Graffiti-Hauptstadt Berlin

  • Mich würde wirklich interessieren, wer die Künstler sind, die Du bei Deiner Argumentation im Kopf hast. Nenn mir doch einfach mal Deine Top5. Wenn es Namenlose sind, hast Du vielleicht ein paar Bilder von Ihren Arbeiten? Ich sehe nur Selbstzitate, immer neues Patchwork aus bereits Gesehenem. Wenn Du mir vermitteln kannst, wo aktuelle Impulse herkommen: Ich lerne gerne dazu. Denn: Nur weil jemand ein ausdrucksstarkes Bild irgendwo hinsprayt, macht er noch lange keine Kunst. Meine Gefühl: max. 1% Kunst, 19% Malen, 50% Taggen und 30% Schmieren. Aber Mutproben, Egotrips, Selbstinszenierungen und Frustabbaumassnahmen zu Lasten Dritter lassen sich halt leichter verkaufen, wenn man sie Kunst nennt. Wahr ist allerdings auch: Lieber Graffiti als Frustabbaumassanahme als jemand vor die U-Bahn schubsen ;)

  • ^ Nur weil das Kunst-Establishment irgendwann ein paar Straßenkünstler für sich entdeckt hat, deren Werke vorher üblicherweise in ähnlicher Form abgekanzelt wurden, wie du es hier machst, hat es weder Deutungshohheit noch irgendwie anders geartete Relevanz für die Einordnung und Bewertung von Streetart. Das ist alleine schon deswegen der Fall, weil der elitäre klassische Kunstbegriff per se inkompatibel zum partizipativen Grundgedanken von Straßenkunst ist, der eher vom Grundgedanken "Design your city" ausgeht. Natürlich gibt es sozialkritische Alias-Bilder, oder Gedichte in Verbindung mit Stencils, beides Straßenwerke mit einem gewissen inhaltlichen Anspruch, deswegen ist aber beispielsweise ein typographisch gutes Tag für Streetart an sich nicht weniger relevant. Einzig Abgrenzen kann man da m.E. die klassischen Schmierereien, meist von szenefremden Personen im Suff gesprüht und eigentlich immer ganz gut zu erkennen.


    Fazit: Dein Gefühl ist eben trotz Erfahrungen in der Kunstszene eben nicht mehr als dein Gefühl und damit ungeeignet als Unterbau für deine Privatstatistik die du uns rhetorisch als naturgegebenes Faktum unterjubeln willst.


    Zum Auslöser der Diskussion: m.E. sollte Berlin hier im touristischen Zentrum schon den Anspruch haben, die bemalten Wände schnell wieder in den Ursprungszustand zu versetzen, unabhängig davon, ob man dem Gezeigten nun Style oder künstlerischen Gehalt zuspricht oder nicht.

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  • Hmm, Dein Kerngedanke ist leider falsch: "weil der elitäre klassische Kunstbegriff per se inkompatibel zum partizipativen Grundgedanken von Straßenkunst ist". Schon mal was von Fluxus gehört? Dort wurde genau das, was Du hier negierst, mehrere Jahrzehnte bevor die "Graffiti-Szene" draufkam, schon mal vorgedacht und vorgemacht.


    Interessant finde ich auch, wie Du den Teil der Szene, den Du offenbar magst (aus meiner Sicht die 19% Maler und 1% Künstler) vom Rest der Szene ausgrenzt.


    Wie gesagt, ich finde es gibt Schlimmeres als Schmierereien (und über den Kunstanteil freue ich mich). Was ich allerdings bedenklich finde ist die Selbstüberschätzung und Selbstgerechtigkeit der Szene.


    Und nochmal: Ich freue mich über jeden Hinweis zu aktuellen Street-Künstlern (nicht Malern).

  • Oranien


    ich soll dir die namen aus meinen bekanntenkreis nennen? was bringt das? es geht mir nur darum, dass du eine ganze szene in die bildungsfremde ecke schiebst, ohne wahrscheinlich wirklich jmd zu kennen...


    über graffiti als form von kunst habe und werde ich micht nicht äußern, habe nur deine banksy zeile relativiert...

