Neubebauung am Schinkelplatz/Werderscher Markt

  • Unverstädnlich finde ich, daß sich scheinbar nicht einmal ein Wettbewerbsentwurf wenigstens ein bisschen an der Vorkriegsbebauung orientiert. Es muss ja nicht gleich eine Vollreko sein, aber die Formensprache des alten Bankgebäudes hätte es doch ruhig sein können mit weniger (vielleicht vorbereitend auf zukünftige Nachreichung des) Fassadenschmuck(s).


    Diese alten Gebäude (und da schließe ich die Bauakademie ein) würden sich doch hervorragend als Firmenrepräsentanz machen, so wie es Bertelsmann mit dem Palais gemacht hat. Wo bleibt das Bewusstsein für solche Art des sich Repräsentierens?

  • Diese alten Gebäude (und da schließe ich die Bauakademie ein) würden sich doch hervorragend als Firmenrepräsentanz machen, so wie es Bertelsmann mit dem Palais gemacht hat. Wo bleibt das Bewusstsein für solche Art des sich Repräsentierens?


    es könnte einem aber auch als rückwärtsgewand, verstaubt und bieder ausgelegt werden wenn mann seine firmenrepräsentanz in so eine totalreko kleidet. also dem image eher abträglich.
    zumal soetwas nur in berlin gemacht wird.

  • Mittlerweile gibt es sogar eine Initiative die sich als Ziel gesetzt hat den geplanten Staab-Neubau zu stoppen. Stattdessen wünschen sie sich eine Reko des Bankgebäudes. Wirkt etwas polemisch aber seht selbst.

  • es könnte einem aber auch als rückwärtsgewand, verstaubt und bieder ausgelegt werden wenn mann seine firmenrepräsentanz in so eine totalreko kleidet. also dem image eher abträglich.
    zumal soetwas nur in berlin gemacht wird.


    Tja, das ist wohl dem Zeitgeist und der Geschichte verschuldet: woanders und unter anderen historischen Umständen würde man statt "rückwärtsgewandt und bieder" von "traditionell und stilbewusst" sprechen bzw. argumentieren.


    Es spricht auch (leider) niemand davon, Berlin etwas von seiner architektonischen Geschichte zurückgeben zu wollen, was ebenso eine Frage des Zeitgeistes ist. Leider, kann ich da nur sagen.


    @Bato: ja, die Initiative ist etwas polemisch. Im Grunde ist dieses polemische Überspannen aber eine Antwort auf die mitunter pseudo-intellektuelle Argumentation, die man bei modernen Architekten finden kann.

  • Vollreko vs. Hybrid

    Die Kommandantur als "Vollreko" zu bezeichnen ist nun wirklich Unsinn. Die Schinkelplatzseite ist modern in Stahl und Glas, der u-förmige Baukörper des Ursprungsbaus nicht mehr erkennbar. Und innen ist es ein extrem modernes Haus.


    Also:ein typischer Berliner Hybrid, aber doch keine Vollreko. Saubere, annähernd vollständige Wiederherstellung von zerstörten Bauwerken werden in Berlin als protofaschistisch angesehen und kommen nicht vor. Oder belehrt mich da jemand eines Besseren?

    2 Mal editiert, zuletzt von Konstantin ()

  • Die von Bato verlinkte Seite wirkt wie ein schnell zusammengeflicktes Wutbürger-Projekt. Schon allein das Design der Seite vermittelt die Wut und Überreizung des Urhebers, die auch noch durch den emotionalisierten, im "Bürger! Wehrt euch!"-Stil geschriebenen Text betont wird. Auch wenn ich die Kritik an den Entwürfen zur Neubebauung nachvollziehen kann, Initiativen dieser Art werden sicher niemanden beeindrucken, der die Möglichkeit hätte eine Veränderung zu erwirken. Außerdem, ein modernes Gebäude im dezent klassischen Gewand würde mir weitaus mehr zusagen als dieser mit Deko überladenen früheren Bankgebäude. Dieses Gebäude wäre im Übrigen, welch Ironie der Architekturgeschichte, ein totaler Kontrast zur Schinkelschen Bauakademie. Daher würde ein reduziert klassisches Gebäude, vielleicht sogar auch in rotem Backstein wie Bauakademie und Friedrichswerdersche Kirche wesentlich besser an diese Stelle passen.

  • Konstantin: nein, eine Vollreko ist das Bertelsmanngebäude nicht, wollte ich auch nicht so darstellen, sondern ich bezog mich auf eine "Teilreko", die die Essenz des alten Gebäudes aufnimmt. Daß Vollrekos leider außer Frage stehen (Ausnahme vielleicht die Bauakademie), ist mir bei dem Bankgebäude bewusst.


    Saubere, annähernd vollständige Wiederherstellung von zerstörten Bauwerken werden in Berlin als protofaschistisch angesehen und kommen nicht vor. Oder belehrt mich da jemand eines Besseren?


