Dimension des Stadtschlosswiederaufbaus

  • ^naja, natürlich ist es ein Totalverlust. Da wurde lediglich ein ähnlicher Bau ans Märkische Ufer gesetzt und dann Ermelerhaus genannt, warum auch immer. Die paar gesicherten Elemente wurden dann später auch noch in anderen Objekten verwurstet (z.B. im Ephraimpalais). Ich seh da wenig Unterschied zu Nussbaum oder Gerichtslaube im Nikolaiviertel...


    oder das (bald wieder) unweit gelegene Stadtschloss?!

  • Hohenzollernschloss

    "Stadtschloss" ist in der Tat mißverständlich.
    Der Begriff ist das Gegenstück zu "Landschloss" oder "Sommerschloß", was dann wieder zu einem "Winterpalast" führt.
    Sinn macht die bezeichnung z.B. in Potsdam, wo das "Neue Palais" hauptsächlich im Sommer genutzt wurde, während im Winter die Nähe zur Innenstadt gesucht wurde.


    Das Berliner Schloss aber war 500 Jahre DER Palast der Hohenzollern und Regierungssitz.
    Es war das Machtzentrum Preußens und später des zweiten Reiches.
    Es nur als "Stadtschloß" zu bezeichnen ist eine Untertreibung!

  • @
    Ich möchte zunächst einmal den ganzen fleißigen Fotografen danken, die uns immer so aktuell mit Fotomaterial versorgen:lach:


    Wenn ich mir das Projekt nun betrachte, dann muss ich sagen, dass nun auch dem größten Kritiker so langsam dämmern muss, dass der Wiederaufbau des Stadtschlosses die einzig richtige Entscheidung war. Die Korrespondenz und die vielschichtigen Beziehungen des Schlosses zu den umgebenden Bauten werden immer deutlicher und machen bewusst, wie sehr der Baukörper im Stadtgefüge gefehlt hat.


    Trotz der beachtlichen Ausmaße passt sich der Bau dabei doch bemerkenswert gut ein und zeigt, wie sensibel die vergangenen Generationen doch ein bemerkenswert gut aufeinander abgestimmtes Bezugssystem geschaffen haben, eine Eigenschaft, die heute leider nicht immer mehr gegeben ist.


    Auch setzt das Schloss den zwingend nötigen Kontrapunkt zum Dom, der alleinstehend doch etwas fehl geraten wirkt, es zeigt aber auch, wie stark die Gebäude eben aufeinander ausgerichtet waren. Die Kuppel des Schlosses wird die entsprechende Wirkung noch vergrößern.


    Ich hoffe inständig, dass man aber bei der Außenplatzgestaltung noch mal eindringlich über das derzeitige Konzept nachdenkt und von dieser Steinwüste absieht.


    In der Summe aber wird dieses Projekt meiner Meinung nach die bauliche Struktur der alten Mitte völlig neu definieren und dafür sorgen, dass eine der größten Wunden der Stadt geheilt wird.:daumen:

  • Wenn ich mir das Projekt nun betrachte, dann muss ich sagen, dass nun auch dem größten Kritiker so langsam dämmern muss, dass der Wiederaufbau des Stadtschlosses die einzig richtige Entscheidung war.


    So ist es! Umso verwunderlicher ist es, dass man über einen Wiederaufbau des Stadtschlosses zwanzig lange Jahre diskutieren musste. Man hätte auch noch 100 Jahre diskutieren können und es hätten sich trotzdem keine besseren Alternativen ergeben.

  • Generationenwechsel und Gentrifizierung

    Die Schloßdebatte habe ich seit Anfang der 90er Jahre mit geführt.


    Mein Eindruck ist, dass keines der Argumente die jeweils andere Seite wirklich überzeugt hat.
    Es ist vielmehr wohl so, dass mehr Schloss-Fassaden-Gegner und Palast-der-Republik-Freunde
    von der Bühne verschwunden sind als Schlossfreunde hinzu wuchsen. :daumen:

  • Ich denke diese Debatte wurde über zwanzig Jahre geführt und gut isses.