  • Wer auf eine Fläche, die ihm nicht gehört, irgendetwas ohne Einwilligung plakatiert, malt, sprayt - egal wie häßlich, schön oder kunstvoll es ist - begeht eine Verletzung von Eigentumsrechten.
    Das ist nicht besser als Diebstahl oder Nötigung.
    Punkt. :mad:

  • Ich finde Oraniens Kommentar zur Herkunft oder der Verwurzelung des Grafittis in Teilen der Gesellschaft eigentlich recht einleuchtend. Ich verstehe nicht, warum darüber so verbissen diskutiert wird. Liegt es einfach am Reflex einiger Leute, jedesmal wenn solche Wörter wie 'sozial schwache Schichten' fallen? Ich finde, man kann wohl kaum über so ein Thema wie Grafitti diskutieren, ohne die soziokulturellen Begleitumstände in der diese Kultur entstanden ist.


    Ach ja, ich halte Grafitti in den meisten Fällen auch eher für Sachbeschädigung als für Kunst. Allerdings gibt es gerade in Berlin viele sehr beeindruckende und großflächige Wandmalereien im Graftitti-Stil, die definitiv nicht mit Zustimmung des Hauseigentümers entstanden sind, aber doch zum Bild der Stadt dazugehören. Leider kommen auf einen Künstler geschätzt zehn Schmierulanten.

  • ....... Liegt es einfach am Reflex einiger Leute, jedesmal wenn solche Wörter wie 'sozial schwache Schichten' fallen? Ich finde, man kann wohl kaum über so ein Thema wie Grafitti diskutieren, ohne die soziokulturellen Begleitumstände in der diese Kultur entstanden ist.
    .......


    Es liegt daran, dass es nicht stimmt. Es ist ähnlich wie beim Skaten. Es sind überwiegend deutsche männliche Jugendliche aus sämtlichen Sozial- und Bevölkerungsschichten und es lassen sich auch keine Schwerpunkte in der Schulbildung erkennen.


    So wie beim Skaten liegt der Aktivität u.a. eine Leistungsmotivation zugrunde. Es wird geübt um besser zu sein als andere usw. Es ist eine recht aufwändige, gefährliche und (sofern die Sprühdosen nicht gestohlen werden) auch teure Nachtarbeit. Das sind auch einige der Gründe weshalb es nur wenige aktive illegale Sprayer gibt die älter als 25 sind.

  • Es hat nicht nur etwas mit sozialer Herkunft (=mehr als "Geld"!) zu tun sondern auch mit dem Stichwort Adoleszenz.

  • @ Oranien: ich habe nicht behauptet, Graffiti oder Streetart wäre der erste und einzige Angriff aufs Kunst-Establishment gewesen, sondern auf die Inkompatibilität mit dem klassischen Kunstbegriff und damit der Beurteilung durch die üblichen Phrasen, die du hier immer wieder anklingen lässt, hingewiesen. Es dürfte Streetart und den verbunden Schaffenden schlicht egal sein, ob irgend jemand, der mal irgendwie mit Kunst zu tun hatte und seine Kompetenz durch die Verantwortung über eine Streetart-Sonderausgabe eines Kunstblättchens herausstreicht, ihnen irgendeine Relevanz oder Impulsfähigkeit zuschreibt. Der Erfolg der frühen 00er Jahre beim Establishment hat Streetart jedenfalls mehr geschadet als genutzt.


    Deine durch nichts belegbaren soziodemografischen Theorien mögen den üblichen Verdächtigen "einleuchtend" erscheinen, mehr aber auch nicht. Achso:


    Interessant finde ich auch, wie Du den Teil der Szene, den Du offenbar magst (aus meiner Sicht die 19% Maler und 1% Künstler) vom Rest der Szene ausgrenzt.


    Jemand, der sich eine Spraydose kauft oder klaut und ohne Anspruch an Style ein paar mal irgendwelche mehr oder minder sinnhaften Sprüche irgendwo dranmalert, ist noch längst nicht Teil irgendeiner Szene und kann damit gar nicht ausgegrenzt werden.

  • Und was spielts fürne Rolle, ob nun Szene oder nicht? Nutzen die Mitglieder der Szene denn allesamt ausschließlich offiziell eigens für ihre Kunst vorgesehene Flächen? Falls ja, dann sollte man in dieser Hinsicht wirklich strikt unterscheiden zwischen KünstlerInnen und SchmiererInnen. Falls nicht, ists doch absolut wurscht, ob an "meiner" Hausfassade nun unaufgefordert ein dahingeschmiertes "Fuck You!" oder ein Werk auf dem Niveau Michelangelos prangt und ob dies durch einen rebellischen Teenie, einen Anwalt oder einen anerkannten Sprayer aus der Szene verursacht wurde. Beides ist letztendlich Sachbeschädigung, solange es nicht vom Eigentümer (privat wie öffentlich) genehmigt wurde. Um mehr gehts hier doch letztendlich nicht, damit hat der Thread begonnen.

