Denn Fassadenrenovierungen sind tatsächlich genehmigungsfrei, lediglich das Stellen von Baugerüsten auf öffentlichem Grund muss genehmigt werden. Wenn also die Bauverwaltung "keine Handhabe hat", wie sie immer so schön sagt, dann muss derjenige adressiert werden, der die Vorschriften beschließt. Die umfassende Deregulierung der letzten Jahre ist natürlich wirklich ein Riesenproblem für die Baukultur, denn sie ist damit praktisch gestorben. Unsere Städte verändern sich ja bereits entsprechend und verlieren immer mehr an Qualität, insbesondere im Vergleich zu den Großstädten der neuen Bundesländer, in denen ich häufig bin.


    Diejenigen, die das erkennen sind zudem noch eine Minderheit: In einer Stadt wie Nürnberg, in der der "gewöhnliche Passant" im Auto unterwegs ist, und für diese Dinge kein Auge mehr hat, oder gar mit der U-Bahn und dort vom Stadtbild gar nichts mehr mitbekommt, ist das zusätzlich ein Hindernis. Wenn man dann Leute fragt wie Ihnen Nürnberg gefällt, dann schlägt einem selten Begeisterung entgegen, viele kennen die Stadt auch kaum. Ich bin wohl ein eher seltenes Exemplar des ästhetisch orientierten Stadtbewohners und werde zunehmend unglücklich über die Entwicklung die unsere Stadt nimmt. Der lokale Stil, der noch bis Mitte des 20. Jahrhunderts die Stadt prägte, wurde bewusst abgeschafft ohne durch etwas neues ersetzt worden zu sein. Daran ändert auch ein Baukunstbeirat nichts. Damit wäre auch noch zu leben, wenn nicht zusätzlich auch noch stets Baukunst aus dem Stadtbild verschwinden würde. Unsere Stadt wird damit immer mehr zu einer funktionalen Alltagsmaschine für Wohn- und Arbeitszwecke, in der kosteneffiziente Infrastruktur über allem steht. In der Stadt Erholung und Zerstreuung zu finden wird dagegen schwieriger, was wiederum den Druck auf die Verkehrs- und Freizeiteinrichtungen weiter erhöht. Ich erkenne hier eine in Gang gesetzte Spirale, die stets zu weiterer Verhässlichung der Stadt führt, weil man ja immer mehr an "Kunst" sparen muss, um leistungsfähigere Infrastruktur zu bezahlen.


    Wenn man sich alte Aufnahmen aus Städten anschaut war es noch Mitte des 20. Jahrhunderts üblich, in ganz normalen Straßen spazieren zu gehen. Denn es gab ja unendlich viel zu entdecken. Heute nahezu undenkbar. Der Nutzungsdruck auf z.B. den Stadtpark in Maxfeld ist so enorm, dass man an machen Tagen kaum zu zweit nebeneinander spazieren gehen kann. Nur das erkennt kaum jemand als Megatrend, weil er sehr versteckt läuft. Und man kann ja für schmales Geld auch einfach mal übers Wochenende wegfliegen, wo es schön ist, wo man Baukultur kennt und pflegt...

  • Das ist eben das Ergebnis der bisherigen lokalen Politik. Aber hat sicherlich auch den Einfluss der Mentalität der Leute innerhalb der Region. Eine "basst scho"-Mentalität hilft eben langfristig nicht weiter und ist ganz sicherlich nicht zukunftsorientiert. Mittlerweile gibt es doch in Nürnberg bei Neubauten auch gar keine Erwartungen mehr. Die einzige Erwartung ist vielleicht noch, dass die Hässlichkeit der Klötze nicht mehr ganz so schlimm ausfallen. Das mag durch Reregulierung zu Stande gekommen bzw. beeinflusst sein, allerdings hat es sicherlich auch mit der Attraktivität der Stadt zu tun. Und hier hat die Politik der letzten Jahre bzw. Jahrzehnte ganz klar versagt.