    Gilt Bertelsmann denn bei Dir als schon "annähernde Wiederherstellung"?


    *zusammenschieb*


    Was ist denn eigentlich am Beitrag 141 rückwärtsgewandt, verehrter Rotvergeber? Es wäre ja schön, wenn man in einem Diskussionsforum auch mal diskutieren würde und nicht nur anonym ohne Argumente rot vergibt. So erwachsen sind wir doch bestimmt, oder?

  • Ich bin in diesem Fall zwiegespalten. Auf der einen Seite ist mir der gewählte Entwurf zu glatt. Das Relief in der Fassade wird man wohl nur aus der Nähe warnehmen, aus der Ferne wird das wahrscheinlich nur ein grauer Klotz sein. Die Fassade des historischen Gebäudes ist natürlich ein Hingucker, eine "Hybrid-Reko" wäre ein guter Kompromiss, wie beim Schloss gegenüber auch.
    Generell könnte ich mir auch einen Neubau vorstellen der modernere daherkommt, auch das Reliefmuster im Entwurf stelle ich mir interessant vor. Man sollte das Gebäude aber etwas gliedern oder immerhin mit einem Staffelgeschoss versehen.
    Das mickrige Dach des Entwurfs würde man eh kaum wahrnehmen.

  • Naja, also ne Fassadenreko - so sehr sie mir auch zusagt - wär wohl etwas übertrieben und nicht zu erwarten...Es gibt ja noch andere, die eine am Vorgänger orientierte oder zumindest überhaupt strukturierte Fassadenaufteilung hinbekämen. Muss ja nicht Patzschke sein (ist langsam auch langweilig), aber es wird jaauch anderweitig allerlei "schickes" gebaut (z.B. der Neubau in der Jägerstraße). Vielleicht etwas mit schinkelschen Anleihen.


    Kann man Kommandantur überhaupt mit der Bank vergleichen? Das eine war schließlich ein "offzielles" Gebäude, während die Bank nur ein Firmensitz war...

  • Gilt Bertelsmann denn bei Dir als schon "annähernde Wiederherstellung"?


    Bei der Kommandantur wird zumindest von den Linden und vom Lustgarten aus das Haus ohne "hybride" Störungen ( bis auf die Vorgartensituation) wieder wahrgenommen, deshalb führen es auch viele als Vollreko an. Geschmäht worden sind hierfür Ex-Bausenator Kleemann und der Architekt Stuhlemmer mit deutlich heftigeren Worten als ich es beschrieb.


    Aber eine Vollreko ist das natürlich nicht. Die Südseite ist aus meiner Sicht kein großer Wurf, sie zeigt nur das Feigenblatt es Zeitgenössischen Anteils um jeden Preis, als wenn durch den Glaspavillion von Valentyn der Betrachter eher merkt, dass es ein Nachkriegswiederaufbau ist.


    Eine Vollreko wird auch die Staatsoper nicht. Ich kenne überhaupt kein Gebäude in Berlin, das nach 1990 zumindest im Äuśeren vollständig rekonstruiert wur oder werden wird.

  • Das Problem mit dem Siegerentwurf von Staab ist ja nicht, dass es moderne Architektur darstellt, sondern dass es wirklich an Schlichtheit nicht mehr zu überbieten ist. Hier wurde ein Baukörper auf das allernötigste zusammengeschrumpft, im Ergebnis bleibt ein geometrischer, einfarbiger Quader mit gleichförmigen Löchern. Ein vollkommener Anti-Ästhet.
    Zu anderen Zeiten wäre sowas bestenfalls als Rohbau durchgegangen - heutzutage fabuliert die Schweizer Senatsbaudirektoren von hoher architektonischer Qualität...

  • Das Problem mit dem Siegerentwurf von Staab ist ja nicht, dass es moderne Architektur darstellt, sondern dass es wirklich an Schlichtheit nicht mehr zu überbieten ist.


    Wenn hier mehr diskutiert werden soll: Eigentlich ist der Satz eine Tautologie.

  • Und habt ihr alls schon brav Eure Protestmails geschrieben? ;) Kleiner Spaß am Rande, aber dieser Klotz ist wirklich sehr unerfreulich, denn außer den groben Baumaßen zeugt da nichts von einem Dialog mit der Umgebung. Zudem habe ich solche "hohe architektonische Qualität" während meines Schulpraktikums gleich bei meinen ersten Versuchen mit AutoCad auch in etwa erreicht. Hätte wohl doch Architekt werden sollen, wenn es so einfach ist... Frau Lüscher ist ohnehin eine Sache für sich. Falls das wirklich ihr Geschmack ist, wird es sicher weiter enttäuschende Entscheidungen von ihr gebem :nono: Sie ist in meinen Augen leider eine Fehlbesetzung in diesem einflussreichen Posten.