  • ... Beides ist letztendlich Sachbeschädigung, solange es nicht vom Eigentümer (privat wie öffentlich) genehmigt wurde. Um mehr gehts hier doch letztendlich nicht, damit hat der Thread begonnen.


    Das ist völlig unstrittig. Deshalb wird über diesen Aspekt auch gar nicht diskutiert und es ist daher auch überflüssig es in jedem Folgeposting nochmal empört zu wiederholen.

  • Es immer wieder zu betonen/wiederholen bringt natürlich nichts, aber wenns nur noch um Sprayen als Kunst und Kultur geht, und nicht mehr um die Verschandelung/Aufwertung des Stadtbildes duch Sachbeschädigung, dann kann mans ja in die Lounge verschieben. Dann können auch Nichtberliner mitdiskutieren. Außerdem habe ich ja eine Frage gestellt.

  • Es ist schwer das immer so zu pauschalisieren, von ihrer Seite ist das zu extrem und ignorant geschildert, aber sich dagegen nicht zu wehren wäre ebenfalls Fatal. Denn dieses Phänomen ist in der Berliner Kultur stark verwurzelt.

  • 90% der Graffitis sind weder originell, noch sind Graffitis überhaupt irgendwas spezifisches für Berlin. Da kann man genauso sagen, das Essen sei in der Berliner Kultur stark verwurzelt. Es gibt kaum eine globalisiertere und generischere Kunstform als Graffitis.


    Über Geschmack lässt sich dann streiten. Aber nicht über Beschädigung fremder Sachen. Und gegen wirkliche Graffitikunst hat kaum noch jemand was, es sind die "gang tags" pubertierender Milchbubis, die auf den Adrenalinstoß scharf sind schnell im Vorbeigehen Objekte zu "taggen", die wirklich nerven (oft nicht einmal mit Aerosol sondern mit dicken Filzstiften - das hat die selbe künstlerische Qualität wie hingekritzelte Penise).


    Graffitis sind insgesamt sogar schon so akzeptiert, dass die Telekom es nach vorheriger Rücksprache ganz offiziell erlaubt, ihre grauen Kabelkästen an den Straßenrändern zu besprühen:


    https://www.telekom.com/de/blo…/aus-grau-wird-bunt-64812

  • Assoziale Randgruppen

    Wer zu schwach ist, Regeln, Verordnungen oder gar Gesetze durch zu setzen, der "toleriert" nicht, er mutet nur zu, zu erdulden.
    Wie viele Bürger und Steuerzahler finden das richtig, das Graffitis und asoziale Randgruppen das Umfeld des Kanzleramtes vermüllen und vermalen?
    Es ist ja nicht so, das das alles legal wäre.
    Was hier zugelassen wird, was hier an Schmuddel hingenommen wird, ist nicht Toleranz, es ist Staatsversagen. :Nieder:
    Es ist die Frage danach, für was für einen Staat wir (nach Belgien) die höchsten Steuern in der EU zahlen!


    Also Reinhard halte Dich als AfD-Mitlglied mit solchen Äußerungen am besten zurück. Grafittis werden teilweise von sehr angesehen Künstlern auf Häuserfassaden angebracht bis hin zu denen die Du als als "Asoziale" bezeichnet.


    Den Begriff benutzt Du selbstverständlich "falsch" ganz im Stile deiner Freunde in der AfD. Warum benutzt Du nicht "Abschaum" oder ähnliches?


    Das Einzige was aktuell unerträglich und Asozial ist, ist eine Partei wie die AfD die die angeblichen Randgruppen stigmatisiert und krimininalisiert und dabei vergisst, daß die potentielle Wähler der AfD allesamt Randgruppen sind die sich aus Rechtsradikalen, Faschisten und Rechtspopulisten zusammensetzen und einige wenige die man aus dem rechten Spektrum der CDU abgewandert sind.


    Ausserdem ist deine Aussage inhaltlich zum Haare raufen, "assoziale Randgruppen" dazu zählst Du die Millionen von Touristen? Ich bin gegen das zuschmieren von Wänden und ich bin selbstverständlich auch für eine gut ausgestattete Polizei. Das ändert aber NICHTS daran, daß in Großstädten Grafitti kein Ausdruck von "Asozial" ist, sondern eine sehr bekanntes "Kultur-Phänomen" die viele viele Jugendliche begeistert, das es in vielen vielen Städten gibt.
    Du weißt selbstverständlich das es bei der Polizei sogar eine eigene Abteilung gibt die sich dem Thema "Graffiti" widmet etc. Was hat denn die AfD sich ausgedacht wie man dem Problem begegnen könnte?