    Dass moderne Architektur unter Respektierung der bestehenden Proportionen des Schlosses eine gleichwertige oder vielleicht bessere Lösung gewesen wäre, ist für mich nach wie vor gültig.

    Ebenso wird kein Befürworter des Palastes der Republik jetzt zum grossen Schlossbekenner.


    Es ist nun mal aus nachvollziehbaren Gründen zu diesem baulichen Kompromiss gekommen und das ist auch okay so und ich freue mich auch auf das Humboldforum, aber jetzt von den Befürwortern zu hören, sie hätten ja schon immer Recht gehabt und jeder würde jetzt erkennen wie sinnvoll diese Lösung ist, halte ich schlichtweg für Verblendung, die die eigene Wahrnehmung als die allgemein gültige annimmt.

  • Na ja, ich denke die Befürworter haben schon immer recht gehabt. Nur hat es halt gedauert, bis es eine hinreichende Anzahl von Leuten gecheckt hat. :)


    Anderes Beispiel: Man kann auch jetzt schon sagen oder konnte es, sagen wir mal, Anfang der Nuller, daß die Radfahrer recht haben und der Verkehrsmix sich zum Wohle aller ändern wird. Es gibt Dinge, die sind offensichtlich, aber angstbesetzt.


    Ich werde auch damit recht haben, daß in ein paar Jahrzehnten die ersten kleineren Länder ihre Armeen abschaffen werden. Man muß da kein Prophet sein. Es gibt einfach Dinge, die sind offensichtlich. Und es gibt Reaktionäre, die das nicht wahrhaben wollen.


    Und da wir in der Postmoderne leben, sind die Reaktionären heute Schloßgegner oder allgemein Historismus-Gegner. :) Überall in der westlichen Welt hat sich nun mal die Erkenntnis durchgesetzt, daß Städte auf Tradition nicht verzichten können und daß der megalomane Anspruch mancher Modernisten zurechtgestutzt werden muß.


    Auch ein äußerlich modernes Schloß ist ja das Berliner Schloß. Die Idee finde ich gar nicht so schlecht, aber auch hier haben sich eben fundamentale Charakteristika des alten Schlosses durchgesetzt.

  • Anonymus schreibt - Carlo antwortet:

    Anonymus/Rotbewerter schreibt:


    Na wenn du dir die moderne Fassade gut vorstellen kannst hätte ja auch der PdR stehen bleiben können, gell?


    Antwort:


    Nein, wieso?


    Ich kann mir zwar vorstellen, dass die moderne (spreeseitige) Ostfassade des Humboldtforums zusammen mit den drei rekonstruierten Barockfassaden (und als Kontrapunkt zum üppigen Historismus des Berliner Doms) gut "funktioniert" - aber wo zwischem dem Humboldtforum und dem Palast der Republik (PdR) eine Ähnlichkeit liegen soll, vermag ich nicht zu sehen. ;)

    Einmal editiert, zuletzt von Carlo ()

  • Wenn ich mir das Projekt nun betrachte, dann muss ich sagen, dass nun auch dem größten Kritiker so langsam dämmern muss, dass der Wiederaufbau des Stadtschlosses die einzig richtige Entscheidung war. Die Korrespondenz und die vielschichtigen Beziehungen des Schlosses zu den umgebenden Bauten werden immer deutlicher und machen bewusst, wie sehr der Baukörper im Stadtgefüge gefehlt hat.


    Ich glaube nicht dass es den Kritikern um die Ästhetik ging, viel mehr war der Knackpunkt die Wiederherstellung alter feudalistischer Herrschaftssymbolik und das Ausradieren deutscher Geschichte, welches man, vorallem von westdeutscher Seite aus, aber der DDR vorwarf.