    2 Mal editiert, zuletzt von jan85 () aus folgendem Grund: Aufgrund völlig berechtigter Kritik die Polemik etwas entschärft (auch wenn sie leider unten auch weiter festgehalten ist)...

  • Frau Lüscher ist eine Sache für sich, vielleicht empfindet sie einen in Europa ja recht verbreiteten (und zunehmend wieder in Mode kommenden) unterschwelligen Deutschlandhass und lässt das jetzt hier in ihrer hohen Funktion an der Stadtlandschaft aus. Oder aber das ist wirklich ihr Geschmack :nono: Ich weiß nicht, was ich davon schlimmer fände, aber sie ist in meinen Augen in jedem Fall eine krasse Fehlbesetzung.


    Ein mir bekannter Schweizer Architekt sagte vor Jahresfrist, "die Schweiz ist so schön, da hat man einfach mal Lust etwas häßliches zu bauen."

  • Der Tagesspiegel von gestern und Die Welt von heute haben über die mächtige Großdemonstration gegen die Entwürfe für den Schinkelplatz berichtet. Laut Tagesspiegel haben sich rund 20 Demonstranten eingefunden, laut Die Welt waren es immerhin 25.


    Interessant ist auch, wie sich die Protestierer das weitere Vorgehen vorstellen. Jürgen Aha von der "Schinkelplatz-Initiative" will nach einer zufälligen Auswahl 5000 Berliner einladen, die das Projekt neu planen sollen. Von diesen würden 100 bestimmt kommen. Annette Ahme vom Verein "Schöne Mitte - Schöne Stadt" plant dagegen ein Bürgerbegehren gegen die Entwürfe.


    http://www.welt.de/print/welt_…derne-gegen-Historie.html


    http://www.tagesspiegel.de/ber…el-schaut-zu/7223886.html

  • über die mächtige Großdemonstration


    Immer diese Häme... hast Du das nötig?


    Die Initiative hat scheinbar relativ kurzfristig die Demonstration angemeldet und damit kaum Zeit gehabt genug Menschen zu erreichen. Das ist PR-technisch natürlich ein ziemlicher Anfängerfehler.


    Es ist aber zu begrüßen, daß sich Menschen hier engagieren (die geplante Architektur ist für diesen Ort viel zu banal), ziemlich unbeholfen zwar und auch nur eine Minderheit, aber so ist das nunmal in Demokratien, daß sich auch Minderheiten engagieren dürfen, Klarenbach.

    Einmal editiert, zuletzt von Hobbyist ()

  • Wenn der schlichte Entwurf qualitativ hochwertig ausgeführt wird und es dem Architekten gelingt,mit wenigen Stilmitteln und unter Verwendung passender Materialien den Bau ein gewisses Extra zu geben,dann könnte das der richtige Bau am richtigen Ort werden.


    Das Letzte was dort gebraucht wird,ist dieser überladene und überkommende Bankbau.Das ist bestenfalls historistische Dutzendware. Es reicht schon wenn wir mit viel Geld Banken retten,deren wenig ambitionierten und charimatischen Bauten,sollten nicht auch noch auf Kosten der Allgemeinheit wieder hergestellt werden.

  • Natürlich muss es nicht der überbordende Prunk der Vorkriegsbebauung sein. Die Banalität der aktuellen Planung muss es aber auch nicht sein. Die Siegerentwürfe die die Fassadenfront zum Schinkelplatz hin bilden unterscheiden sich zumindest auf dieser Ansicht kaum:



    (C) MVV GmbH & Co KG


    Erst bei genauerem Hinsehen offenbaren sich die Details. Etwas mehr Formen und Strukturen könnten diese Monotonie aufbrechen. Dass es geht zeigen ja durchaus auch andere Architekten (siehe Beitrag #122 oder Japhers Blog). Warum nicht mal mit Gesimsen oder Lisenen (Stella) oder Loggien (Hilmar & Sattler und Albrecht) arbeiten?

  • Warum diese monotone Einfallslosigkeit den ersten Preis gewonnen hat ist mir absolut schleierhaft.
    Im Sinne Schinkels ist das jedernfalls nicht!
    Das Potenzial des Schinkelplatzes kann doch nicht so einfach ignoriert werden.
    Klar muss es keine Rekonstruktion des ehemaligen Bankgebäudes sein welches ja auch nicht überragend war, aber diese Abfolge von immer gleichen Quadraten welche wieder mit Quadraten gefüllt sind ist hoffentlich nicht das letzte Wort.

  • Ich kann mir nicht helfen aber ich finde diesen Entwurf sehr sehr gelungen. Auf dem ersten Blick erschlägt es einen und ich hab sofort an einen Kriegsbunker gedacht, aber in seiner Schlichtheit hat dieser Entwurf doch etwas sehr unkonventionelles, was mir total gut gefällt. Ob das in der Realität genauso toll rüberkommt wie auf diesem Bild bleibt natürlich offen. Aber ich bin ganz angetan.