    Hier von Staatsversagen zu reden sind die üblichen "Floskeln" der AfD. Das größte Versagen dieses Landes wäre es, eine AfD im Parlament sitzen zu haben. Inkompetenz, Rassismus, faschistoide Züge, Rechtspopulistisches Gedankengut bis hin zu einem Personal was von "Schießbefehl" bis "Geschichtsleugnung" alles vertritt was dem Verfassungsfeind lieb ist.


    Ich achte auf jeden Fall sehr genau darauf wenn von einem AfD Mitglied von "Asoziale Randgruppen" und "Staatsversagen" gesprochen wird und ich bin sicher ReinhardR das ist sicherlich alles gar nicht so gemeint.

  • ^Zum Thema passend auch die Eröffnung des Streetart Museum in Schöneberg. Dazu hat man fast die gesamte Häuserfront der Bülowstr. mit Streetart versehen.
    Hier der Link zum Museum. klick


    Und Danke auch für die klare Kante gegen die Wehrmachtsversteher und rechtspopulistischen Hetzer.

  • Grafitti als Konzept für graue Wohngegenden

    ^
    Absolut Großartig - das Haus sieht einfach toll aus. Aus meiner Sicht sollte man solche Fassaden noch deutlich öfter in Berlin nutzen.


    1. Hier ist die Stadt noch nicht kreativ genug - mein Vorschlag (ich Glaube der übrigens in Lichtenberg bereits ähnlich umgesetzt wurde)


    Nimm Gegenden die Trist und Grau sind und lobe einen Wettbewerb aus, Grafitti Künstler können sich bewerben und Hauseigentümer. Die Motive werden gemeinsam besprochen und die schönste Fassade wird mit 10.000 € prämiert.


    5.000,-€ für den Künstler, 5.000,-€ für den Hauseigentümer.


    Ergebnis: NOrmalerweise 2 Klientel die unterschiedliche Interessen haben, werden zusammengeführt. Der Künstler hat eine Einnahme die er höchstwahrscheinlich sehr gut gebruachen kann und der Hausbesitzer hat neben einer tollen Fassade ebenfalls einen Anreiz.


    Was haltet Ihr von sowas?


    Bitte sinnfreie Vollzitate des Vorbeitrags vermeiden! Danke.
    Bato

  • ^Wer übrigens denkt jeder Graffiti-Sprayer wäre automatisch liberal und für Multi-Kulti der irrt gewaltig! Ich habe selbst jahrelang Graffiti gesprüht und habe auch heute noch einen guten Kontakt zur Szene und kenne weltweit Graffiti-Sprüher/Künstler. Das ist eben keine homogene Szene sondern setzt sich aus ganz verschiedenen Leuten mit unterschiedlichen Motivationen zusammen. Es gibt auch unter Sprühern AFD-Wähler und Rassisten, genauso wie es Antifas, Lebenskünstler, Studenten oder auch Ingenieure und sogar Juristen (kein Witz!) gibt. Gerade Sprüher die der Hooligan Szene nahe stehen, was im Osten öfters vorkommt aber durchaus auch in anderen Regionen nicht unüblich ist, haben teilweise eine hohe Affinität zur AFD.


    Mal ganz nebenbei, die Fassaden im Link haben mit Graffiti eigentlich nichts mehr zu tun. Es handelt sich um großflächige Murals in klassischer Malweise ausgeführt, was zwar als Streetart durchgeht, aber sicherlich nicht als Graffiti!

  • @ alexsb73 und Co.


    Geht das auch ne Nummer kleiner?
    Weil einige hier divergierende Meinungen zum Ausdruck bringen, muss man ja nicht direkt die Nazi-Keule aus dem Schrank holen. Kritik an den Graffiti Schmiereien mit rechten Hetzern in Verbindung zu bringen, ist genau so überzogen wie derTerminus "asoziale Randgruppen". Was soll das?
    Und jemanden in dieser Art persönlich anzugehen, nur weil man von dieser Person vermutet, dass diese eine Partei (man kann zur AfD stehen wie man will, aber solange die Partei nicht verboten ist und eine Zulassung zur BTW hat...) wählt, die man selber nicht gut findet, ist im höchsten Maße intolerant und undemokratisch.
    Und so jemand wirft anderen eine undemokratische Gesinnung vor..? Das ist bigott! Lieber mal vor der eigenen Haustüre kehren.


    OT dort, hier bitte weiter im Thema. Danke.
    Bato