    Um den argumenta ad hominem gleich mal den Wind aus den Segeln zunehmen: Ich bin Westdeutscher, geboren in Bad Ems, dem ehemaligen Kaiserbad:)

  • ^
    Als bekennender Kritiker steht für mich ein andere Punkt auf Platz eins: die Kosten!
    Nun kann jede Stadt sein Geld ja so versenken wie sie lustig ist (HH bekanntlich in die Elbphilharmonie), also auch Berlin. Aber wie so oft in Berlin zahlt mal wieder der Bund den größten Teil, also alle Bürger zwischen Flensburg und Garmisch.
    Nicht jeder freut sich darüber, für ein Berliner Stadtentwicklungsprojekt zu zahlen, während die örtliche Bücherhalle geschlossen wird.

  • ^ Also man kann ja über dieses Projekt verschiedene Meinungen haben, aber ein Berliner Stadtentwicklungsprojekt ist das Humboldt Forum nun sicher nicht. Es ist schon ein nationales Projekt in der Hauptstadt, darum wird es ja auch zum größten Teil vom Bund getragen.


    In Frankfurt der Neubau der EZB ist ja auch kein Stadtentwicklungsprojekt der Stadt Frankfurt. Das Argument mit der örtlichen Bücherhalle könnte man hier genauso anwenden. Aber der Vergleich würde auch genauso hinken.


    Wenn hier versteckt auf den Länderfinanzausgleich angespielt werden soll. Dann ist hier der falsche Fred. Der Post ist eh schon Off Topic, wenn man mich fragt, da ohne Bezug zum Threadtitel: Bauthread des Humboldt Forum


  • Nicht jeder freut sich darüber, für ein Berliner Stadtentwicklungsprojekt zu zahlen, während die örtliche Bücherhalle geschlossen wird.


    Offensichtlich ist es noch nicht bis in alle Winkel dieses Landes vorgedrungen, dass Berlin auch Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland ist. Entsprechend sind einige Projekte hier auch keine Veranstaltung zur lokalen Bespaßung, sondern Angelegenheiten des Bundes (also aller Bürger). So auch das Humboldtforum.

  • Die Schloßdebatte habe ich seit Anfang der 90er Jahre mit geführt.


    Mein Eindruck ist, dass keines der Argumente die jeweils andere Seite wirklich überzeugt hat.
    Es ist vielmehr wohl so, dass mehr Schloss-Fassaden-Gegner und Palast-der-Republik-Freunde
    von der Bühne verschwunden sind als Schlossfreunde hinzu wuchsen. :daumen:


    Unsinn. Diese öde Kiste wird gebaut und lässt sich nicht mehr verhindern. Warum sollte man also noch laut rumschreien? Deshalb wird man aber sicher nicht zum Schlossfreund.

  • Offensichtlich ist es noch nicht bis in alle Winkel dieses Landes vorgedrungen, dass Berlin auch Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland ist. Entsprechend sind einige Projekte hier auch keine Veranstaltung zur lokalen Bespaßung, sondern Angelegenheiten des Bundes (also aller Bürger). So auch das Humboldtforum.


    Das ist grundsätzlich richtig. Das heißt im Umkehrschluss allerdings auch, daß die zentralen Orte Berlins nicht nur den Berlinern alleine, sondern allen Bürgern in Deutschland gehören. Und das bedeutet, daß bei zentralen Berliner Bauprojekten dann nicht nur die Berliner Bürger vor Ort, sondern auch die Bürger in Wuppertal, Chemnitz oder Karlsruhe ihre Wünsche äussern dürfen.

  • Das tun die Bürger Wuppertals auch im selben Maße, wie die Berliner. Der Bau des Humboldtforums wurde vom Bundestag beschlossen (und ja den geringen Anteil Berlins das Abgeordnetenhaus darüber hinaus).

  • Dunning-Kruger Und tel33


    Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass Kritiker andere Motive haben können. Das hat auch nichts mit dem LFA zu tun, der in diesem Forum nichts verloren hat.
    Aber es geht hier um eine mittlere dreistelligen Millionensumme, die der Bund dort verbaut. Und da fragt man sich, ob das wirklich notwendig war/ist. Muss man so viel Geld für noch ein museal genutzes Gebäude in Berlin ausgeben?
    Ich meine nein.
    Ganz davon abgesehen, halte ich nicht viel von Rekonstruktionen, weder dort noch anderswo.